UPDATE2: Volkswagen stockt Stimmrechte bei Scania auf 68,6% auf

03.03.2008
(NEU: Aussagen aus Pressekonferenz, Markteinschätzungen)

(NEU: Aussagen aus Pressekonferenz, Markteinschätzungen)

Von Dorothee Tschampa

DOW JONES NEWSWIRES

STOCKHOLM (Dow Jones)--Die Volkswagen AG hat sich am Montag die Mehrheit der Stimmrechte an Scania gesichert. Damit ist nach Einschätzung von Analysten der Weg frei für eine europäische Nutzfahrzeug-Allianz.

Am Morgen hatte Volkswagen überraschend erklärt, dass man sich mit den Großaktionären Investor AB und Wallenberg Stiftungen über die Übernahme ihrer Scania-Anteile geeinigt habe. Damit stockt VW seine Stimmrechte am schwedischen Lkw-Hersteller auf 68,6% von zuvor 37,98% auf. Der Kapitalanteil steigt auf 37,73% von zuvor 20,89%.

Insgesamt hat die Transaktion ein Volumen von knapp 2,9 Mrd EUR. Insgesamt erwirbt VW rund 134,7 Mio Scania-A-Aktien zum Preis von 200 SEK je Aktie. "Das ist ein fairer Preis", sagte der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn auf einer Pressekonferenz in Stockholm.

Vereinbart ist, dass Scania als eigenständiges, börsennotiertes Unternehmen erhalten bleibt. Auch im Management sind keine Veränderungen geplant, wie Winterkorn sagte. Der Hauptsitz von Scania sowie das Entwicklungszentrum sollen im schwedischen Södertälje bleiben.

Auf absehbare Zeit sind auch keine "strukturellen Veränderungen" vorgesehen, die sich nachteilig für die Scania-Beschäftigten auswirken könnten. "Zudem werden wir sicher stellen, dass das Board of Directors von Scania mit entschlossenen, gut qualifizierten und unabhängigen Vertretern besetzt bleibt", versprach Winterkorn.

Winterkorn bezeichnete Scania als "eine der stärksten Marken in der Branche". Derzeit seien unter dem Dach des Volkswagen-Konzerns acht Marken vereint. "Wir sind wohl in der Lage eine neunte Marke zu managen." Synergiepotenziale zwischen VW und Scania sieht Winterkorn etwa beim Einkauf von Stahl, bei Elektronikbauteilen, der Hybrid-Technologie, der Entwicklung eines Wasserstoff-Antriebs oder beim Leichtbau. Schließlich werde die CO2-Diskussion auch im Nutzfahrzeugbereich ankommen.

Zur Frage der Aussichten einer Lkw-Allianz zwischen VW, Scania und MAN antwortete VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch auf der Pressekonferenz ausweichend: Es gebe immer Synergiepotenziale mit anderen möglichen Partnern, sagte er lediglich. Volkswagen ist an MAN mit 29,9% der Stimmrechte und 28,7% des Kapitals beteiligt.

Die MAN AG wiederum hält 17,0% der Stimmrechte und 13,2% des Kapitals von Scania und hatte den Schweden im Herbst 2006 eine Fusion angeboten. Das MAN-Angebot gab für die Investor AB jedoch nicht den Wert und das Potenzial von Scania angemessen wieder, weshalb die Großaktionäre die am Ende gebotenen 10,3 Mrd EUR ablehnten und die eigenständige Übernahme von Scania durch MAN scheiterte.

MAN begrüße die heutige Entscheidung, sagte ein Sprecher zu Dow Jones Newswires. Damit verbesserten sich die Perspektiven für einen Zusammenschluss. Auch am Markt wird eine Dreier-Allianz aus VW, Scania und MAN als immer wahrscheinlicher gesehen. Strategisch sei MAN aber der Verlierer, sagte ein Aktienstratege zu Dow Jones Newswires.

Nach Einschätzung der Analysten der LBBW kann Volkswagen die Transaktion ohne Kapitalmaßnahmen stemmen. Die Nettoliquidität des Automobilbereichs habe per Jahresende 13,5 Mrd EUR betragen. Während Volkswagen-Großaktionär Porsche den Schritt nach Aussagen eines Sprechers begrüßt, erklärte Daimler: "Wir sehen das sehr gelassen." Jedoch kann schon die Kombination von VW und Scania nach Angaben von Nathan Kohlhoff von der HypoVereinsbank eine "ernstzunehmende Konkurrenz" für Daimler sein.

Bis gegen 12.53 Uhr notieren Volkswagen in einem allgemein sehr schwachen Markt fast unverändert mit minus 0,1% bei 149,90 EUR. Die Scania-Aktie verliert in Stockholm 5,3% auf 161,50 SEK. MAN profitiert dagegeben mit plus 4,4% auf 91,05 EUR. Daimler, die sich möglicherweise auf eine stärkere Konkurrenz einstellen müssen, verlieren 2,3% auf 54,53 EUR.

Für die Scania-Minderheitsaktionäre sei der Schritt nicht besonders günstig, sagte Alexis Albert von Natixis Securities. "VW kann jetzt mit Scania machen, was sie wollen und sie brauchen keine weiteren Anteile zu kaufen." Nach Angaben von VW-Finanzvorstand Pötsch muss VW den Minderheitsaktionären von Scania kein formelles Übernahmeangebot machen.

Investor-CEO Börje Ekholm begründete den Verkauf so: Der Schritt habe "Spekulationen über die Zukunft des Unternehmens stoppen sollen". Zudem habe man damit "Klarheit über die künftigen Besitzverhältnisse der Scania geschaffen."

Leif Östling, President und CEO von Scania, unterstrich die Rolle einer klaren Aktionärsstruktur. Klare Besitzverhältnisse seien wichtig, um Joint Ventures mit anderen Herstellern bilden zu können. Als Beispiele nannte er die Motoren-Kooperationen in Nordamerika oder die Zusammenarbeit mit Toyota Hino in Japan.

Webseiten: http://www.volkswagenag.com/ http://www.scania.com/ -Von Dorothee Tschampa, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 102, dorothee.tschampa@dowjones.com DJG/dct/rio

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