Anleger zeigen Neulingen die kalte Schulter

24.06.1999

FRANKFURT: Die Emittenten am Neuen Markt drückt immer mehr der Schuh. Der Markt ist nach den vielen Neuemissionen jetzt regelrecht verstopft. Viele Unternehmen enttäuschen die Erwartungen der Anleger und müssen selber mit einem geringeren Emissionsvolumen vorliebnehmen."Sex. Lieber morgen!" Diese Empfehlung gab die Maxdata AG einen Tag vor ihrem Börsenstart potentiellen Erstzeichnern, die sich statt sinnlicher Freuden lieber noch ein Aktienpaket sichern sollten. Doch der vermeintliche Sex-Ersatz hat sich als Bumerang herausgestellt. Der Maxdata-Börsengang ist im Grund genommen das, was auch anderen Emittenten in den letzten Wochen nicht erspart blieb - ein Flop.

Erste Vorzeichen dafür gab es bereits bei der Festsetzung der Bookbuilding-Spanne. Die Konsortialbanken errechneten für die Aktie des Monitor- und PC-Herstellers - ausgehend von anderen börsennotierten Companys wie Dell, Gateway oder Compaq - eine "faire" Bewertung zwischen 37 und 45 Euro.

Angesichts des ungünstigen Börsenumfeldes diktierten die Emissionsbanker der Deutschen Bank dem Marler Unternehmen dann jedoch eine Bookbuilding-Spanne zwischen 30 und 35 Euro. Die erschien vielen Erstzeichnern allerdings immer noch zu hoch. Vor allem auch deshalb, weil die Story eines Hardwareherstellers an der Börse nicht unbedingt als sexy gilt.

Schließlich kamen die neuen Aktien zum Preis von 31 Euro auf den Markt. Damit war allerdings die Bookbuilding-Spanne bei weitem nicht ausgeschöpft. Ein Zeichen dafür, daß sich die Anleger nicht unbedingt um den Titel rissen. Das hielt die Marler allerdings nicht davon ab, den Maxdata-Aktionären in ganzseitigen Anzeigen am Tag der Erstnotiz und an den folgenden Tagen ihren Glückwunsch auszusprechen.

Angemessener wäre vielmehr eine Beileidserklärung gewesen. Denn die Phantasie der neuen Aktie entzündete sich bislang nicht an der millionenschweren Marketingkampagne, mit der Maxdata im Vorfeld des Börsengangs zu mobilisieren versuchte. Seit seiner Ausgabe dümpelt der Titel um die 29 Euro im Minus.

Börsendebüt mit blauen Flecken

Mit ein paar Millionen Mark mehr auf dem Firmenkonto dürfte auch Alexander von Troschke, Vorstandsvorsitzender der Berliner Lobster AG, gerechnet haben. Die bereits im Berliner Freiverkehr gelistete Aktie wechselte am 2. Juni an den Neuen Markt. Mit 30 Euro am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne ausgegeben, drehte der Titel sogleich ins Minus und lag am 17. Juni bei 28,0 Euro. Auch für andere Neulinge verlief das Börsendebüt nicht ohne Blessuren. Deutlich unter Ausgabekurs notieren beispielsweise die Aktien des Augsburger DMS-Anbieters Kleindienst Datentechnik sowie der SZ-Testsysteme AG, ein Unternehmen, das auf die Fehlerfindung bei der Chipproduktion spezialisiert ist.

Wenig Freude dürfte den Erstzeichnern auch die Aktie des Wiener IT-Dienstleisters Brain Force AG bereiten. Auch sie liegt im Moment im Minus. Noch kurz vor Börsenstart versprach Vorstandschef Helmut Fleischmann den Aktionären mit dem neuen Papier "Internet-Phantasie auf solidem Boden".

Angesichts des seit Monaten anhaltenden schwierigen Börsenumfeldes und einer Pannenserie am Neuen Markt werden die ersten Going-Public-Kandidaten von ihren Emissionsbanken zurückgepfiffen. So geschehen mit der Dortmunder Elmos Semiconductor. Wie eine Unternehmenssprecherin mitteilte, habe der Konsortialführer Goldman Sachs empfohlen, den Börsengang bis auf weiteres zu verschieben.

Überzeichnete Aktien sind selten

Bei so viel schlechter Stimmung am Neuen Markt lassen im Moment Meldungen über geglückte Börsengänge fast schon aufhorchen. Und das selbst dann, wenn - wie im Falle des Ettlinger Systemintegrators Prodacta - die Erstnotiz nur knapp über dem Ausgabekurs lag.

Seltener geworden sind in den letzten Wochen auch die von Banken gezielt an die Öffentlichkeit gegebenen Informationen zur Überzeichnung von Aktien. Fast schon überraschen mag deshalb die Meldung, daß der Titel der Hamburger Multimedia-Agentur Kabel New Media 40fach überzeichnet war. Ein Grund dafür dürfte im Emissionspreis von nur 6,15 Euro zu sehen sein. Bei einer dermaßen niedrigen Bewertung stellt sich allerdings auch die Frage, ob der Ausverkauf einzelner Unternehmen schon begonnen hat. (god)

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