520-Millionen-Dollar-Deal mit Kodak

09.10.1998

MÜNCHEN: Nach mehr als dürftigen Geschäftsergebnissen in den ersten zwei Quartalen dieses Jahres befindet sich das US-Unternehmen Imation weiterhin in der Restrukturierungsphase. Vor zwei Jahren als eigenständiges Unternehmen aus dem 3M-Konzern ausgegliedert ist der Anbieter von Datenspeicher- und Imaging-Produkten seither damitbeschäftigt, sein Produkt- und Angebotsportfolio zu organisieren. Erschließung neuer Geschäftsfelder basierend auf den vorhandenen Kernkompetenzen lautet mehr denn je das Gebot der Stunde. Das notwendige Kapital soll jetzt der Verkauf des Geschäftsbereiches Medical Imaging an Kodak liefern.

Mit kräftigen Umsatz- und Gewinneinbrüchen begann für Imation das Jahr 1998. Während der Gesamtumsatz in den ersten drei Monaten im Vergleich zum Vorjahresquartal um 5,2 Prozent auf 519,4 Millionen Dollar zurückging, sank der Nettogewinn von zwölf Millionen auf zwei Millionen Dollar. Ein ähnliches Bild bot sich im zweiten Quartal. Zwar lag der Nettogewinn mit 4,8 Millionen Dollar knapp über dem des Vorjahres (4,4 Millionen Dollar), allerdings setzte sich der Rückgang beim Gesamtumsatz fort. Mit 517,1 Millionen Dollar lag er gar um 6,7 Prozent unter Vorjahresniveau.

"Trotz Schwierigkeiten haben wir uns im zweiten Quartal gesteigert und unser gestecktes Ziel einer schrittweisen Verbesserung erreicht", kommentierte Bill Monahan, Chairman und Chief Executive Officer (CEO) der Imation Corporation, das letzte Quartalsergebnis. Während er auf dem amerikanischen Markt, nicht zuletzt bedingt durch konsequente Kosteneinsparungen, erste substantielle Verbesserungen erkennt, ist das Europa-Geschäft nach seinen Worten weiterhin schwach. Deutlich hinter den Erwartungen blieb bisher ebenfalls der Umsatz mit Superdisk-Produkten. Eine breite Akzeptanz des als Floppy-Nachfolger positionierten Gerätes läßt trotz aggressiver Investitionen vorerst weiterhin auf sich warten.

Den Großteil des Umsatzes erwirtschaftete Imation im Bereich Speichermedien, wo man nach eigenen Angaben mittlerweile zum Platzhirsch bei Markenprodukten aufgestiegen ist. Disketten gehören ebenso zum Angebotsspektrum von aktuell etwa 10.000 verschiedenen Produkten wie Magnetbänder für unterschiedlichste Bandtechnologien.

"Unser vorrangiges Ziel ist es, uns von einem produktorientierten Anbieter zu einem kunden- und lösungsorientierten Unternehmen zu entwickeln", beschreibt Monahan die Eckpfeiler seiner Firmenstrategie. Als Voraussetzung für ein kontinuierliches und langfristiges Unternehmenswachstum betrachtet er neben Rationalisierungsmaßnahmen eine klare Fokussierung auf die Kernkompetenzen, die Bildung von strategischen Allianzen und die gezielte Akquisition von Fremdfirmen.

Das für diese Übernahmen benötigte Kapital, soll jetzt der Verkauf des Geschäftsbereiches Medical Imaging an Kodak liefern. Nachdem Anfang August entsprechende Verträge mit Kodak unterzeichnet wurden, wird der 520-Millionen-Dollar-Deal - die Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden vorausgesetzt - im Frühjahr 1999 über die Bühne gehen. Ein Teil der danach prall gefüllten Kriegskasse könnte nach Aussage von Christian Zins, Unternehmenssprecher der Imation Deutschland GmbH, möglicherweise in die Akquisition von geeigneten Softwareunternehmen fließen.

Zuwachs bei Digital Asset Management

Bereits 1996 wurde mit Luminous eine Softwarefirma mit Tätigkeitsschwerpunkt in den Bereichen Pre-Press und Workflow-Software übernommen. Ein Jahr später stand mit Imaginet, dem heutigen Imation Internet Studio, ein Internet-Service-Unternehmen auf der Einkaufsliste.

Als erstes produktives Ergebnis dieser Übernahmen präsentierte Imation im Juni dieses Jahres mit dem "Media Manager 1.5" eine offene Dokumentenmanagement-Software mit integrierter Web-Schnittstelle. Die Software wendet sich an Anwender aus den Bereichen Publishing, Web-Gestaltung und Multimedia. Eine Besonderheit stellt die Schnittstelle zum World Wide Web dar. Sie ermöglicht Benutzern Funktionen wie eine Online-Dokumentensuche, Down- und Uploads von Dateien, automatische E-Mail-Benachrichtigung sowie die Sicherung des Zugangs zu Dateien und deren Administration.

