Rücktritt von Steve Jobs

Was Analysten zum Wechsel an der Apple-Spitze sagen

Peter Müller ist der Ansicht, dass ein Apple täglich den Arzt erspart. Sei es iMac, Macbook, iPhone oder iPad, was anderes kommt nicht auf den Tisch oder in die Tasche. Seit 1998 beobachtet er die Szene rund um den Hersteller von hochwertigen IT-Produkten in Cupertino genau. Weil er schon so lange dabei ist, kennt er die Apple-Geschichte genau genug, um auch die Gegenwart des Mac-Herstellers kritisch und fair einordnen zu können. Ausgeschlafene Zeitgenossen kennen und schätzen seine Beiträge im Macwelt-Morgenmagazin, die die Leser werktags pünktlich um acht Uhr morgens in den nächsten Tag mit Apfel und ohne Doktor begleiten. Privat schlägt sein Herz für die Familie, den FC Bayern, sechs Saiten, Blues-Skalen und Triolen im Shuffle-Rhythmus.
Der Rücktritt von Steve Jobs als CEO wird von den meisten Analysten zwar als einschneidendes Ereignis für Apple angesehen, jedoch nicht als bedrohlich für die Zukunft des Unternehmen eingeschätzt.

Der britische Analyst Richard Holway hält viel von Jobs’ designiertem Nachfolger Tim Cook: "Tim Cook war ein sehr fähiger COO und ich vermute, er wird auch den Job als CEO gut machen, Zeit zum Üben hatte er ja." Zudem seien wichtige Köpfe weiterhin an Bord: "Jonathan Ive ist noch da und gestaltete wunderbare Produkte. Ich vermute, die Produktankündigungen für das nächste Jahr und darüber hinaus sind bereits vorbereitet. Zudem hatte Jobs viel Zeit, seinen Ausstieg zu planen. Es gibt starke Hinweise darauf, dass er ein Team nach seinem Abbild geformt hat."

Michael Gartenberg von Gartner Research meint: "Obwohl dies das Ende einer Ära bei Apple bedeutet, sei der Hinweis gestattet, dass Apple aus mehr als der Person Steve Jobs bestehe. In seiner Funktion als Chairman wird Jobs weiter seinen Einfluss auf die Firma und den CEO Tim Cook ausüben."

Ebenso optimistisch zeigt sich der Forrester-Analyst JP Gownder: "Steve Jobs war nicht nur ein berühmter CEO, sondern auch ein herausragender Produkt-Stratege. Er war tief in die Entwicklung der Apple-Produkte verwickelt, des Designs, der Geschäftsmodelle und der Reaktion auf die Konkurrenz. Apple ist aber weit mehr als nur sein Anführer." Die Produkte seien zudem stark von den Strukturen Apples geprägt und der Abgang Jobs’ werde lange keine Auswirkungen auf das Produktportfolio, dessen Qualität und Wettbewerbsfähigkeit haben, falls überhaupt.

Etwas skeptischer zeigt sich jedoch der Forrester-Kollege Josh Benoff, der bei Steve Jobs außergewöhnliche Fähigkeiten in mehreren Feldern vereint sieht: Strategische Vision, Timing, Kontrolle der Lieferkette, Produkt-Design und Mut.

James Post, Professor an der Boston University School of Management, teilt den Optimismus der Analysten nicht: "Cook ist sehr talentiert. Aber er hat nicht den Geist der Innovation von Jobs - das liegt nicht in seien Genen." Post zweifelt auch daran, dass Jobs Strukturen geschaffen habe, die sein Wirken als CEO langfristig überlebten. Ohne Jobs und seien charismatischen Führungsstil, der seine Mitarbeiter dazu anregte, über den Tellerrand zu denken, müsse man sich fragen, wie lange Apple in der Lage sein werde, Markttrends zu setzen. "Visionäre sind leicht zu finden, aber Visionäre, die ihre Visionen vom Konzept bis zur realen Umsetzung für den Massenmarkt führen, sind in der Tat rar," fürchtet Post. Für Probleme nach dem Ausscheiden des Gründer findet Post Beispiele in der Vergangenheit: Disney, Ford und Dell seien danach in Schwierigkeiten geraten, die sich erst nach teils langer Zeit lösen ließen. Immerhin sieht Post für Apple eine transparentere Zukunft. Die Geheimniskrämerei des Konzern sei ein Ausdruck von Jobs Paranoia und Persönlichkeit, meint der Wirtschaftswissenschaftler. (Macwelt / haf)

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