Anbieter magneto-optischer Laufwerke glauben den Marktforschern nicht

03.06.1998

MÜNCHEN: Magneto-optische Laufwerke (MO) waren als Nischenprodukte bisher Außenseiter in der Gunst der Kunden. Durch koordiniertes Marketing im Rahmen des europäischen MO-Forums versuchen die einschlägigen Anbieter seit einiger Zeit diesen Zustand zu ändern. Entgegen den pessimistischen Prognosen der Marktforscher und trotz härter werdendem Wettbewerb durch neue Technologien will die vereinte Schar der MO-Produzenten jetzt erste Erfolge vermelden.Totgesagte leben länger", lautet eine altbekannte Redewendung. Vermutlich waren es die geradezu vernichtenden Prognosen der Marktforscher, die die Lebensgeister der MO-Industrie wiedererweckten. Die Liste möglicher Ursachen für die bisherige Mißerfolgsstory von MO ist lang. Vielleicht fehlten bei der Markteinführung vor mehr als 15 Jahren Anwendungen, um die Stärken dieser Technologie überhaupt sinnvoll zu nutzen. Vielleicht war der Preis der Produkte lange Zeit viel zu hoch und die MO-Technologie deshalb nur einem kleinen, elitären Kreis von Anwendern zugänglich. Vielleicht wurden auch potentielle Kunden in der Anfangsphase durch das Gerangel um einen einheitlichen MO-Aufzeichnungsstandard verunsichert. Die Aufzählung ließe sich quasi beliebig fortsetzen.

Zwei Standards sind besser als einer

Mißverständnisse abzubauen, Mißstände zu beseitigen und Verbraucher über magneto-optische Technologie aufzuklären, so lautet die Zielsetzung des vor zwei Jahren gegründeten MO-Forums, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Misere aus der Welt zu verbannen. In ihm finden sich Repräsentanten führender Laufwerkhersteller wie Sony, Fujitsu, Maxoptics, Nikon und Olympus sowie der Medienanbieter PDO Media, Verbatim, Maxell und Imation zusammen. Produktgruppen und Zielmärkte sind heute klar definiert, das koordinierte Marketing trägt die ersten Früchte.

"Genau wie letztes Jahr wird auch in diesem Jahr das Gros der Marktforscher seine Prognosen bezüglich magneto-optischer Produkte nach oben korrigieren müssen!" Hans Wiesel, Produkt-Marketing-Manager bei Olympus, ist sich da völlig sicher. Entgegen den Vorhersagen der Analysten, die für 1998 und 1999 rückläufige Zahlen prognostizieren, werden letztlich Zuwachsraten in der Größenordnung von 20 bis 25 Prozent bei MO-Produkten zu Buche stehen.

Eine korrekte Markteinschätzung scheiterte seinen Worten nach in der Vergangenheit an der Dynamik dieses Marktsegments.

Das Angebot an Wechselspeichern jeglicher Art ist in den letzten zwei Jahren nahezu explodiert. Ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen. Eine Vielzahl neuer Produkte wie CD-RW, PD, Zip, Jaz, Superdisk oder neuerdings DVD-RAM konkurrieren mit traditionellen Technologien wie Floppy, Bandlaufwerk und nicht zuletzt der magneto-optischen Platte.

Die Frage, welche Technologie eine andere ablösen wird und sich als Standard etabliert ist nach Meinung von Jürgen Pillmayer, Produktmanager für den Bereich Massenspeicher bei der Computer 2000 GmbH in München, müßig zu beantworten. "Die Tendenz ist, daß es keine universellen Nachfolger gibt. In vielen Bereichen werden in Zukunft mehrere Standards auch weiterhin nebeneinander existieren." Ähnlich fällt die Einschätzung von Dr. Stephan Becker von PDO Media in Wiesbaden aus. Trotz vieler neuer Technologien wie beispielsweise DVD-RAM betrachtet er die MO-Technologie zur Zeit - und in naher Zukunft - als die vielversprechendste Variante im Bereich der Sekundärspeicher. Was Leistungsfähigkeit, Sicherheit, Zuverlässigkeit, Grad der Innovation und letztlich auch Betriebskosten betrifft, hat die traditionelle MO-Technologie nach seiner Einschätzung deutliche Vorteile gegenüber den neuen Mitkonkurrenten.

