Marktbeherrschende Position gegenüber Händlern ausgenutzt

Alibaba wegen Wettbewerbsverstößen zu Rekordstrafe verurteilt

12.04.2021
Das Unternehmen habe seine marktbeherrschende Position ausgenutzt, um Händler zu zwingen, ihre Waren exklusiv über Alibaba anzubieten, begründete die chinesische Marktaufsicht (SAMR) ihre Entscheidung. Es ist bislang die höchste Strafe der chinesischen Kartellbehörden gegen einen Internet-Konzern.
Nach Jahren ungebremsten Wachtums und ungehemmter Expansion bekommt Alibaba in China zunehmend Gegenwind von den Behörden.
Nach Jahren ungebremsten Wachtums und ungehemmter Expansion bekommt Alibaba in China zunehmend Gegenwind von den Behörden.
Foto: Alibaba

In einem neuen Schlag gegen Alibaba-Gründer Jack Ma haben Chinas Wettbewerbshüter eine Rekordstrafe in Höhe von 18 Milliarden Yuan (2,3 Milliarden Euro) gegen die weltgrößte Online-Handelsplattform verhängt. Der Internetriese habe seine marktbeherrschende Position ausgenutzt, um Händler zu zwingen, ihre Waren exklusiv über Alibaba anzubieten, begründete die Marktaufsicht (SAMR) am Samstag. Es ist die bislang höchste Strafe der chinesischen Kartellbehörden gegen einen Internet-Konzern.

Die verschärfte Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden wirft neue Fragen über die Zukunft Alibabas und seines Gründers Ma auf, der seit Herbst nur noch selten in der Öffentlichkeit gesehen worden ist. Der freimütige Multimilliardär hatte damals offenbar den Unmut höherer Stellen auf sich gezogen, als er die chinesische Finanzaufsicht kritisierte und ihr vorwarf, Innovation zu behindern.

"Weckruf" für Alibaba

Wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht wurde die Geldbuße mit vier Prozent des Umsatzes von 2019 in Höhe von 455 Milliarden Yuan festgelegt. Alibaba teilte mit, die Bestrafung "aufrichtig annehmen" und die neuen behördlichen Auflagen entschieden umsetzen zu wollen. Der Konzern sprach von einem "Weckruf". "Es ist ein neuer Startpunkt für uns." Die Wettbewerbshüter kritisierten vor allem das Vorgehen von Alibaba, Händler zu bestrafen, wenn sie ihre Waren über Online-Shops bei konkurrierenden Plattformen anbieten wollten.

Die Praxis wurde "er xuan yi", übersetzt "wähle eine von zweien", genannt. Damit "beseitigt oder behindert" Alibaba den Wettbewerb, argumentierte die Marktaufsicht. Es beeinträchtige die Innovation und Entwicklung der Plattformen. Die Rechte und Interessen der Verbraucher würden geschädigt, hieß es weiter. Vor rund zehn Jahren geriet Amazon wegen einer vergleichbaren Strategie in die Kritik. Mit dem "Preisparität" genannten Vorgehen verpflichtete der US-Konzern damals Händler, ihre Waren nirgends günstiger anzubieten als auf seiner Plattform. In Deutschland wurde das deshalb vom Bundeskartellamt aufgenommene Verfahren 2013 eingestellt, nachdem Amazon diese Praxis aufgegeben hatte.

Alibaba an vielen Fronten unter Druck

Die ungewöhnlich hohe Strafe gegen Alibaba ist ein weiterer Schlag gegen den weit verzweigten Konzern, der seine Aktivitäten vom Online-Handel über Finanzdienste bis in Bereiche wie Logistik, Unterhaltung und Touristik ausgeweitet hat. Seit der einflussreiche Gründer Ma im Herbst bei der Regierung in Ungnade gefallen war, gerät das Unternehmen aber zunehmend unter Druck.

Anfang November stoppten die Behörden kurzfristig das geplante Doppellisting der Alibaba-Finanztochter Ant Group an den Börsen in Hongkong und Shanghai mit Verweis auf neue Regeln. Es hätte mit umgerechnet 29 Milliarden Euro der bisher größte Börsengang weltweit werden können. Dann geriet auch die vor allem in China für ihre Online-Marktplätze Tmall und Taobao bekannte Handelsplattform in den Fokus, als im Dezember Ermittlungen wegen unterstellter Monopolverstöße begannen.

Experten bezeichnen die Rekordstrafe gegen Alibaba allerdings als "relativ moderat", da das Gesetz auch eine höhere Geldbuße erlaubt hätte. Die "Global Times", die vom kommunistischen Parteiorgan "Volkszeitung" herausgegeben wird, hob am Sonntag hervor, dass die 18 Milliarden Yuan rund 40 Prozent des Netto-Gewinns im ersten Quartal dieses Jahres ausmachten. Allerdings verheißt die verschärfte Kontrolle aus Expertensicht nichts Gutes für das Unternehmen.

Das Wirtschaftsmagazin "Caixin" sprach von einem "seismischen Moment" in den Bemühungen der Regierung, "gegen das monopolistische Verhalten von Online-Plattformen vorzugehen". In einem Kommentar der "Volkszeitung" hieß es, die hohe Strafe sei eine "wirksame" Maßnahme. "Die Haltung der Regierung, Online-Plattformen zu unterstützen, hat sich nicht geändert - aber der Fokus richtet sich sowohl auf Entwicklung als auch Regulierung." (dpa/pma)

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