Alles unter einem Dach oder aus einer Branche

15.03.2001
Der sechste Teil unserer Serie "Private Altersvorsorge" beleuchtet einige Spezialformen unter den Fonds wie Dach- oder Branchenfonds.

Dachfonds, Branchenfonds und Länderfonds erfreuen sich bei den Anlegern besonderer Beliebtheit, Themenfonds, Index- und Garantiefonds sind dagegen weniger gefragt. Bei den Branchen sind die Themen Biotechnologie und Technologie die Renner. Dachfonds eignen sich besonders gut für die Altersvorsorge. Sie gelten als die "Vermögensverwaltung des kleinen Mannes".

Cornfields Geldvernichtung ist vergessen

Die Geldvernichtung, die Bernie Cornfield in den siebziger Jahren mit seinem IOS-Fonds betrieb, ist in Deutschland vergessen. Die neuen Dachfonds feiern Triumphe. Nahezu jede fünfte Mark, für die im Jahr 2000 Anleger Aktienfonds erwarben, floss in jene Fonds, die wiederum in andere Fonds investieren.

Nicht weniger als 94 Dachfonds wurden im vergangenen Jahr neu aufgelegt. Die insgesamt mehr als 160 Fonds dieser Art verwalten inzwischen ein Vermögen von rund 21 Milliarden Euro. "Damit haben die Anleger dieses Konzept auf Anhieb angenommen", kommentiert Horst Zirener, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Deutscher Investment-Gesellschaften (BVI), diese Entwicklung. Er verzeichnet auch bei der Deka, die er führt, eine rege Nachfrage nach Dachfonds. Der entsprechende Fonds der Sparkassen-Gruppe heißt Deka Struktur und hat im vergangenen Jahr über die Hälfte aller Anlegergelder, die in Dachfonds geflossen sind, eingesammelt.

Dachfonds sind erst seit April 1998 wieder in Deutschland erlaubt. Das Dritte Gesetz zur Förderung des Finanzmarktes hat den Weg frei gemacht. Mit dem Cornfield-Konzept, das dieser Idee großen Schaden zufügte, haben heutige Dachfonds nichts mehr zu tun. Sie müssen mit einem eng gezogenen rechtlichen Rahmen leben und stehen unter Aufsicht. Hier einige der wichtigsten Regeln für das Fonds-Management:

- Ein Dachfonds darf die Gelder seiner Anleger in alle in Deutschland zugelassenen Investmentfonds investieren.

- Um das Vermögen ausreichend zu streuen und das Risiko einzuschränken, dürfen nicht mehr als 20 Prozent der Mittel in einen einzelnen Unterfonds fließen. Das heißt, dass zu einem Dachfonds mindestens fünf Unterfonds gehören. In der Regel sind es mehr.

- Ein Dachfonds darf maximal nur zehn Prozent der Anteile eines Unterfonds halten.

- Wenn die Unterfonds aus dem eigenen Konzern stammen, dürfen Investmentgebühren nicht mehrfach erhoben werden.

Auch bei den Dachfonds hat der Anleger die Qual der Wahl. Er muss sich - je nach seiner Risikoneigung - für die Alternativen Sicherheit, Wachstum und Chance entscheiden. Das kann er über die Auswahl eines Dachfonds mit einem größeren oder kleineren Aktienanteil erreichen. Union Investment kennt sogar die vier Varianten Konservativ, Ausgewogen, Dynamisch und Offensiv. Konservativ heißt nach Angaben von Manfred Mathes, Sprecher der Geschäftsführung, "drei Viertel Rentenfonds und ein Viertel Aktienfonds. Dagegen setzt das offensive Modell voll auf Aktienfonds".

Auch bei Dachfonds die Qual der Wahl

Der Anleger muss ferner die Wahl zwischen Fonds treffen, die nur in Unterfonds aus dem eigenen Konzernbereich investieren, und solchen, die das Geld der Anleger in die besten fremden Fonds stecken. Zu der ersten Gruppe gehören sowohl der Deka Struktur-Fonds als auch die Unistrategie-Dachfonds von Union. Die DWS investiert dagegen stärker in fremde als in eigene Fonds. Und die Adig, die Fondsgesellschaft der Commerzbank, dokumentiert bereits mit dem Namen ihres neuen Dachfonds "Adig Best-in-One World", dass sie die besten Aktienfonds weltweit auswählen will. Dr. Jörg Brock, Leiter der Wertpapierstrategie bei der Commerzbank in Frankfurt, erläutert das Konzept dieses Fonds: "Mit einer einzigen Anlageentscheidung steht dem Kunden damit der gesamte internationale Aktienmarkt offen, verbunden mit der Chance auf einen sehr attraktiven Wertzuwachs."

Freilich muss in diesem Fall der Anleger in der Regel höhere Gebühren in Kauf nehmen, weil hier die Ausgabe- und Rücknahmeaufschläge sowie die Verwaltungsvergütungen der Unterfonds weitergegeben werden dürfen. Brock weist allerdings darauf hin, dass die Adig als institutioneller Anleger keine Ausgabeaufschläge an die Unterfonds zu zahlen hat.

Schließlich kann sich der Anleger auch für sehr spezielle Dachfonds entscheiden, die regional oder branchenorientiert sind. Es gibt sogar solche Fonds, bei denen Steueroptimierung im Mittelpunkt steht. Die Marktforscher von Feri Trust haben die Wertentwicklung von Dachfonds im Vergleich zu normalen Aktienfonds untersucht. Besonders ein Ergebnis ist wichtig: Dachfonds können sich genauso wie andere Fonds nicht von der Entwicklung an der Börse abkoppeln. Aufgrund der breiten Streuung des Risikos - ein Einzelfonds hält vielleicht 100 verschiedene Aktien, ein Dachfonds mehr als 1.000 - sind die Ausschläge nach oben und unten geringer. Die stärkere Unempfindlichkeit der Dachfonds und der Einstieg schon mit bescheidenen Beträgen ab 100 Mark im Monat machen Dachfonds interessant - als fondsgebundene und professionelle "Vermögensverwaltung des kleinen Mannes".

