UPDATE2: Infineon bekommt Konjunkturflaute zu spüren

03.12.2008
(NEU: Aussagen des Managements)

(NEU: Aussagen des Managements)

Von Philipp Grontzki

DOW JONES NEWSWIRES

NEUBIBERG (Dow Jones)--Die Infineon Technologies AG kann sich dem konjunkturellen Abschwung nicht entziehen und blickt in eine düstere Zukunft. Das Unternehmen sehe in praktisch allen seinen Zielmärkten eine starke Nachfrageschwäche, sagte Vorstandsvorsitzender Peter Bauer am Mittwoch bei Vorlage der Jahresbilanz 2007/08. Im vierten Quartal verzeichnete der DAX-Konzern wegen Sonderkosten einen operativen Verlust. Die Anleger schickten die Aktie auf Talfahrt: Bis 16.03 Uhr brach das Papier um 32,9% auf 1,11 EUR ein.

Laut Infineon lässt sich im aktuellen Geschäftsjahr, das am 1. Oktober begonnen hat, im Vergleich zum Vorjahr ein signifikanter Umsatzrückgang im globalen Halbleitermarkt nicht ausschließen. Ende August hätten die ersten Kunden begonnen, massiv Aufträge nach hinten zu schieben, vor allem im Automobilsegment, sagte Bauer. Bei den Auftragseingängen verzeichne Infineon in allen Segmenten "sehr deutliche" Rückgänge.

Das Unternehmen will auf die aktuelle Nachfrageschwäche mit Maßnahmen wie etwa Kurzarbeit reagieren. Seit Oktober gliedert Infineon die bisherigen zwei Kerngeschäftsbereiche in fünf Divisionen - Automobil, Industrielektronik, Security, Wireline und Wireless.

Für das laufende Geschäftsjahr 2008/09 stellt Infineon einen Umsatzrückgang von voraussichtlich mindestens 15% in Aussicht, vor allem wegen der Entwicklung im Bereich der Chips für die Automobilindustrie. Auch bei der neuen Kennziffer Segmentergebnis rechnet der Konzern mit einem negativen Wert.

Der Ausblick legt eine neue Rechnungslegung zugrunde. Das in Neubiberg bei München ansässige Unternehmen hat seine Bilanzierung zum 1. Oktober 2008 auf IFRS von US-GAAP umgestellt und definiert den Wert Segmentergebnis als operatives Ergebnis exklusive außerordentlicher Posten wie etwa Restrukturierungskosten oder Gewinne aus Verkäufen.

Im laufenden ersten Geschäftsquartal sieht Infineon einen Umsatzrückgang von etwa 30% zum Vorquartal. Die Marge bezogen auf das Segmentergebnis dürfte in einem mittleren bis hohen negativen Zehner-Prozent-Bereich liegen.

Im vierten Quartal betrug das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) minus 220 Mio EUR, nach plus 60 Mio EUR im Vorjahr. Insgesamt fielen in der Periode Netto-Sonderaufwendungen von 253 Mio EUR an, davon stammen 166 Mio EUR aus dem Kostensenkungsprogramm "IFX10+". Der Konzern will brutto rund 3.000 Arbeitsplätze streichen. Laut Angaben vom Mittwoch waren Ende Oktober rund drei Viertel des Stellenabbaus realisiert.

Unter dem Strich stand im vierten Quartal ein Minus von 763 Mio EUR. Der Fehlbetrag war getrieben von Verlusten in Zusammenhang mit der Speicherchiptochter Qimonda, an der Infineon 77,5% hält. Die Erlöse wurden mit 1,153 Mrd EUR angeben. Der Verlust aus fortgeführtem Geschäft war mit 244 Mio EUR deutlich höher als von Analysten erwartet.

Qimonda wird bei Infineon als nicht-fortgeführtes Geschäft ausgewiesen. Infineon habe den Buchwert der Beteiligung inzwischen auf Null reduziert, sagte Finanzvorstand Marco Schröter.

"Während die operativen Zahlen eigentlich in Ordnung sind, verschreckt der noch schwächer als befürchtet ausgefallene Ausblick", kommentierte Analyst Tobias Loskamp von Kepler Capital Markets. Die Landesbank Baden-Württemberg bezeichnete den Ausblick in einer Analyse als "ein Desaster".

Zu Qimonda hieß es von Infineon, der Konzern sei weiterhin bemüht, seine Beteiligung zu veräußern. Allerdings warnte der Mutterkonzern vor zusätzlichen Belastungen, die ihm aus einem etwaigen finanziellen Engpass bei der Sparte entstehen könnten. Für den Fall, dass Qimonda seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, könnte Infineon "bestimmten erheblichen Verbindlichkeiten" des Qimonda-Geschäfts ausgesetzt sein.

Dies schließt laut Infineon laufende Kartell- und wertpapierrechtliche Verfahren sowie die eventuelle Rückzahlung öffentlicher Fördermittel und mitarbeiterbezogene Eventualverbindlichkeiten ein.

Am Montag hatte Qimonda die Vorlage ihrer Jahresbilanz auf Mitte Dezember mit der Begründung verschoben, mit verschiedenen strategischen Investoren und Finanzinvestoren würden aktuell Gespräche geführt. Qimonda geht aktuell davon aus, dass eine wie immer geartete Partnerschaft in den nächsten Wochen vereinbart werden könnte. Allerdings hat Qimonda für den schlimmsten Fall davor gewarnt, dass im kommenden Kalenderjahr Liquiditätsengpässe entstehen könnten. Diese Situation könnte unter anderem dann eintreten, wenn die Partnersuche scheitert.

Sollten sich die gegenwärtig verfolgten finanziellen und strategischen Initiativen nicht realisieren lassen, keine anderen Lösungen umgesetzt werden können und sich das Branchenumfeld weiter verschlechtern oder die Maßnahmen zur Senkung des Barmittelbedarfs nicht greifen, könnte es im ersten Kalenderquartal 2009 zu Liquiditätsengpässen in Teilen des Konzerns kommen, hatte Qimonda am Montag ausgeführt.

Qimonda hatte im Oktober ein Restrukturierungsprogramm aufgelegt, in dessen Rahmen rund 3.000 Stellen gestrichen werden sollen.

Infineon hatte Qimonda im August 2006 an die New Yorker Börse gebracht und zuletzt wiederholt bekräftigt, Verkaufsverhandlungen zu führen. Laut Bauer gibt es nach wie vor Interessenten. Qimonda schreibt in Folge eines anhaltend schwachen Preisniveaus bei Speicherchips seit mehreren Quartalen deutliche Verluste. Die Möglichkeit, Qimonda-Aktien wie bisher erwogen als Sachdividende an die eigenen Aktionäre auszugeben, zieht Infineon nach Angaben vom Mittwoch nun nicht mehr in Betracht.

Webseiten: http://www.infineon.com http://www.qimonda.com -Von Philipp Grontzki, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 107, philipp.grontzki@dowjones.com DJG/phg/brb

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