Tech Data: Retail-Chef Lederwascherzu seinen Plänen

31.10.2002
Neuanfang für die Retail-Abteilung von Tech Data Deutschland: In den vergangenen zwei Jahren schwieg man diesen Geschäftszweig in der Baierbrunnerstraße gerne tot. Mit Rückendeckung von Martin Furuseth soll die Abteilung unter Leitung von Robert Lederwascher jetzt wieder aktiv und aggressiv im Markt auftreten.

Im August horchte der deutsche Markt auf. Tech-Data-Geschäftsführer Martin Furuseth machte eine klare Ansage an Kunden und Wettbewerber: "In den letzten Monaten waren wir im Retail-Segment zurückhaltend. Wir werden in diesem Kanal jetzt wieder aggressiv auftreten und unseren Marktanteil ausbauen" (siehe ComputerPartner 34/02, Seite 11). Neue und ungewohnte Töne aus der Chefetage des Broadliners.

Denn mit der Retail-Abteilung sind die letzten Computer-2000-Geschäftsführer nicht gerade zimperlich umgesprungen. Nach dem Motto: rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Mal sollte der Umsatz aus dem Volumengeschäft mit den Retailern erhöht, dann wieder runtergefahren werden, weil man feststellte, dass unterm Strich nicht wirklich viel übrig blieb. Die sich immer wieder ändernden Vorgaben hat wohl Ex-Retailchef Peter Siberhorn rigoros umgesetzt.

Miese Stimmung beim Amtsantritt

Und als letzten Coup stieß man dann auch noch Deutschlands größten Flächenmarkt, die Media-Saturn-Holding, vor den Kopf. Einen Kunden mit geschätzten 30 Prozent Marktanteil allein in Deutschland und einem Jahresumsatz von acht Milliarden Euro zu verärgern, kommt als Bumerang zurück.

Entsprechend miese Stimmung dürfte Robert Lederwascher bei seinem Amtsantritt am 1. Juni, einem Samstag, vorgefunden haben. Die eigenen Mitarbeiter waren demotiviert, der größte Kunde sauer und nur noch ein Ex-Kunde. "Das Ganze wurde falsch dargestellt. Ich hatte am Anfang etliche Termine, wo ich erst mal - gegenüber Herstellern und Partnern - klarstellen musste: Ja, Tech Data macht immer noch Geschäfte mit den Retailern -, und das haben wir auch nie aufgegeben." Laut seiner Aussage hat der Retail-Anteil am Tech-Data-Umsatz in Deutschland kontinuierlich "etwa 20 Prozent betragen" (Lederwascher). Er schränkt aber ein: "Wir haben halt nicht drüber geredet."

Bei der Vorgeschichte - Retail das ungeliebte Kind - ergeben sich Lederwaschers dringlichste Aufgaben wie von selbst: intern aufräumen und die eigenen Mitarbeiter wieder auf den richtigen Weg bringen. Die nach Silberhorns Rausschmiss ausgedünnte Abteilung wurde aufgestockt. 22 Mitarbeiter teilen sich jetzt: Vertriebsinnen- und Außendienst, das Channel-Marketing (Sortimentsoptimierung, Betreuung von Flyer-Aktionen, Messeauftritte) und die Koordination von Supply-Chain/Fulfillment. Lederwaschers Mannschaft betreut neben den Consumer-Electronics-Ketten die Kooperationen, Mail-Order und die Online-Händler. "Was die Kundenbasis angeht, sind wir wesentlich breiter aufgestellt als unser größter Wettbewerber", stellt Lederwascher klar.

Der Retailchef will "eine langfristige und stabile Basis" mit den Wiederverkäufern an der Endkundenfront aufbauen, wie der Manager immer wieder versichert. Entsprechend ist die interne Aufstellung nach Personen und Kunden den Bedürfnissen der Partner angepasst.

Bis zum Jahresende hat der Retail-Chef zwei Ziele vor Augen: erstens die Rückgewinnung des größten Kunden im Retail-Geschäft (Media/Saturn) und zweitens ein schwarzes Ergebnis. Zwar nennt Lederwascher keine konkreten Zahlen, wie es der Tech-Data-Politik entspricht, verrät aber zumindest so viel: "Wir verdienen mit dem Retail-Geschäft so viel Geld wie nie zuvor."

Und wie sieht er seinen größten Wettbewerber, Ingram Micro, der gerade im Geschäft mit den Flächenmärkten die Nase vorn hat? "Ingram ist im Retail-Kanal gut unterwegs. Klar, sie sind unser härtester Wettbewerber und wecken den Sportsgeist. Allerdings würde ich mir etwas mehr Fairness in diesem Wettbewerb wünschen", erklärt Lederwascher in Richtung Dornach. Und legt nach: "Wir sind nicht so blauäugig, dass wir uns einfach wieder holen wollen, was wir verloren haben, sondern wir werden uns anders positionieren als der Wettbewerb. Schließlich geht’s ja auch ums Geldverdienen." Welche neuen Geschäftsfelder er im Visier hat, verrät der Retail-Chef noch nicht.

Auch am Thema preisaggressives Auftreten im Markt lässt Lederwascher keinen Zweifel: "Ja, wir sind sehr preisaggressiv unterwegs - und das wird sich auch nicht ändern. Aber wir verdienen Geld dabei, schließlich rechnen wir jeden Deal durch." www.techdata.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Tech-Data-Strategie der vergangenen Jahre kann man im Geschäft mit den Retailern nur als wankelmütig bezeichnen. Lederwaschers Aufgabe ist es vorerst, wieder Kontinuität in diesen Geschäftsbereich zu bringen - für die eigenen Mitarbeiter und gegenüber Lieferanten und Kunden. Die Uhr einfach zurückzudrehen dürfte nicht möglich sein. Außerdem stehen er und seine Mannschaft im Retail-Kanal einem fast schon übermächtigen Wettbewerber gegenüber, der in der Vergangenheit auch seine Position aufgrund der Schwäche seiner Kontrahenten weiter festigen und ausbauen konnte. (ch)

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