Wenn es nur um Logistik geht, sind die Logistiker besser

24.02.2000
Ein Distributor, der sich nur auf eine Verbesserung seiner Logistikleistung konzentriert, wird trotzdem nicht so gut werden wie ein reiner Logistiker. Eine Meinungsäußerung von Martin Hiltmann*.

Eine der großen Tendenzen in der Distribution bei all den prominenten Elefanten ist zur Zeit ganz klar sichtbar: Die möglichst weitgehende Einbindung der Vertriebspartner in die Logistiksysteme, im Idealfall die direkte Buchung einer Bestellung in ein zentrales, vollautomatisches System, das auch die Lagerbestellungen beim Hersteller gleich selbst deponiert und die Lieferung nach vollautomatischer Bonitäts- und Plausibilitätsprüfung im paneuropäischen Zentrallager gleich selbst auslöst. Nur so kann die optimale Kosteneffizienz erreicht werden, nur so kann ein Distributor noch die eine oder andere Promille Marge als Preisvorteil weitergeben - alles möglichst schlank und "streamlined". So die Auffassung bei den großen Broadlinern.

Die Falle, die Sackgasse, in die alle laufen, die diese Strategie verfolgen, ist, dass selbst eine extrem schlanke Distribution, die sich im Wesentlichen auf Logistik beschränkt, eben immer noch fetter und teurer agiert als ein reines Logistikunternehmen, dass ein so gestaltetes Distributionsunternehmen immer noch mindestens etwa drei Prozent "kostet". Und dass der nächste Mitbewerber ganz eindeutig eben nicht ein anderer Distributor sein wird, sondern ein Logistiker, ein Carrier, eine DHL, UPS, UPD und so weiter. (Bezeichnenderweise ist - Gerüchten zufolge - ja der einzig ernst zu nehmende Kaufinteressent für Ingram die Firma UPS.) Denn im Idealfall löst der Händler heute schon den Beleg- und Lieferscheindruck im Zentrallager selbst aus - der könnte gleich bei DHL oder UPS stehen. Und auch die automatisierte Zahlung via Bankeinzug stellt derartige Unternehmen sicher vor keine unüberwindbaren Probleme.

Wir von Pronet meinen, das ist der falsche Weg. Wir sind fest überzeugt, dass auch in aller absehbaren Zukunft der qualifizierte - der qualifizierte - Fachhandel nicht nur Chancen hat, sondern zentrale Bedeutung haben wird. Wir erkennen an, dass Produkte, die supermarktregalfähig geworden sind oder über Tankstellen, Lebensmitteldiscounter und das Internet erfolgreich verkauft werden können, auch dort verkauft werden sollen. Ein Produkt, das der Konsument einfach mitnehmen kann, will er auch einfach mitnehmen, und jeder Marketier wäre schlecht beraten, es nicht an den entsprechenden POS zu bringen.

Aber in der Vorfront dieses Massen- und Commodity-Marktes ist ein kompetenter Kanal nicht wegzudenken, der plant, installiert, integriert, Services erbringt, wartet, und vor allem Dienst im weitesten Sinne - eistet (Leider haben wir den Platz noch nicht gefunden, an dem das Geld einfach zum Wegnehmen nur so herumliegt.).

Heute sind das für uns Themen wie Sprach-Daten-Konvergenz, die Integration der Telefonie in intelligente Netzwerke, der sichere und abgesicherte Zugriff auf Daten im Unternehmen und Ähnliches. Morgen werden es andere Themen sein, die zu neu und anspruchsvoll sind für viele, viele Kunden, die sie aber nutzen wollen. Und selbst im PC-Bereich können wir das abbilden - der einfache Desktop, der ist "durch", und bei Preisen irgendwo zwischen 800 und 1.000 Dollar auch nicht mehr lukrativ. Aber ebenso wie der nicht mehr in den "Fach"-Handel gehört und dort verschwinden wird, brauchen der Cluster-Server, die Ausfallssicherheit, das Desaster-Konzept, die schlichte Server- und Netzwerkplanung heute mehr Kompetenz denn je - Kompetenz, die jedenfalls die des typischen Anwenders, des Rechtsanwaltes, des mittelständischen Produktionsbetriebes weit übersteigt.

Und diese Kompetenz ist teuer. Aber die verdient auch Geld. Und auch der kleinere Händler kann sie nur schwer oder gar nicht aufbauen. Das ist unser Geschäftsmodell als Distributor: In unseren Kernbereichen dem Fachhändler alles an Kompetenz zur Verfügung zu stellen, was er braucht, um seinem Kunden eine gute Lösung verkaufen zu können, ihn partnerschaftlich bei der Realisierung zu unterstützen.

Das geht nicht? Das geht! Unser Erfolg und unser Wachstum zeigen das. Da ist nicht alles zum Jubeln, und es steckt enorm viel Zeit und Energie eines kleinen Teams dahinter. Und der Mut, sich auch rechtzeitig von Produkten und Märkten zu verabschieden. Aber - man möge mir die Plattheit nachsehen - "wir sind wirklich gut".

Wie sich das ausdrückt? Zum Beispiel im größten Marktanteil unter allen österreichischen Compaq-Distributoren, mit deutlichem Abstand zu Mitbewerbern wie Computer 2000, Ingram und so weiter. Zum Beispiel in repräsentativen (verdeckten) Umfragen unter unseren Kunden zur Zufriedenheit mit uns, und 98 Prozent Bewertungen mit "sehr gut". Zum Beispiel in einer sich dynamisch verändernden Produktpalette von immer nur rund zehn bis zwölf Herstellern. Zum Beispiel in drei voll ausgebildeten ACTs (Accredited Compaq Technicians) im Vertriebsinnendienst. Und - was am allerschönsten für uns ist - in den Gesprächen mit unseren Fachhändlern, in denen diese ihre Unternehmensstrategie an der unseren ausrichten, weil sie das Vertrauen in Pronet als Distributor haben, und davon ausgehen, mit uns jedenfalls erfolgreich sein zu können, "egal", was wir ihnen anbieten (werden).

Nebenbei ist unser Eigentümer ertrags- und nicht umsatzorientiert, und wir konnten bereits im zweiten ganzen Geschäftsjahr operativ positiv bilanzieren.

www.pronet.at

*Martin Hiltmann ist Marketing-Direktor beim österreichischen Distributor Pronet Handels-GmbH in Wien.

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