ATI betrachtet Intels Ambitionen im 3D-Grafikbereich als reinen Segen

20.03.1998

OBERHACHING BEI MÜNCHEN: Grafikchiphersteller ATI Technologies freut sich über Intels aktuellen Einstieg in das 3D-Marktsegment. Da man ohnehin in "einer anderen Liga spiele", sich über die mögliche Konkurrenz also keine allzu großen Gedanken machen müsse, will die Unternehmensleitung entspannt im Windschatten der zu erwartenden Werbekampagne für den Intel-Chip mitsegeln.Wenn man Gerd Queisser so zuhört, könnte der Eindruck entstehen, er persönlich habe Intel-Chef Andy Grove auf die Idee gebracht, in den Grafikchipmark einzusteigen. Der Europa-Chef des kanadischen Grafikkarten- und -Chipherstellers ATI Technologies hatte nämlich lange Zeit ein Problem, seinen OEM-Partnern die Bedeutung und Wichtigkeit leistungsfähiger Grafikchips in ihren PC-Systemen begreiflich zu machen.

Zu seinen Kunden zählen Compaq, Dell, Hewlett-Packard oder die IBM. Bei diesen Herstellern, aber auch bei den Systemintegratoren, die ATI beliefert, hapere es da oft an der gewünschten "Awareness", der Preis zählt einem ATI-Mitarbeiter zufolge vor der Leistungsfähigkeit.

Das soll jetzt anders werden. Zum einen, so hofft Queisser, seien die aktuellen ATI-3D-Lösungen sehr preisgünstig. Zum anderen, so hofft er, muß er keine Unsummen für eine Werbekampagne ausgeben. "Für mich ist es wirklich eine große Genugtuung, daß Intel jetzt mit seinem i740 rauskommt. Die haben sich das ja richtig was kosten lassen," bezieht er sich auf Intels Übernahme von Chips & Technolgies. Die 430 Millionen Dollar, die der Chipriese für das Unternehmen ausgab, das die Technologie für den i740 liefert, sind tatsächlich kein Pappenstiel; Queisser geht aber davon aus, daß Intel noch weitere Summen in die Vermarktung des Chips fließen lassen wird.

Denn der Markt für die 3D-Beschleuniger wartet mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 56 Prozent auf, errechnete das Marktforschungsunternehmen Mercury Research im Auftrag von ATI. Zudem vermutet der ATI-Europa-Chef, daß 3D-Chips "über die Jahre zur Standardausstattung - auch bei Business-PC-Systemen" würden. Und trotz der von Queisser zitierten "mangelnden Awareness" seiner Kunden verbucht der Hersteller weltweit sehr gute Umsätze und Gewinne (siehe Kasten "Facts & Figures).

Sein größter Konkurrent, S3, mußte im vergangenen Geschäftsjahr Marktanteile abgeben - und laut Queisser wird sich dieser Prozeß auch in den nächsten Monaten fortsetzen. "Intels neuer Chip könnte S3 ziemlich zusetzen", vermutet er. Für sein Unternehmen bestehe da allerdings keine so große Gefahr: "Ich fürchte nicht, daß Intel uns Marktanteile abnimmt - wir spielen in einer anderen Liga."

Denn im Gegensatz zu Intel, die ihren Chip für Lösungen von Diamond Multimedia, STB Systems und Number Nine zur Integration in deren Boards zur Verfügung gestellt haben, "gibt ATI seine Grafikkomponenten an keine Wettbewerber weiter", wie ein Unternehmenssprecher bekräftigt. Die Kanadier verlassen sich lieber auf die eigene Produktion und bieten ihren Kunden komplette Boards an. Mit dieser Strategie, so schlägt sich Queisser noch nachträglich auf die Schulter, sei ATI immerhin im Oktober 1997 der erste Hersteller von Add-in-Boards gewesen, der über eine Million Karten in einem Monat verkauft habe. Und um ganz sicher zu gehen, daß man ihm die fehlende Konkurrenzabsicht zu Intel auch glaubt, kündigt er an: "Meiner Ansicht nach kann der i740 gar nicht gegen unseren aktuellen 128-Bit-RagePro konkurrieren, den wir derzeit an die OEMs liefern." (du)

Gerd Queisser, Managing Director/Vice-President European Operations bei ATI Technologies (Europe) GmbH, versichert: Seine Produkte stehen nicht im Wettbewerb mit Intels Grafikchip, profitieren aber von der Marketingpower des Chipgiganten.

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