Gigabit-Downloadraten angestrebt

Test für 5G-Netze an Bahnstrecken gestartet

20.03.2024
In Mecklenburg-Vorpommern wird getestet, ob 5G im Frequenzband bei 3,6 Gigahertz die Internet-Versorgung in Zügen künftig deutlich verbessern kann.
Mit dem "Gigabit Innovation Track" wollen DB, O2 Telefónica, Vantage Towers und Netzwerkausrüster Ericsson erproben, wie Bahnreisende künftig deutlich bessere Internetverbindungen bekommen könnten.
Mit dem "Gigabit Innovation Track" wollen DB, O2 Telefónica, Vantage Towers und Netzwerkausrüster Ericsson erproben, wie Bahnreisende künftig deutlich bessere Internetverbindungen bekommen könnten.
Foto: Deutsche Bahn AG/Volker Emersleben

Bei einem ambitionierten Bahnprojekt in Mecklenburg-Vorpommern starteten am Dienstag die Messfahrten. Genutzt wird ein ausrangierter ICE, der zum Laborfahrzeug umgerüstet wurde. Er fährt nun auf einer 10 Kilometer langen Strecke hin und her, um Erkenntnisse über die Qualität der Datenverbindung im Zug und außerhalb des Zuges zu testen. Das Fahrzeug hat Antennen im Inneren und auf dem Dach.

Angestrebt werden Downloadraten von 1000 Megabit pro Sekunde (1 Gigabit). Zum Vergleich: Derzeit sind die Mobilfunkfirmen an den Bahnstrecken zu einem Download-Speed von 100 Megabit pro Sekunde verpflichtet. Das Projekt könnte Impulse für den Ausbau des Handynetzes an Bahnstrecken in ganz Deutschland setzen und auf lange Sicht Verbesserungen bewirken. Ob das wirklich passiert, ist aber noch offen. Erst nach dem bis Ende des Jahres laufenden Projekt wird entschieden, wie es weitergeht.

Testaufbau mit 13 Mobilfunkmasten

Bahn-Vorständin Daniela Gerd tom Markotten zeigte sich zufrieden mit dem zügigen Bau der Teststrecke, die in nur acht Monaten fertiggestellt worden sei. Auf dem Abschnitt zwischen Karow und Malchow wurden 13 neue Mobilfunk-Masten installiert.

Das Besondere dabei: Sie funken im hohen und sehr leistungsstarken 3,6 Gigahertz-Frequenzband im Standard 5G und nicht in niedrigeren Bändern, in denen Bahnstrecken üblicherweise versorgt werden. Dadurch verbessert sich die Verbindung wesentlich. Die Frage ist aber, wie viel davon bei Reisenden ankommt, die in einem schnellen Zug sitzen und dabei etwas abgeschirmt sind.

Bisher spielt 5G in dem hohen Frequenzband bei der Bahnstrecken-Versorgung nur eine Nebenrolle, weil die Reichweite der Antennen nur circa einen Kilometer beträgt. Das ist wesentlich weniger als Mobilfunk in niedrigeren Bändern, sogenannten Flächenfrequenzen. Die bieten längst nicht so hohe Geschwindigkeiten.

Fährt der Zug in einen Bahnhof ein, kann es zwar durchaus passieren, dass der Reisende mit dem sehr guten 5G-Netz verbunden wird und dadurch sehr hohe Datenraten bekommt. Fährt der Zug hingegen wieder los, ist es auf der Strecke zum nächsten Bahnhof in der Regel nur noch eine schlechtere Verbindung - also dann, wenn viele Reisende sich mit dem Smartphone, Laptop oder Tablet Dateien aus dem Netz herunterladen, Filme streamen oder per Video telefonieren wollen.

Vier Firmen machen beim "Gigabit Innovation Track" mit

Das Projekt namens "Gigabit Innovation Track" soll wichtige Erkenntnisse sammeln, wie 5G in Zeiten steigenden Datenbedarfs gut eingebunden werden kann in den Handyempfang auf Bahnstrecken. Neben der Deutschen Bahn machen auch O2 Telefónica, das Infrastrukturunternehmen Vantage Towers und der Netzwerkausrüster Ericsson mit.

Kritisch ist zudem die Verbindungsübergabe von einer Funkzelle zur nächsten, wenn sich das Smartphone in einem schnellen Zug befindet. Auch hierzu sollen die Tests Erkenntnisse liefern. Zunächst ist der Laborzug mit 50 oder mit 80 Kilometern pro Stunde unterwegs. Später soll er im Rahmen des Projekts bis zu 140 Kilometer pro Stunde schnell sein.

Auf das auf manchen ICE-Trassen übliche Tempo 300 kommt der Testzug nicht. Tempo 140 reicht aber nach Einschätzung der Fachleute aus, um daraus Schlussfolgerungen für Netzverbindungen bei noch höheren Geschwindigkeiten zu ziehen. "Die Ergebnisse helfen Bahn, Politik und Telekommunikationsanbietern dabei, ein besseres Verständnis über den künftigen Mobilfunkausbau entlang der Schienen sowie dessen Kosten und Finanzierung zu erlangen", erklärte O2-Vorstandsmitglied Valentina Daiber.

5G-Ausbau für die Bahn wäre teuer

Damit spricht Daiber einen Knackpunkt des Themas Gigabit-Mobilfunk an Bahngleisen an: die Kosten. Denn selbst wenn das Projekt positive Erkenntnisse bringt, wäre unklar, ob dann im großen Stil 5G-Antennen für 3,6 Gigahertz an Bahnstrecken installiert werden. Wegen der geringen Reichweite des hohen Frequenzbandes müssten viel mehr Masten gebaut werden als bei den Flächenfrequenzen. Das wäre teuer.

Möglicherweise wäre das Projekt aber den Preis wert, heißt es von Verbraucherschützern. "Wir sind zwar mitten im Digitalzeitalter, aber so fühlt sich das auf Bahnfahrten häufig nicht an - die Datenverbindung wird auf manchen Strecken immer wieder unterbrochen oder sie findet nur im Schneckentempo statt", sagt Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW.

Diesbezüglich erreichten die Verbraucherzentralen auch Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern. Eine rechtliche Handhabe gebe es hierbei aber nicht. "Die Menschen sind angewiesen auf die Bahn und die Mobilfunker." Sollte die Mobilfunkbranche ihre Anstrengungen wesentlich verstärken, wäre das laut Flosbach sehr zu begrüßen. (Wolf von Dewitz, dpa/pma)

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