Interview mit IDC-Analystin Eszter Morvay

"Ultrabooks sind noch zu teuer"

Beate Wöhe leitete als Director Experts Network das IDG Experten-Netzwerk für alle Online-Portale der IDG Tech Media GmbH. Sie hatte diese Position nach über zehnjähriger Tätigkeit als Redakteurin und leitende Redakteurin des IDG-Titels ChannelPartner im Juli 2014 übernommen. 
Intel setzt große Stücke auf die neuen Ultrabooks. Wie die Hersteller mit einigen Vorgaben zu kämpfen haben und ob sie mit Unterstützung von Intel die anvisierten Ziele erreichen, erfuhr ChannelPartner von Eszter Morvay, Senior Reserach Analyst bei IDC.

Intel setzt große Stücke auf die neuen Ultrabooks. Wie die Hersteller mit einigen Vorgaben zu kämpfen haben und ob sie mit Unterstützung von Intel die anvisierten Ziele erreichen, erfuhr ChannelPartner von Eszter Morvay, Senior Reserach Analyst bei IDC.

"Ultrabooks werden im diesjährigen Weihnachtsgeschäft keine große Rolle spielen." Eszter Morvay, Senior Research Analyst bei IDC
"Ultrabooks werden im diesjährigen Weihnachtsgeschäft keine große Rolle spielen." Eszter Morvay, Senior Research Analyst bei IDC
Foto: IDC

Frau Morvay, Intel hat den Herstellern Mindestvorgaben gemacht, die ein Notebook erfüllen muss, um sich "Ultrabook" nennen zu dürfen. Glauben Sie, dass es die richtigen Vorgaben waren, um ein Wettbewerbsprodukt zu Apples erfolgreichem MacBook Air zu kreieren?
Eszter Morvay: Vorab: ich glaube nicht, dass die Kunden das MacBook Air nur aufgrund seiner Spezifikationen kaufen. Insgesamt geht es hier um ein generelles Referenzdesign für Ultrabooks - also mit "Dünner und leichter" ein neues Look & Feel im Notebook-Markt zu etablieren.

Um diesen neuen Standard zu erreichen, müssen die OEMs hart an den Preisgrenzen des Machbaren entwickeln. Einen Großteil der Kosten machen allein schon Intels Prozessoren aus. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Morvay: Aktuell versuchen alle Hersteller, die Einkaufspreise zu drücken, um günstiger anbieten zu können Die Komponenten für ein Ultrabook zu finden, das im Verkaufspreis bei rund 1.000 Dollar respektive 800 Euro liegen soll, ist nicht einfach. So verbauen manche Hersteller statt SSDs bereits Hybridfestplatten, um den Endkundenpreis zu reduzieren. Einige OEMs werden eventuell auch nach alternativen Materialien für das Chassis Umschau halten. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das - speziell auf die Prozessorpreise bezogen - funktionieren wird.

Das MacBook Air gibt es im deutschen Apple Store ab 949 Euro. Welcher Anwender kauft sich als Alternative ein Ultrabook für über 1.000 Euro?
Morvay: Keiner. Wenn ein Produkt im Consumer-Markt verkauft werden soll, liegen die Preise bei rund 500 Euro. Man kann Kunden davon überzeugen, 10 bis 20 Prozent mehr für ein gutes, stylisches Produkt auszugeben. Bei den aktuellen Marktpreisen von rund 1.000 Euro bedeutet das jedoch, dass die Endkunden das Doppelte bezahlen müssen.

Haben Sie über dieses Thema mit Intel gesprochen?
Morvay: Ja, aber ohne Erfolg. Die ganze PC-Industrie ist offenbar äußerst nervös, da der europäische PC-Markt derzeit nicht gut läuft. Auch in Deutschland geben viele Kunden ihr Geld für andere IT-Produkte aus.

Welche sind das?
Murvay: Viele Endkunden haben gerade erst 300 oder 500 Euro für ein cooles Tablet oder Smartphone hingeblättert. Ultrabooks und Tablets kannibalisieren sich zwar nicht in ihrer Anwendung, aber es ist bei vielen Menschen auch eine Frage des persönlichen Budgets.

In welchem Kundensegment sehen Sie die Ultrabooks angesiedelt?
Murvay: Es ist sinnvoll, sie sowohl im Consumer- als auch im Business-Segment zu platzieren. Die Aufmerksamkeit auf der Consumer-Seite werden die Ultrabooks über die Faktoren "dünn" und "leicht" sowie Instant-Boot und den schnellen Datenzugriff über SSD auf sich ziehen.

Haben Ultrabooks im B2B-Segment eine Chance?
Hier gilt das Gleiche wie bei den Consumer-Kunden. Vor allem Business-Kunden, die überwiegend mobil tätig sind, legen Wert auf dünne und leichte Produkte mit schnellem Zugriff und langer Akku-Zeit. Allerdings glaube ich nicht, dass Unternehmen bereits vorhandene Notebooks in der nächsten Zeit durch Ultrabooks ersetzen werden. Auch hier spielt wieder der Preis eine Rolle. Unternehmen geben keine 1.000 Dollar respektive rund 800 Euro für ein Notebook aus. Zusätzlich spielen hier weitere Ausstattungsmerkmale wie zum Beispiel Security-Features eine wichtige Rolle, die in den Ultrabooks bisher noch nicht berücksichtigt sind.

Und jetzt steht das Weihnachtsgeschäft bevor. Wird der Ultrabook-Absatz hier eine große Rolle spielen?
Murvay: Ich glaube nicht, dass Ultrabooks im diesjährigen Weihnachtsgeschäft eine große Rolle spielen werden. Die Preise sind hoch, und auch die Verfügbarkeit ist noch zu gering. Meines Wissens haben Hersteller wie Acer und Asus, deren Ultrabooks bereits auf dem Markt sind, weltweit jeweils Orders von lediglich 400.000 bis 500.000 Stück. Für das kommende Jahr 2012 sind allerdings Marktanteile von 40 Prozent geplant.

Sprechen Sie vom weltweiten PC- oder Notebook-Markt?
Morvay: 40 Prozent innerhalb des Notebook-Marktes. Das sind sehr aggressive Pläne, und Intel wird diesen multiportablen Notebook-Faktor gemeinsam mit den Herstellern pushen müssen.

Um solche Pläne zu erreichen, werden mehr Herstellern nötig sein, um die Stückzahlen umzusetzen. Große Marktteilnehmer wie HP und Dell haben sich bisher zurückgehalten.
Morvay: HP und Dell sind nicht gerade die schnellsten Hersteller der Welt. (lacht) Bei HP dauert es oft Monate, bis eine neue CPU in dessen Produkten verbaut wird. Andere Hersteller sind flexibler und damit schneller. Der zweite Hersteller Dell ist im Consumer-Markt wenig sichtbar, und das Design der Produkte war bisher nicht herausragend. Auch Dell gehörte bisher, wie HP, nicht zu den Innovationstreibern. (bw)

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