Der MO-Markt ist zweigeteilt

Der Markt für magneto-optische Laufwerke ist inhomogen. Produktstrategien und Zielgruppen für 3,5-Zoll-MO-Laufwerke unterscheiden sich deutlich von denen im 5,25-Zoll-Bereich. Das haben auch die Laufwerkanbieter erkannt und ihre Entwicklungsressourcen fokussiert. Während Fujitsu und Olympus mit 3,5-Zoll-Produkten auf private und semiprofessionelle Anwender losgehen, suchen Sony, Nikon und Maxoptics mit 5,25-Zoll-Laufwerken ihr Heil im professionellen Bereich.

Daß der Preis der Schlüssel zum Erfolg im Consumer-Markt ist, ist keine neue Erkenntnis und hat sich bei 3,5-Zoll-MO-Laufwerken eindrucksvoll bestätigt. Seit Fujitsu im Oktober letzten Jahres, verbunden mit einer Marketingkampagne, die Preise erneut drastisch senkte, hat die Nachfrage kräftig angezogen. Daß der Nachfrageschub offensichtlich selbst die Initiatoren überrascht hat, stellt sogar Pillmayer fest: "Das größte Problem von 3,5-Zoll-MOs ist derzeit die Verfügbarkeit", weiß er zu berichten.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge steht Andrea Leidinger, zuständiger Produktmanager bei der Fujitsu Deutschland GmbH in München, der ungewohnten Situation gegenüber. Auf mehr als 10.000 Stück beziffert sie den derzeitigen Backlog. Als Ursache für die aktuellen Lieferprobleme nennt sie den Modellwechsel auf ein neues 640-Mbyte-Laufwerk. "Ab Anfang März ist der Engpaß überstanden. Das neue MCB 3064 ist ein wichtiger Schritt nach vorn. Die Leistungswerte konnten in einigen Bereichen um das Drei- bis Fünffache gesteigert werden", behauptet die Fujitsu-Managerin.

Nach ihrer Einschätzung wird sich das 640-Mbyte-Laufwerk mittelfristig als Massenprodukt im 3,5-Zoll-Format durchsetzen. Das 230-MByte-Laufwerk wird deshalb ab Mai nicht mehr im Fujitsu-Angebot auftauchen. Um Anwendern den Umstieg auf die 640-Mbyte-Technologie schmackhaft zu machen, plant das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt die Einführung einer preiswerten 640-Mbyte-Version. "Es wird nicht die exzellenten Leistungswerte des MCB 3064 haben, aber beim Preis ist einiges machbar", so Leidinger. Gleichzeitig arbeitet der Hersteller bereits an der nächsten Generation von 3,5-Zoll-Produkten, die eine Kapazität von 1,3 GByte aufweisen und bereits Ende des Jahres verfügbar sein sollen.

5,25-Zoll-MO-Laufwerke bleiben ein Nischenmarkt

Während sich Fujitsu de facto von der 230-Mbyte-Technologie verabschiedet hat, läuft bei Olympus derzeit eine Großoffensive in diesem Bereich. Gemeinsam mit PDO, die das Olympus PowerMO 230 unter dem Namen Pegasus anbieten, konfigurierte das Unternehmen anschlußfertige Retail-Kits, die vor allem über Kaufhäuser und Großflächenvermarkter vertrieben werden. Ein 640-Mbyte-Retail-Kit ist laut Olympus-Manager Wiesel bereits in Vorbereitung. Daß diese Art der Vermarktung für PC-Fachhandelskanäle nur bedingt geeignet ist, betrachtet er nicht als hinderlich. Als Unternehmen, mit Wurzeln im Fotomarkt, hat er den Kanal der Fotohändler in der Hinterhand. Analog zur steigenden Nachfrage bei Digitalkameras sieht er gute Möglichkeiten, die MO als Speichermedium für digitale Fotografie zu etablieren. Ein neues Produkt, das das direkte Überspielen der Bilddaten einer Digitalkamera auf die MO ermöglicht, wird auf der CeBIT vorgestellt.

Einen hohen Stellenwert hat der PC-Fachhandel dagegen bei Fujitsu. Mit dem Ziel, die MO-Technologie gezielt zu bewerben, haben die Münchener ihre direkten Händlerkontakte nach eigenen Angaben intensiviert. Zwar ist keine direkte Belieferung möglich, allerdings erhalten derzeit 50 ausgesuchte Händler Marketingunterstützung und Support aus erster Hand. Das Ergebnis fällt nach Ansicht von Leidinger positiv aus: "Wir haben festgestellt, daß diese Händler sich engagierter für MO einsetzen, und das bringt unheimlich viel."

3,5-Zoll-Geräte über den Fachhandel zu verkaufen, sieht Werner Wassink, Vertriebsleiter Telesales beim Münchener Distributor Megabyte, eher skeptisch. "3,5-Zoll-MO-Laufwerke entwickeln sich früher oder später zum Ramschprodukt, an dem keiner mehr verdient", ist er sich sicher.