"Wir haben die traditionelle Definition der Dokumentenverwaltung dahingehend erweitert, daß sie neben der reinen Organisation von Daten jetzt auch eine echte Workgroup-Integration umfaßt", erklärt Thomas Igla, Verkaufsleiter der Imation Publishing Software Corporation. "Media Asset Management" lautet seinen Angaben nach das Schlagwort, unter dem diese Kategorie von Software einzuordnen ist. Der neue Begriff beinhaltet einerseits die Verarbeitung von Dateien in unterschiedlichen Formaten, wie beispielsweise von Grafiken, Bilddateien, Film- und Tonsequenzen, Textdokumenten etc., andererseits aber auch die Verwaltung jener Speichermedien, auf denen sich diese Dateien befinden. Hier ergibt sich ein direkter Link zu den Kernkompetenzen von Imation. Zu den erwähnten Speichermedien zählen neben Festplatten jegliche Art von magnetischen und optischen Wechselmedien, die in immer stärkerem Maße auch in Jukeboxen oder komplexen Tape-Libraries zum Einsatz kommen.

Eine Bestätigung für ihr Engagement finden die Imation-Verantwortlichen bei den Analysten. Gistics, ein amerikanisches Marktforschungsinstitut, prognostiziert enorme Zuwachsraten im Markt für Digital-Asset-Management-Hardware, -Software und

-Dienstleistungen. Nach den Vorhersagen soll der weltweite Umsatz mit Digital-Asset-Management-Produkten von 275 Millionen Dollar im Jahr 1996 auf mehr als 3,2 Milliarden Dollar im Jahr 2001 ansteigen.

Endlich Durchbruch bei der Superdisk?

Ähnlich positiv beurteilen die Marktforscher der International Data Corporation (IDC) die generelle Entwicklung im Bereich Massenspeicher. Nach ihren Vorhersagen wird der Speicherbedarf bis zum Jahr 2001 eine Steierungsrate von jährlich etwa 80 Prozent aufweisen. Umgerechnet auf das zu erwartende Umsatzwachstum der Anbieter entspricht das immerhin noch einem Anstieg von jährlich 20 Prozent.

Eine nicht unwesentliche Rolle werden nach Ansicht von Experten dabei preiswerte magnetische Wechselmedien spielen. Mit nicht weniger als vier Milliarden verkaufter 1,44-MB-Disketten rechnen Marktforscher beispielsweise allein für das Jahr 1998. Während Mitkonkurrent Iomega mit seinem ZIP-Laufwerk erfolgreich einen Teil des vorhandenen Marktpotentials erschließen konnte, nahmen sich die Erfolge der von Imation geförderten 120-MB-Superdisk, wie bereits erwähnt, eher bescheiden aus. Das soll sich jetzt ändern.

Nachdem OEM-Verträge mit namhaften PC-Herstellern bisher nicht über den Status von unverbindlichen Absichtserklärungen hinauskamen, versucht das Superdisk-Konglomerat jetzt den Markteinstieg durch die Hintertür: Der mit enormen Marketingaufwand kürzlich präsentierte neue Apple-Rechner "iMac" soll sich als Zugpferd für eine breite Marktakzeptanz der Superdisk erweisen.

Während der MacWorld Expo in New York hat Imation die Lieferung eines neuen externen 120-MB-Superdisk-Laufwerkes für den USB-Port (Universal Serial Bus) bekanntgegeben. Das gemeinsam von Imation und Panasonic entwickelte Laufwerk wird seit Mitte August in den USA ausgeliefert.

Durch den USB-Port soll nach Vorstellung der Imation-Verantwortlichen die Superdisk-Technologie nicht nur in der Welt der Mac-Rechner, sondern mittelfristig auch in der PC-Welt an Bedeutung gewinnen. Gestützt wird diese Annahme durch jüngste Untersuchungen von Dataquest, in denen bereits für das Jahr 2001 eine 100-prozentige Ausstattung aller neugelieferten PCs mit der USB-Technologie prognostiziert wird. Weltweit wären dann rund 300 Millionen PCs mit USB-Port im Einsatz. Nach den Gesetzen der freien Marktwirtschaft ist kaum damit zu rechnen, daß bei einem durchgreifenden Erfolg der USB-Schnittstelle Wettbewerber wie Iomega oder Sony Imation das Feld kampflos überlassen. Wechselspeicher-Anbieter Syquest hat bereits reagiert. Das Unternehmen hat angekündigt, sein "SparQ"-Laufwerk ab Oktober mit einer USB-Schnittstelle auf den Markt zu bringen. (sd)

Apple als Entwicklungshelfer für den PC-Markt? Die externe Superdisk

mit USB-Schnittstelle soll dem propagierten Floppy-Nachfolger endlich zum Durchbruch verhelfen.

Bill Monahan, Chairman der Imation Corporation.

Die Übernahme des Bereichs Medical Imaging durch Kodak bringt nicht nur Geld in die Kasse, sie senkt auch die Personalkosten. Durch die

Akquisition wechseln 1.600 der bisher 9.500 Imation-Mitarbeiter zu Kodak.

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