Abschied von Digitalkameras und DTP-Scannern

12.06.2001
Durch die Konjunkturflaute schwer in Mitleidenschaft gezogen, steigt die Agfa-Gevaert-Gruppe aus dem Geschäft mit Digitalkameras und DTP-Scannern aus und will sich in Zukunft wieder stärker auf ihre Kernkompetenzen zurückbesinnen.

Angekündigt hatte es Ludo Verhoeven, CEO von Agfa-Gevaert, schon im Sommer. Jetzt ist es nach einem deftigen Gewinneinbruch in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres offiziell: Zum Jahresende 2001 zieht sich Agfa aus dem Markt für Digitalkameras und DTP-Scanner zurück, was auch das Aus für die Consumer-Scanner bedeutet. Produziert wurden die Geräte ohnehin nicht bei Agfa selbst, sondern von den OEM-Partnern Acer und Microtek in Taiwan eingekauft. Support und Service einschließlich Hotline und Leistungen im Rahmen der Garantiefristen sollen dennoch aufrecht erhalten werden. Dies gelte natürlich auch für Geräte, die nach dem 1. Januar 2002 gekauft werden.

Rentabilität unbefriedigend

Als Grund für den Ausstieg aus dem Segment nannte Verhoeven neben der unbefriedigenden Rentabilität der beiden Produktlinien auch die nur geringen Synergien mit den Kernaktivitäten von Agfa, auf die man sich nun wieder stärker konzentrieren wolle. Und die lägen im Bereich Consumer Imaging nun mal bei Filmen und Fotopapieren sowie den analogen und digitalen Laborgeräten einschließlich der damit verbundenen Internetservices. Unberührt von der Maßnahme bleibt das Geschäft mit Agfa-Inkjet-Papier, Highend-Scannern für den grafischen Markt sowie Scannern für Dokumentensysteme.

In diesem Jahr ist Agfa-Gaevert mit dem Geschäftsverlauf in den ersten neun Monaten gar nicht zufrieden. Der Umsatz ist gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 8,1 Prozent auf knapp 3,67 Milliarden Euro geschrumpft. Das Vorsteuerergebnis ist sogar um 86,5 Prozent von 192 auf 26 Millionen Euro eingebrochen. Und beim Konzerngewinn ergab sich ein Minus von sieben Millionen Euro nach einem Plus von 119 Millionen Euro im Vorjahr.

Besonders stark unter der sich abschwächenden Konjunktur in Europa und Amerika zu leiden hatten die Bereiche Consumer Imaging mit einem Ebit-Ergebnisrückgang von 92,7 auf 3,9 Millionen Euro und Grafische Systeme mit einem Ebit-Minus von 39 Prozent. Im Bereich Technical Imaging einschließlich Healthcare und Non-Destructive Testing (NDT) konnte das Unternehmen zwar ein Umsatzplus von sieben Prozent verzeichnen, unterm Strich ist der Ebit-Ertrag aufgrund erhöhter Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie gestiegener Produktions- und Verkaufskosten aber um 28,7 Prozent eingebrochen.

Im Geschäftsbereich Digital Imaging lag der Umsatz in den ersten neun Monaten mit 933 Millionen Euro um 18,6 Prozent unter Vorjahresniveau, wobei das Geschäftsfeld Consumer Digital Imaging (CDI) mit den Produktlinien Digitalkameras und Scanner sogar um 40 Prozent einbrach. Dies ist genau der Ballast, von dem Agfa-Gevaert sich nun befreien will.

Keine große Lücke

Für Anton Lauber, Product Line Director Printer und Scanner bei Ingram Macrotron, ist die Entscheidung von Agfa bei einem Marktanteil von etwa 15 Prozent "nicht ganz verständlich". Eine überproportional deutliche Verschlechterung der Agfa-Umsätze sei in seinem Bereich auch nicht zu erkennen. Dass durch den Ausstieg Agfas eine Riesenlücke entsteht, glaubt Lauber aber nicht. "Wenn, dann wird die durch die anderen Mitspieler schnell wieder aufgefüllt."

Peter Stengel, Deutschland-Geschäftsführer des taiwanischen Herstellers Microtek, der für Agfa unter anderem die "Duoscan"-Geräte produzierte, weiß auch schon, wer diese Lücke im Wesentlichen ausfüllen wird: "Der Ausstieg Agfas ist eine große Chance für uns, die wir auch schon genutzt haben. Denn es ist uns gelungen, europaweit mit fast allen großen Agfa-Kunden ins Gespräch zu kommen, und wir haben auch schon zahlreiche Verträge abgeschlossen."

Zur Verbesserung der eigenen Ertragskraft hat Agfa-Gevaert derweil den "Horizon-Plan" eingeführt. Hiermit seien Restrukturierungskosten von schätzungsweise 550 Millionen Euro verbunden, die sich nach einem erwarteten Nettoverlust für das laufende Geschäftsjahr aufgrund jährlicher Spareffekte von ebenfalls 550 Millionen Euro aber schon bald amortisieren sollen.

www.agfa.de

www.macrotron.de

ComputerPartner-Meinung:

Der Ausstieg aus einem Bereich, der wenig Gewinn abwirft oder sogar ein Minus erwirtschaftet, ist verständlich. Fehler kommen in der besten Familie vor, und aus Fehlern kann man bekanntlich lernen. Die Frage ist allerdings, ob das Unternehmen nicht besser daran getan hätte, bereits früher die Notbremse zu ziehen statt der lieben Marktanteile willen immer aggressiver in das Consumer-Segment einzudringen, um dann schließlich doch alles hinzuschmeißen. (kh)

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