Konsequenterweise konzentriert sich Megabyte deshalb auf den hochpreisigen 5,25-Zoll-Sektor und führt in seinem Sortiment ausschließlich High-end-Produkte von Maxoptics und Nikon. Allerdings betrachtet Wassink auch dieses Marktsegment als klassischen Nischenmarkt. "Die Zielgruppen sind klar definiert. Professionelle Anwender in den Bereichen Druckvorstufe, Document Imaging, Audio- und Videobearbeitung, Medizintechnik oder Telekommunikation. Zwar kann man diese bestehenden Nischen ausweiten, aber nur schwerlich neue Lücken entdecken."

Günstige Medienpreise sollen MO-Markt öffnen

Ähnlich fiel wohl auch eine Marktanalyse bei Sony aus. Bereits vor längerer Zeit stellte man seine Aktivitäten im 3,5-Zoll-Segment zumindest in Europa ein und konzentrierte sich, ähnlich wie die Mitstreiter Maxoptics und Nikon, auf den High-end-Markt. "5,25-ZollMO-Laufwerke bleiben für die Anbieter eine lukrative Nische", faßt Sony-Manager Clemens Schütte seine Einschätzung zusammen und macht keinen Hehl daraus, daß sich hier noch ordentliche Margen realisieren lassen. Angst, Kunden an neue Technologien wie DVD-RAM oder DVD-RW zu verlieren, hat er nicht. "Für die Zielgruppe, die wir mit unserer MO-Technologie adressieren möchten, sind Leistungswerte wie Geschwindigkeit und Datensicherheit entscheidend und nicht der Preis." Selbst die Tatsache, daß beispielsweise die Preise für DVD-RAM-Laufwerke bei vergleichbarer Kapazität gerade einmal ein Drittel des MO-Preisen betragen, wird diesen Kundenkreis seiner Meinung nach nicht zum Umstieg bewegen.

Daß die Anbieter von 5,25-Zoll-Produkten an der breiten Masse der Computeranwender nicht interessiert sind, wird auch an einer anderen Tatsache deutlich. Statt die neue Generation der 5,2-Gbyte-MO-Laufwerke auf der CeBIT der Öffentlichkeit zu präsentieren, erfolgt die Vorstellung erst einen Monat später auf der Document Imaging-Messe "AIM" in New York.

Neben dem günstigen Preis der 3,5-Zoll-MO-Laufwerke könnten die Medienkosten für den endgültigen Durchbruch dieser Technologie eine wichtige Rolle spielen. Daß Konkurrenz nicht nur das Geschäft belebt, sondern auch den Preis drückt, wird hier eindrucksvoll bestätigt. Der Wettbewerb von Media-Anbietern wie PDO, Maxell, Verbatim, Fuji oder Imation sorgt dafür, daß der Preis für ein 230-MB-MO-Medium aktuell bei etwa 15 Mark liegt. Vergleicht man diesen Preis mit dem für ein Zip-Medium (100 MB für etwa 25 Mark) wird deutlich, warum sich Iomega heftigst gegen die Produktion Zip-kompatibler Medien durch andere Anbieter wehrt. Die gerichtliche Auseinandersetzung mit Nomai spricht eine deutliche Sprache. Ähnlich drastisch fällt der Preisvergleich bei den 5,25-Zoll-Medien aus. Weniger als 90 Mark kostet hier das 2,6GByte-MO-Medium, während das 1GByte-Jaz-Medium bei weniger als halber Kapazität mit dem doppelten Preis zu Buche schlägt.

Der Vergleich zeigt, daß speziell die 3,5-Zoll-MO-Technologie, mit besten Leistungswerten und günstigsten Mediapreisen im Kapazitätsbereich zwischen 200 MByte und in Zukunft sogar 1,3 GByte, gute Chancen hat, sich gegen Wettbewerber zu behaupten. Entscheidend wird sein, ob es dem MO-Forum gelingt, durch eine Fortführung der konsequenten Marketingarbeit den Massenmarkt zu adressieren. (sd)

Klasse für die Masse: Das MO 3,5 Zoll Pegasus Retail Kit von Philips wird schwerpunktmäßig über Mediamärkte vertrieben.

Obwohl die absoluten Zahlen unter den Mitgliedern des MO-Forums nicht ganz unumstritten sind, herrscht Optimismus.

Am stärksten genutzt werden 3,5-Zoll-MO-Laufwerke von Universitäten und sonstigen Bildungseinrichtungen.

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