Wegen mangelnder Bandbreite nur Tools bis 20 MB geeignet

29.04.1999

MÜNCHEN: Noch ist Software-Verkauf im Web ein zähes Geschäft. Und das obwohl Software nach Büchern das meistgekaufte Produkt im Internet ist."Die Nachfrage nach elektronischem Software-Vertrieb kann in Deutschland nicht gerade als Boom bezeichnet werden." Michael Gänsler, Geschäftsführer bei Media Touch, weiß, wovon er spricht. Schließlich betreibt seine Firma die Site www.eshop.de und ist eigenen Angaben zufolge mit über 130.000 Softwareprodukten "der größte deutsche ESD-Anbieter". Mitbewerber sieht er vor allem in der Karlsruher Asknet und der Somm. com GmbH in München, besser bekannt unter www.compunity.com.

Wie alle anderen Online-Anbieter geht Gänsler davon aus, daß die zunehmende Zahl der Internet-Nutzer und der ISDN-Anschlüsse den Online-Softwareverkauf vorantreiben wird. "Viele Privatuser besorgen sich jetzt schon Treiber oder Updates übers Internet", macht er klar und hofft, daß die Prognosen der Marktforscher bald Wirklichkeit werden. 5,9 Milliarden Dollar Umsatz prophezeit beispielsweise das Marktforschungsunternehmen International Data Corporation (IDC) dem Markt für elektronische Softwaredistribution (ESD) im Jahr 2001.

Auch wenn sich die Nachfrage in Grenzen hält, die Zahl der Anbieter wächst kontinuierlich. Zur Cebit hat die Oberkircher Softline AG ihr ESD-Projekt vorgestellt. "Instant Software" soll jetzt als Marke etabliert werden. Das Unternehmen berichtet, daß das Angebot von Endkunden und Händlern gerne angenommen wird. Umsatzzahlen oder wieviele Bestellungen übers Netz laufen, möchte der Software-Händler allerdings nicht nach außen tragen.

Gute Erfahrung mit www.software store.de macht Eric Kaiser. Der Geschäftsführer von Robin & Eric Kaiser GbR stellt fest, daß sich der Software-Shop im Internet sehr gut eignet, um Geschäfte anzubahnen. "50 bis 70 Prozent der Neukunden gewinnen wir übers Web." Jedoch: Die Verkaufsabwicklung erfolgt dann doch auf dem traditionellen Weg.

Von den USA nach Deutschland

Die ersten Großhändler mit Fokus auf elektronischem Softwarevertrieb entstanden im amerikanischen Markt. International agieren zum Beispiel die Firmen Cybersource in San Jose und Digital River, Inc. in Eden Prairie, Minnesota. Beide Unternehmen haben eine europäische Niederlassung in London.

Die deutsche Microbasic GmbH in Weißenfeld grenzt sich gegen diesen Mitbewerb so ab: "Unser System ist ausschließlich auf den deutschen Markt gemünzt. 70 Prozent der Kunden fragen bereits nach elektronischem Softwarevertrieb", erklärt Bernd Drescher, Sales-Manager Channel bei Microbasic. Der Disti bietet den Wiederverkäufern an, einen Link vom eigenen Server zur Homepage des Händlers zu legen, damit die Endkunden von dort die Software herunterladen können. Als Vorteile für die Partner zählt Microbasic auf: keine Investitions-kosten, keine Lagerhaltung, breites Produktangebot ohne Risiko, kein Aufwand für Verpackung und Versand. Außerdem laufe das Geschäft automatisch ab.

So automatisch, wie sich der Distributor das vorstellt, läuft es aber keineswegs. Die psychologische Hemmschwelle ist bei vielen Kunden noch recht hoch, schließlich will man für sein Geld nach dem Kauf auch etwas in der Hand haben. "Vielen Anwendern reichen die Hilfe-Files nicht aus, sie bestehen unbedingt auf Handbücher", berichtet Mark Vitorovic, Geschäftsführer der Somm.com Deutschland GmbH. Sicherheitsaspekte bei der Bezahlung mit der Kreditkarte sind nach Angaben aller Anbieter kein Hindernis mehr.

Mangelnde Bandbreiten für den Datenfluß im Netz stellen die eigentliche Hürde dar. Die Angaben, ab welcher Größe Software-Produkte nicht mehr im Internet verschoben werden können, variieren zwischen 10 und 20 Megabyte. Dementsprechend fließen derzeit hauptsächlich kleinere Tools wie Utility-Programme durch den Online-Vertriebskanal. Doch auch in diesem Punkt blickt Gänsler optimistisch in die Zukunft: "Bandbreitenproblematik wird bald ein Fremdwort. Schauen Sie sich doch an, was die Computerbranche in den letzten fünf Jahren bezüglich Festplattenspeicherplatz erlebt hat." (is)

Software direkt aus dem Internet bietet die Softline AG seit der Cebit an.

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