UPDATE: United Internet will freenet - aber nur ohne debitel

04.04.2008
(NEU: Aussagen von United-Internet-CEO Ralph Dommermuth, Details, Aktienkurse) Von Nico Schmidt DOW JONES NEWSWIRES

(NEU: Aussagen von United-Internet-CEO Ralph Dommermuth, Details, Aktienkurse) Von Nico Schmidt DOW JONES NEWSWIRES

FRANKFURT (Dow Jones)--Expansionsambitionen und die Entwicklung an den Aktienmärkten haben freenet offenbar wieder zu einem attraktiven Übernahmeziel gemacht. Die United Internet AG stellte am Freitag auf der Bilanzpressekonferenz 12,80 EUR je Aktie als möglichen Kaufpreis für den Wettbewerber in Aussicht.

Damit scheint der Konsolidierungsprozess auf dem deutschen Telekommarkt in die nächste Runde zu gehen. Ende des vergangenen Jahres waren die Übernahmegespräche zwischen United Internet, der freenet AG und der Drillisch AG gescheitert, da sich die Parteien nicht auf die finanziellen Konditionen einer Übernahme einigen konnten. Das sagte Ralph Dommermuth, Vorstandsvorsitzender des in Montabaur ansässigen TecDAX-Konzerns, und gab damit erstmals zu, dass eine Fusion Ende vergangenen Jahres an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert war.

Nun erwartet der United-Internet-CEO eine Konsolidierung in der Branche, vermag momentan aber noch nicht zu prognostizieren, wie sie sich letztlich auswirken wird.

Das Zünglein an der Waage im Konsolidierungskarussell dürfte der United-Internet-Wettbewerber freenet sein. United Internet und der Telekomanbieter Drillisch hatten in der Nacht zum Donnerstag ihr neuerliches Interesse an einer "weitergehenden strategischen Zusammenarbeit mit freenet" bekundet. Die beiden Telekommunikationskonzerne halten über die gemeinsame MSP Holding aktuell gut 25% an freenet.

Inzwischen sind nach Einschätzung von Dommermuth Chancen auf eine Einigung gestiegen. Denn auf Grund der Veränderungen am Kapitalmarkt ist nun eher eine Übereinkunft mit freenet über die finanziellen Rahmenbedingungen einer Transaktion möglich. Während die freenet-Aktie am 19. November 2007, dem Tag an dem die Verhandlungen zwischen den Konzernen ergebnislos abgebrochen wurden, noch bei 17,38 EUR stand, gingen die Papiere am Donnerstag mit 10,80 EUR aus dem Handel.

Zudem ist für United Internet inzwischen ein "gewisser Handlungsdruck" entstanden, seit freenet Gespräche mit der Private-Equity-Gesellschaft Permira über den Kauf des Telekomanbieters debitel begonnen hat. Denn obwohl bislang nicht absehbar ist, wie der Telekommarkt nach der nächsten Konsolidierungsrunde aufgestellt sein wird, schloss Dommermuth ein Szenario definitiv aus: freenet zu kaufen, wenn der Hamburger Wettbewerber mit debitel fusionieren sollte.

Einen Kauf von freenet inklusive debitel könne United Internet weder finanzieren noch sei eine Integration auf Managementebene möglich. Vielmehr sieht der Vorstandsvorsitzende die Übernahme von freenet als "Alternative" zum debitel-Kauf durch freenet an.

freenet teilte dazu mit, die Verhandlungen mit dem debitel-Eigner Permira würden trotz der jüngsten Entwicklungen fortgeführt. Eine Sprecherin des im TecDAX-notiertern Konzerns sagte zu den derzeitigen Gesprächen: "Wir wurden angesprochen. Im Sinne des Shareholder Values müssen und werden wir Alternativen prüfen, aber wir führen die Verhandlungen mit Permira fort."

Die möglichen Optionen werden von United Internet, freenet und Drillisch gegenwärtig sondiert. Klar ist, dass United Internet sich vornehmlich für das DSL-Geschäft von freenet interessiert, während Drillisch auf die Mobilfunkaktivitäten der Hamburger abzielt. Zu ihren Optionen zählt United Internet explizit auch die Übernahme von freenet durch die MSP Holding GmbH. Die Kaufinteressenten wollen die Verhandlungen nach eigenem Bekunden zügig abwickeln und planen, eine potenzielle Transaktion möglichst binnen zwei Monaten abschließen.

Nach Aussage von Dommermuth wäre United Internet "unter allen Vorbehalten" zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereit, für eine Übernahme von freenet einen Preis von 12,80 EUR je Aktie des Wettbewerbers zu zahlen. Von den Medien kolportierte Preise von rund 17 EUR je Anteilsschein wies der Manager hingegen zurück. Eine Offerte in Höhe von 12,80 EUR stelle einen Aufschlag von rund 20% auf den Schlusskurs der freenet-Aktie vom Donnerstag dar. Am Freitagnachmittag legte die freenet-Aktie um zeitweise über 17% zu und stieg im Tageshoch auf 12,92 EUR, um dann wieder etwas nachzugeben.

Die Finanzierung von Zukäufen hält United-Internet-Finanzvorstand Norbert Lang für möglich. Es seien nicht nur eigene Mittel vorhanden, sondern es stünden auch Banken bereit, die mögliche Transaktionen unterstützen würden. Eine Übernahme der DSL-Aktivitäten von freenet sei daher ohne Kapitalerhöhung möglich.

Spekulationen, wonach United Internet Vorkaufsrechte an dem rund 20-prozentigen freenet-Anteil besitze, den die Private-Equity-Gesellschaft Vatas Holding des südafrikanischen Investors Robert Heresov kürzlich veräußert hatte, wies Dommermuth zurück.

United Internet hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr zwar zweistellige Zuwachsraten bei Umsatz und Ergebnis erzielt. Einziger Wermutstropfen war jedoch die Entwicklung im DSL-Geschäft gewesen: United Internet gewann in der Breitbandsparte 400.000 neue Kunden, hatte dabei aber einen stärkeren Zuwachs erwartet. Der Start in das neue Geschäftsjahr sei verheißungsvoll verlaufen, hieß es nun. United Internet hoffe, der prognostizierten Abschwächung des DSL-Marktes trotzen zu können.

Webseiten: http://www.united-internet.de http://www.freenet.de http://www.drillisch.de http://www.debitel.de -Von Nico Schmidt, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 297 25 255, unternehmen.de@dowjones.com DJG/ncs/jhe

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