UPDATE2: Nokia Siemens Networks nimmt Telekom Tochter VTS ab

23.10.2007
(NEU: Analysteneinschätzung, weitere Details) Von Alexander Becker Dow Jones Newswires

(NEU: Analysteneinschätzung, weitere Details) Von Alexander Becker Dow Jones Newswires

MÜNCHEN/BONN (Dow Jones)--Nokia Siemens Networks (NSN) nimmt der Deutschen Telekom AG die bereits ausgegliederte Technik-Tochter Vivento Technical Services (VTS) mit rund 2.000 Beschäftigten ab. Im Gegenzug steigt NSN zum bevorzugten Partner des Bonner Telekomkonzerns auf. Hinzu kommen garantierte Aufträge über rund 450 Mio EUR in den kommenden Jahren, teilten die Telekom und NSN am Dienstag mit. Zudem muss die Telekom offenbar auch noch Barmittel drauflegen. Die Beschäftigten von VTS müssen sich ab 2009 auf Stellenstreichungen einstellen.

Die Telekom werde NSN "weitere Unterstützung" für den Übergang von VTS gewähren, heißt es in der Mitteilung ohne weitere Ausführungen weiter. Wie eine mit der Situation vertraute Person Dow Jones Newswires sagte, handelt es sich dabei um eine Barkomponente, die die Telekom noch zusätzlich an NSN zahlt. Ein Telekom-Sprecher wollte auf Nachfrage zu der "weiteren Unterstützung" keine Details nennen und auch die Aussagen der Person nicht kommentieren. Über die Höhe der Barkomponente sagte die Person nichts.

Die VTS mit rund 2.000 Mitarbeitern errichtet und wartet Fest- und Mobilfunknetze vor allem für die Deutsche Telekom. Der Dienstleister hat aber auch externe Kunden wie die Mobilfunkgesellschaft O2 und den Kölner DSL-Anbieter NetCologne.

VTS ist Teil der Telekom-Beschäfigungsgesellschaft Vivento mit derzeit 11.100 Beschäftigten. Mit Hilfe von Vivento will die Telekom ein Personalabbauprogramm umsetzen. Dazu sollen die Vivento-Teile nach und nach verkauft werden. In den vergangenen Monaten wurden bereits einige Call-Center abgegeben.

Im Zuge der Transaktion hätten die Telekom und NSN einen Servicevertrag für die kommenden fünf Jahre unterzeichnet, teilten NSN und Telekom weiter mit und bestätigten damit entsprechende Informationen, die Dow Jones Newswires zuvor aus Branchenkreisen erfahren hatte. Dieser Service-Vertrag für die Netzwartung- und Betreuung bei der Telekom hat den Angaben zufolge ein Volumen von rund 300 Mio EUR.

Darüber hinaus sei Nokia Siemens Networks ausgewählt worden, eine Reihe von Investitionsprojekten im Volumen von rund 150 Mio EUR für T-Mobile-Töchter in Europa umzusetzen. NSN ist den Angaben zufolge künftig der bevorzugte Service-Partner für die Deutsche Telekom. "Generell erscheint die Transaktion auf den ersten Blick für beide Seiten ein guter Deal zu sein. NSN erhält damit einen verbesserten Zugang zu einem der größten Operator in Europa, und die Telekom kommt bei der geplanten Trennung von Vivento-Bereichen endlich weiter voran," sagte UniCredit-Analyst Thomas Friedrich Dow Jones Newswires in einer ersten Einschätzung.

"Unterm Strich ist die Trennung von VTS für die Telekom daher als positiv zu bewerten." So ist nun laut UniCredit-Analyst Friedrich mit dem VTS-Verkauf die Schlagzahl bei dem bereits seit 2003 angestrebten Personalabbau über Vivento erhöht worden. Das Management um den Vorstandsvorsitzenden Rene Obermann habe damit gezeigt, dass es handlungsfähig ist und angekündigte Maßnahmen auch umsetzen kann. "Dieses ist umso positiver, da sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass Verkäufe von Bereichen wie VTS nicht gerade einfach sind."

Bei NSN verweist man auf die strategische Bedeutung der Transaktion für den Netzausrüster. "VTS bietet einen viel versprechenden Zugang für den deutschen Infrastrukturmarkt". heißt es in der Mitteilung weiter. Dieser wird nach NSN-Angaben von rund 700 Mio EUR auf ein Volumen von etwa 1 Mrd EUR steigen. "Die Transaktion unterstütze den strategischen Wandel von NSN weg von einem reinen Ausrüstungshersteller hin zu einem Service- und Lösungsorientierten Anbieter", so ein NSN-Sprecher.

Der Übertrag der Vermögenswerte und der Übergang der Mitarbeiter von VTS zu NSN soll Anfang kommenden Jahres abgeschlossen werden. Der Betriebsübergang erfolgt nach Angaben eines Telekom-Sprechers nach 613 BGB. Das bedeutet, das die geltenden tarifvertraglichen Regelungen auch auf den neuen Besitzer übergehen. Bei VTS ist bislang eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2008 vereinbart.

Danach werde man angesichts von Überlappungen höchstwahrscheinlich Anpassungen vornehmen, kündigte ein NSN-Sprecher an. Wie hoch der Stellenabbau ausfallen werde, sei derzeit aber noch nicht zu quantifizieren. NSN werde nun mit der für VTS zuständigen Gewerkschaft Verdi in Tarifverhandlungen einsteigen.

Die Gewerkschaft hat sich für die Gespräche mit NSN unter anderem die zukünftigen Arbeits- und Einkommensbedingungen, die Anerkennung der Tarifverträge der VTS durch Nokia Siemens, die Sicherung der betrieblichen Altersversorgung und der bisherigen Konditionen durch die Telekom sowie einen Insolvenzschutz auf die Agenda gesetzt. Das geht aus einem Brief von ver.di an die Mitarbeiter hervor, in den Dow Jones Newswires zuvor Einblick hatte.

Nokia Siemens Networks wird derzeit in Folge eines scharfen Wettbewerbs im Markt für Netzinfrastruktur und operativer Verluste umfassend restrukturiert. Mitte Juli haben sich Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite des Telefonnetzwerk-Anbieters auf einen Personalabbauplan geeinigt. Demnach sollen in Deutschland etwa 2.290 der rund 13.000 Stellen wegfallen. Bis Ende 2010 soll der Stellenabbau abgeschlossen sein. Weltweit sollen etwa 9.000 von insgesamt 60.000 Arbeitsplätzen abgebaut werden.

Webseiten: http://www.nokiasiemensnetworks.com http://www.vts.de http://www.telekom3.de - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires; +49 (0)89 - 5521 4030, industry.de@dowjones.com DJG/abe/kgb/jhe

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