Analysten unisono: 2003 ist für Europa nur ein minimales Wachstum drin

27.03.2003
Nach dem deutschen Branchenhauptverband Bitkom sagt nun auch Marktforscher Gartner, dass bei den europäischen IT-Ausgaben nur marginale Zuwächse zu erwarten sind.

Zum Auftakt der Cebit in Hannover bestätigte der Bundesbranchenverband Bitkom seine Prognosen für 2003. "Wir dürfen mit einer schwarzen Null rechnen", wiederholte Bitkom-Präsident Volker Jung die Worte seines Vizes und HP-Deutschland-Chef Menno Harms (siehe ComputerPartner 11/03, Seite 26). Nicht mal 0,5 Prozent Wachstum von 132 auf 132,2 Milliarden Euro - mehr gibt er dem deutschen Markt nicht, während die europäischen IT-Ausgaben in diesem Jahr schon um zwei bis drei Prozent und 2004 um vier Prozent anziehen sollen.

Als Gründe für das unterdurchschnittliche Wachstum in Deutschland nennt Jung eine allgemein trübe Konjunkturlage, Haushaltssperren im öffentlichen Bereich und eine riesige Investitionslücke, die durch die mit mehr als 50 Milliarden Euro teuer erkauften UMTS-Lizenzen entstanden sind. Seine Forderung an die Politik lautet: "Weniger ist mehr. Weniger Bürokratie, weniger Steuern, weniger Abgaben, weniger arbeitsrechtliche Restriktionen, weniger Regulierung - einfach weniger Staat." Dazu kommt: ein klarerer Kurs.

Replacement wird fällig

Marktforscher Gartner kam auf seinem European Spring Symposium/ITxpo in Florenz bei einer Umfrage unter 420 Teilnehmern aus neun verschiedenen vertikalen Segmenten für das westeuropäische Investitionsklima zu der Aussage, dass die IT-Ausgaben in diesem Jahr nur "marginal wachsen" werden. Auch für 2004 seien keine allzu großen Sprünge zu erwarten.

Abgesehen davon, dass der Irak-Krieg alle Hoffnungen auf eine baldige Wiederbelebung der Weltkonjunktur begraben könnte, gibt es aber auch einige gute Gründe, für die IT-Branche etwas optimistischer in die nahe Zukunft zu blicken. Hatte der PC-Markt in den vergangenen drei Jahren darunter zu leiden, dass die meisten Unternehmen sich zum Millenniumswechsel beeilten, Neugeräte anzuschaffen, wird deren Wartung spätestens ab 2004 auf Dauer teurer als der Austausch.

Solange mehr produziert als gekauft wird, sind die Kunden in einer besseren Verhandlungsposition. Folglich werden die Preise weiter in den Keller rutschen und etliche Anbieter der Konsolidierung zum Opfer fallen. Ende 2003, Anfang 2004 wird das Kräfteverhältnis laut Gartner aber langsam umkippen. Egal ob die Nachfrage dann steigt oder nicht, die siegreich aus der Konsolidierung hervorgegangenen Hersteller würden wieder mehr Preissouveränität bekommen.

58 Prozent der Teilnehmer auf dem Gartner-Symposium in Florenz gehen jedoch nicht davon aus, dass ihre IT-Budgets steigen werden. Viele Unternehmen versuchen sogar, darunter zu bleiben und die frei werdenden Mittel anderweitig zu verwenden. Damit und mit dem notwendig werdenden Austausch von Alt-Hardware und -Software sind den CIOs (Chief Information Officers) aber auch die Hände gebunden, da sie dann kaum noch auf heimliche Reserven für Sonderausgaben zurückgreifen können.

Das Replacement-Geschäft wird den Analysten zufolge künftig auch durch das Thema Wireless angetrieben (siehe Kasten), das sich 2004 in den europäischen Unternehmen etablieren wird. Ein wichtiger Motor für diese Entwicklung wird laut Gartner der Trend zum Realtime Enterprise mit Instant Messaging als Schlüsselapplikation sein. Auch Linux und Microsoft erreichen langsam den Reifegrad für unternehmensweite Anwendungen. Kamen diese Betriebssysteme in der Serverlandschaft der Unternehmen nur in der Peripherie (Edge) zum Einsatz, rücken sie zunehmend auch in die Kernanwendungen (Core). Damit wird laut Gartner aber auch ein neuer Preiskampf brennen, dessen Glut anders als bei PC-Hardware nicht so bald zu löschen ist.

