Mehr Umsatz im Shop mit Apple-Technik - nur ein Traum?

USA im iBeacon-Fieber

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Hunderte von US-Händler sind im iBeacon-Fieber. Sie statten ihre Shops mit dieser Technik aus, um iPhone- und iPad-Nutzer direkt vor Ort über die neusten Verbrauchertipps - sprich Werbung - zu informieren. Doch das von den US-Medien hochgejubelte System hat auch seine Kinken.
Per iBeacon oder anderen Beacon-Technologien sollen Kunden beim Shopping gezielt angesprochen werden.
Per iBeacon oder anderen Beacon-Technologien sollen Kunden beim Shopping gezielt angesprochen werden.
Foto: Qualcomm

Hunderte von Lebensmittelhändlern, Retail-Ketten und selbst die Baseball-Liga installieren in den USA iBeacon-Systeme. Über das von Apple entwickelte System können entsprechend aktivierte Smartphones etwa in einem Laden Informationen über aktuelle Sonderangebote oder Bonus-Punkte erhalten. Zudem kann die Technik, die nur eine Reichweite von mehreren Metern hat, zur Ortung des Kunden im Laden genutzt werden, um ihn so gezielt zu besonderen Lockangeboten zu lotsen.

iBeacon - ein amerikanischer Sonderweg?

Die Beacon-Technologie setzt auf kleine Bluetooth-Funksender (im Bild ein PayPal-Modell).
Die Beacon-Technologie setzt auf kleine Bluetooth-Funksender (im Bild ein PayPal-Modell).
Foto: Paypal

Bei den iBeacons selbst handelt es sich um kleine Funksender, die größer als eine Streichholzschachtel sind und im Gegensatz zu NFC eine Stromversorgung benötigen. Ihre Informationen senden die iBeacons über den Bluetooth-Standard 4.0 an mobile Geräte. Bislang setzt Apple die Technik in seinen Apple Stores in den USA ein, auch die Handelskette Macy's nutzt iBeacons seit Kurzem in seinen Flaggschiff-Läden in New York und San Francisco. Hierzulande will etwa das Hamburger Start-up Yoints Apples Technik an deutsche Händler vermarkten. Das Unternehmen hofft, die Technologie bis zum Sommer bei mehreren Händlern zu installieren.

iBeacon - nur für wenige Smartphone-User

Entgegen aller Schwärmerei von Marketing-Leuten hat Apples iBeacon-Technik in der Praxis auch gravierende Nachteile. So funktioniert sie nur mit iPhones und iPads, auf denen iOS 7 oder höher läuft. Zudem müssen die Devices Bluetooth 4.0 unterstützen. Zwar hat sich Apple mittlerweile geöffnet und erlaubt den Einsatz der Technik auch auf Android-Geräten. Allerdings müssen diese mit Android 4.3 oder höher laufen und ebenfalls Bluetooth 4.0 unterstützen. Damit kann die neue Technik letztlich nur von einem Bruchteil der derzeit verbreiteten Smartphones und Tablets genutzt werden. Was für Ladenbesitzer die Frage aufwirft, ob sich das Investment in eine Technik lohnt, mit der sie nur einen geringen Prozentsatz ihrer Kundschaft erreichen können. Zumal hierzulande im Gegensatz zu den Apple-affinen USA die Verbreitung von iPads und iPhones deutlich geringer ist.

iBeacon - für Händler ein teures Vergnügen

Ein anderer Punkt, der in den Diskussionen um die angeblichen iBeacon-Vorzüge immer wieder vergessen wird, ist, dass die Benutzer beziehungsweise Kunden auf ihren Devices extra eine App installieren müssen, damit sie via iBeacons angesprochen werden können. Großen Handelsketten mag dies mit entsprechenden Loyality-Programmen sicher gelingen. Aber, ob dies auch kleineren Händler gelingt, ist in Frage zu stellen, denn es ist schwer vorstellbar, dass sich der Anwender für unterschiedliche Shops Dutzende von iBeacons-Apps auf sein Device installiert. Und für den Händler bedeutet diese App-Entwicklung (für iOS und Android) zusätzliche Kosten neben dem Investment in die iBeacons.

Die iBeacon-Konkurrenz

Will ein Händler per Beacon seine Kunden adressieren, dann benötigen diese ein App auf dem Smartphone.
Will ein Händler per Beacon seine Kunden adressieren, dann benötigen diese ein App auf dem Smartphone.
Foto: Paypal

Des Weiteren stellt sich die Frage, ob Apple mit iBeacon wirklich das Rennen macht, denn auch andere Anbieter nutzen die Beacon-Technik von Bluetooth 4.0. So hat etwa PayPal mit PayPal Beacon bereits ein eigenes System angekündigt, das im Gegensatz zu Apples Ansatz bereits über eine integrierte Payment-Komponente verfügt. Und die Otto-Gruppe offeriert mit Yapital ein Multichannel-Bezahlverfahren, das ebenfalls mit Beacon-Technik arbeitet. Als Partner konnte Yapital bereits Rewe, Baur, Coop eG, Katag AG, SportScheck und Wasgau gewinnen. Allerdings wird erwartet, dass Apple in Sachen Payment nachzieht.

Warum iBeacon kein NFC-Killer ist

Hierzulande wird iBeacom immer wieder gerne als NFC-Killer gefeiert. Dabei vergessen allerdings die Apple-Protagonisten gerne, dass beide Techniken ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. Der gerne angepriesene Vorteil der größeren Reichweite von iBeacon kehrt sich beim Bezahlen in einen Nachteil um. Funktechniken mit einer größeren Reichweite können aus der Entfernung auch unbemerkt mit Scannern und Sniffern angegriffen werden - bei NFC mit wenigen Zentimetern Reichweite dürfte dies nur schwer unbemerkt zu bewältigen sein. Zudem ist NFC im Gegensatz zu iBeacon durch die Integration in Kreditkarten und Girocards in Europa bereits deutlich weiter verbreitet. Darüber hinaus spricht für NFC die Authentisierung an einem bestimmten Ort. Zudem bietet NFC die Chance, sich an Card-Present-fees-Programmen zu beteiligen, während bei iBeacon eher damit zu rechnen ist, dass der Händler eine Strafgebühr für Crad-not-present-Bezahlvorgänge entrichten muss.

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