Ganz vorn in der Gunst der Anleger stehen gegenwärtig auch Branchenfonds. Im Jahr 2000 kauften die Bundesbürger für 9,7 Milliarden Euro Biotechnologiefonds, für 8,4 Milliarden Technologiefonds und für 4,6 Milliarden Euro Internet-Fonds. Dazu kommen Branchenfonds für Pharma und Gesundheit, für Finanzwerte, Immobilien- und Goldminen-Aktien, Rohstoffe, Multimedia, Ökologie oder Logistik. In 130 Branchenfonds deutscher, luxemburgischer und anderer ausländischer Herkunft ruhen 44,8 Milliarden Euro Vermögen.

Während durch die Entwicklung an den Börsen bei Internet- und Technologiefonds im vergangenen Jahr in großem Umfang Vermögen vernichtet wurde, schnitten die Biotechnologiefonds, die Reits-Immobilienfonds, die in amerikanische Immobilien-Aktien investieren, sowie die Fonds für Finanzwerte und einige Rohstofffonds sehr gut ab.

Für Anleger, die sich längerfristig orientieren, sind allerdings andere Zahlen interessanter. Innerhalb von zehn Jahren, von Ende 1990 bis Ende 2000, stieg der Wert der Branchenfonds für Rohstoffe und Energie um durchschnittlich jährlich 6,6 Prozent. Die Fonds für ökologische Werte legten pro Jahr um knapp 14 Prozent zu, die Technologiefonds sogar um fast 22 Prozent.

Zur Entwicklung bei den Länder- und Regionenfonds meint Verbandssprecher Zirener: "Die mit der Einführung des Euro prognostizierte Abkehr von auf bestimmte Regionen ausgerichtete Fonds setzt sich fort. Die meisten Zuflüsse in diesem Segment verzeichneten Aktienfonds mit den Anlageschwerpunkten Nordamerika, Japan und Osteuropa."

Hier lagen die meisten Anleger im vergangenen Jahr völlig schief. Die Werte vieler Fonds in Nordamerika und Fernost stürzten ab. Gewinner waren die Fonds, die in Westeuropa, Frankreich, Italien und der Schweiz investiert haben.

Die Abgrenzung zwischen Branchen- und Themenfonds ist schwierig. Fonds, deren Schwerpunkt nicht eindeutig einer Branche zuzuordnen ist, gelten als Themenfonds. So versuchen etwa verschiedene Investmentgesellschaften, mit Fonds für Wasser-, Sport-, Freizeit- oder Ethikwerte oder für Produkte, die den Nachwuchs der Anleger, die "Young Generation", interessieren, neue Zielgruppen zu erschließen. Der Erfolg ist noch bescheiden. Auch macht es das Fehlen eines entsprechenden Index, einer Benchmark, sehr schwer, den Erfolg oder Misserfolg des Fonds-Managements nachzuvollziehen. Woran sollten etwa die rund 70 Prozent Plus im vergangenen Jahr bei dem Themenfonds Zürich Invest Life Science oder andererseits die nur 5,4 Prozent Wertzuwachs beim Fonds Unisector Lifestyle gemessen werden? Welcher Maßstab gilt für den Unisector Sport der Union Investment, und wie sind dessen magere 1,7 Prozent Gewinn im Jahr zu werten? Es gibt einige Gründe dafür, dass das Konzept der Themenfonds in der Investmentbranche nicht unumstritten ist.

Der Erfolg eines Investment-Managers wird gewöhnlich anhand eines Index gemessen, der das Fondsvermögen widerspiegelt, das er verwaltet. Oft gelingt es dem Management gar nicht, den Index zu schlagen.

Indexfonds könnte auch ein Computer verwalten

Warum dann nicht gleich einen Indexfonds kaufen?, fragen sich viele Anleger. Mit einem solchen Fonds ist sein Besitzer in guten wie in schlechten Zeiten voll an der Kursentwicklung an den Börsen beteiligt - allerdings nur, wenn der Fonds den Index auch voll abbildet. Dafür sind aber in Deutschland noch Grenzen gesetzt. So dürfen beispielsweise nur maximal zehn Prozent des Fondsvermögens in eine einzelne Aktie investiert werden. Was aber, wenn diese Aktie im Index mit 20 Prozent gewichtet ist? Der Management-Stil eines solchen Fonds ist passiv. Im Grunde könnte der Indexfonds auch von einem Computer verwaltet werden.

Garantiefonds sind Investmentfonds mit begrenztem Risiko. Sie kommen besonders in Zeiten mit starken Kursverlusten dem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis der Anleger entgegen. Die Fondsmanager erzielen dieses Ergebnis mit aufwändigen Absicherungsmethoden über Verkaufsoptionen und ein Teilinvestment in kurzfristige festverzinsliche Wertpapiere sowie Termingelder. Die Sicherheit kostet Geld. Deshalb beteiligen fast alle Garantiefonds ihre Anleger nur zu 50 bis 70 Prozent am Kursanstieg, der an einem Referenzindex gemessen wird. Besonders beliebt waren in der jüngeren Vergangenheit die so genannten Laufzeitfonds, die zusagen, dass der Anleger beim festgelegten Fälligkeitstermin zumindest das eingesetzte Kapital auf jeden Fall zu 100 Prozent zurückerstattet bekommt. (pw)

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