Ein anderes Thema, das in letzter Zeit wie die Ankündigung der zwölf Apostel immer wieder von sich reden macht, sind Web-Services, von vielen fälschlicherweise auch mit Internet-Services verwechselt. Tatsächlich handelt es sich bei dem etwas irreführenden Begriff um eine serviceorientierte Web-Architektur, über welche die verschiedensten Anwendungen gleichzeitig laufen können. Während manche Analysten wie die Meta Group Web-Services schon kurz vor dem Durchbruch sehen und rasche Erfolge versprechen, warnt Gartner vor allzu optimistischen Erwartungen. Web-Services werden erst frühestens 2004 Früchte tragen, so die Marktforscher.

Auch hinsichtlich einer raschen Wiederbelebung des Geschäfts mit IT-Services mahnt Gartner eher zur Vorsicht. Einerseits würden Themen wie die Prozessoptimierung dem Markt wieder ein wenig Auftrieb verleihen, andererseits werde der Trend zu langfris-tigen Outsourcing-Verträgen die zur Verfügung stehenden Budgets wiederum deckeln. Die besten Chancen unter diesen Marktbe-dingungen hätten Nischen- und industriefokussierte Anbieter, während die Generalisten unter den Service-Providern harten Zeiten entgegensehen würden.

www.bitkom.org

www.gartner.com

ComputerPartner-Meinung

Wer sich der Hoffnung hingab, dass sich die IT-Branche aus ihrer Misere bald wieder erholt, den werden die Prognosen von Gartner und Bitkom sicherlich enttäuschen. Sollte das Replacement-Geschäft bei PCs gegen Ende 2003 tatsächlich wieder anspringen, wäre das aber immerhin ein kleiner Lichtblick. Auch das Thema Wireless lässt hoffen. Doch wer hier nur Hardware zu bieten hat, wird auf Dauer wohl enttäuscht. Denn die Preise für entsprechende Adapter und Karten gehen bereits mächtig in den Keller. (kh)

Gartner: Wireless-Boom steht bevor

Nach Einschätzung des Marktforschungsinstituts Gartner steht der Wireless-Boom noch bevor. Die Marktforscher gehen von einer rasanten Zunahme von Benutzern in den nächsten Jahren aus und prognostizieren eine damit einhergehende radikale Veränderung im PC-Markt sowie im Arbeitsumfeld. Bis 2007 werden demnach in Europa bis zu 23 Millionen PC-User WLAN einsetzen, ohne dass UMTS verdrängt wird. Die Entstehung des "Echtzeit-Unternehmens" würde diese Technologien einfach notwendig machen, heißt es in einem Bericht des Unternehmens.

"Machen sie sich keine Sorgen um die Technologie", betont Gartners Vice President Nigel Deighton. "Wir haben genug, und sie arbeitet jetzt auch ganz gut. Worüber wir uns Sorgen machen müssen, ist, wie wir Mobilität in unsere Geschäftsmodelle in-

tegrieren." Auch die Sicherheitsproblematik bei WLAN sehen die Marktforscher durch einfache Maßnahmen so weit lösbar, dass sie einer weiteren Verbreitung der Technologie nicht mehr im Wege steht.

Einzig das Aufkommen unterschiedlicher Standards wie 802.11a und 802.11g, die noch nicht endgültig zertifiziert worden sind, stelle für die Wireless-Strategien von Unternehmen noch einen Unsicherheitsfaktor dar. Gartner vertritt den Standpunkt, dass die verschiedenen Technologien wie WLAN und 3G weiterhin nebeneinander existieren werden. Keine der verfügbaren Technologien könne alle Bedürfnisse der Wirtschaft abdecken. (mf)

www.gartner.de

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