Die Stromnetzbetreiber werden künftig mit Cyber-Attacken zu kämpfen haben. Wie kann das Energienetz der Zukunft ("Smart Grid") solche Angriffe verkraften? Anlass der Diskussion: Das Sicherheitssoftware-Unternehmen McAfee hatte einen Bericht veröffentlicht, in dem 200 IT-Verantwortliche von Konzernen befragt wurden. Über 50 Prozent gehen davon aus, dass es in den nächsten zwölf Monaten einen "großen Angriff auf kritische Infrastrukturen" gibt – etwa gefolgt von einem 24-stündigen Stromausfall. Fast 60 Prozent der befragten deutschen Strom-, Gas- und Wasserversorger hatten den Stuxnet-Virus schon auf ihren Systemen gehabt, der im vorigen Jahr in iranischen Atomkraftwerken entdeckt wurde.
"Wir müssen gewährleisten, dass uns das Smart Grid nicht um die Ohren fliegt", sagt Martina Dietschmann vom Netzwerkausrüster Nash Technologies. Dass sich Computerwürmer wie Stuxnet ausbreiten, liegt in der Regel am internen Umgang mit Sicherheit, etwa was den Umgang mit fremden USB-Sticks angeht, sagt die Netzwerkspezialistin. "Es ist ungefähr so, als würde ich in meiner Energiezentrale am Haupteingang jeden kontrollieren, aber die Hintertür steht den ganzen Tag für die Paketlieferanten offen."
Viele Lücken für Hacker
Eine ganz andere Liga wird das Smart Grid (siehe auch: "Ein smartes Haus mit einem intelligenten Stromnetz"): Über ein offenes Netz sind Energieerzeuger und Verbraucher verbunden – zum Beispiel über intelligente Stromzähler (Smart Meter). Das Netz reagiert flexibel auf die schwankende Einspeisung der Windkraftwerke und Millionen Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern Europas. Alles muss exakt abgestimmt werden – was faktisch einer Revolution gleichkommt. Denn bisher steuern die Anbieter ihre Systeme über eigene, autarke Kontrollnetze. Wie das neue Netz mit dem alten verbunden wird, ist noch nicht geklärt. Hier wird es viele Lücken geben, in die Hacker stoßen können. "Das Smart Grid steht noch ganz am Anfang. Noch kann die Architektur geplant werden und die Angriffsflächen können minimiert werden", sagt Dietschmann.
Dabei hilft der Blick aufs Telekommunikationsnetz: Millionen Menschen nutzen es jeden Tag – und haben sich daran gewöhnt, dass am anderen Ende der Leitung immer jemand erreichbar ist. Genau so muss es später laufen, wenn ein Windpark mit einer Millionenstadt "kommuniziert", also die vorhandene Energie und der Bedarf abgestimmt werden.
Die sichere Telefonleitung beruht auf der "Interoperabilität", so Dietschmann. Das Telekommunikationsnetz – im Grunde ein Flickenteppich zahlreicher Netze und Anbieter – hat klare Schnittstellen, an denen die Daten übergeben werden. Diese Übergangspunkte sind geschützt. Bricht ein Netz zusammen, zieht es nicht flächendeckend alle anderen mit in den Abgrund. "Auch beim Smart Grid müssen die Netze klein gekapselt werden", so Dietschmann.
Dies ist nur ein Aspekt von vielen. Doch so weit ist die Diskussion noch nicht vorgedrungen, bemängelt die Expertin. "Jeder muss sich bewusst werden, wie wichtig das Thema Sicherheit ist, und dass es gelöst werden kann, wenn man früh genug anfängt, die Zukunft sicher zu gestalten." (pte/tö)