Autodesk: "Eins plus eins ergibt meist nur noch 0,8"

05.12.2002
Da hat sich Mensch und Maschine wohl was anderes erhofft: Auf den neuen Disti-Vertrag mit PTC reagieren die Händler irritiert, der bisherigeLieferant Autodesk ist äußerst verstimmt. Im Freudentaumel befindet sich nur die Konkurrenz der Weßlinger.

Vergangene Woche gab die Mensch und Maschine AG (MuM) eine neue Partnerschaft bekannt: Nach 18 Jahren exklusiver Zusammenarbeit mit Autodesk nahmen die Weßlinger einen weiteren CAD-Anbieter mit ins Boot. Dass man mit dem Vertrieb für die Parametric Technology Corporation (PTC) nun ausgerechnet einen direkten Konkurrenten des bisherigen Stammkunden betreut, werde für Aufruhr im Markt sorgen, dessen war sich auch der MuM-Vorstandsvorsitzende Adi Drotleff sicher: "Die Frage ist, wie Autodesk reagieren wird. Da wissen wir vieles, aber nicht alles." (Siehe ComputerPartner 47/02, Seite 16.)

Tech Data hat Sicherheitsbedenken

Kopfschütteln erntet das Unternehmen auf jeden Fall vom direkten Wettbewerber: "Autodesk oder PTC - da gibt es nur schwarz oder weiß, loyal oder unloyal", sagt Jörg Lauer, Leiter der CAD Business Unit bei Tech Data. Eigentlich kommentiere man strategische Entscheidungen anderer Unternehmen nicht, doch "die Händler sind irritiert". Lauer kann nachvollziehen, warum das so ist: "Mit dem CAD-Markt verhält es sich so ähnlich wie mit der Server-Landschaft. Wenn sich ein Partner für FSC oder IBM entschieden hat, wird er meist auch dabeibleiben." Schließlich könne man nicht einfach von heute auf morgen wechseln, brauche dazu eine komplette, entsprechend geschulte Mannschaft: "Man muss zunächst investieren."

Zudem gehe es um die Vertrauensbasis: "Die Händler geben ihre Kundenadressen an die Distributoren weiter. Welche Sicherheit haben sie in so einem Fall denn, dass nicht auch ihren Kunden morgen das andere Produkt angeboten wird?" Deswegen kann der Manager kaum glauben, dass MuM mit der neuen Partnerschaft dem Wunsch der Händler nach einem unabhängigeren Portfolio gefolgt ist. Bei Tech Data habe man von diesem Ansinnen jedenfalls noch nichts gehört.

Dass sich MuM aufgrund der wirtschaftlichen Lage ein weiteres Standbein schaffen will, stößt ebenfalls auf wenig Gegenliebe: "Gerade in dieser harten Zeit muss man zueinander stehen, auch gemeinsam durch ein Tal der Tränen gehen", so Lauer. "Da bringt es nichts, sich wie ein Fähnchen im Wind zu drehen und von einem Hersteller zum anderen zu springen." Tech Data jedenfalls stehe "hundertprozentig" zu seinen Partnern.

Das scheint sich zu lohnen: "Wir haben unser Vertriebsgebiet für Autodesk jetzt in Österreich ausgebaut und auch auf die Schweiz erweitert. Über andere Länder verhandeln wir noch." Lauer geht davon aus, dass Tech Data seinen Marktanteil in diesem Bereich nun weiter ausbauen wird, geht von einem deutlich zweistelligen Zuwachs aus. Branchengemurmel, wonach Tech Data zu Autodesks Liebling avancierte, weil PTC hier bereits im Frühjahr bezüglich einer Partnerschaft angeklopft hat und abgewiesen wurde, will Lauer aber nicht bestätigen.

Autodesk: Argumente sind vorgeschoben

Bei Autodesk hält sich die Begeisterung ebenfalls in Grenzen, wie Geschäftsführer Roland Zelles zugibt. "Natürlich respektieren wir die Entscheidung. Mensch und Maschine ist schließlich ein unabhängiges Unternehmen, das seine eigenen Entscheidungen treffen kann." Dennoch beobachte man die Entwicklung mit Argusaugen: "Keiner weiß im Augenblick, ob das funktionieren kann." Eine deutliche Verlagerung der Sympathien zu Tech Data sieht Zelles nicht, schließlich habe man sich schon immer um Neutralität gegenüber den Distributoren bemüht. Aber: "Es gibt sicherlich einen Unterschied zwischen einem absolut loyalen Partner und einem, der Wettbewerbsprodukte mit anbietet."

Händler reagieren abwartend und gelassen

MuM begründet die Entscheidung für den Konkurrenten mit dem Wunsch der Händler nach einem unabhängigeren Portfolio und dem "New Business Team" von Autodesk, das direkt auf Kundenfang geht. Beides hält Zelles für vorgeschoben. Schließlich habe Autodesk seine Händler rechtzeitig informiert, die meisten hätten mit "Unwohlsein" über die MuM-Strategie und einem deutlichen Commitment zu Autodesk reagiert. Auch der Direktvertrieb sei nur auf den ersten Blick ein Problem: "Wir gehen nur an Neukunden, nehmen in jedem Fall den Händler mit ins Boot. Wir nehmen niemandem etwas weg, im Gegenteil." Fünf Vertriebsleute würden sich derzeit um etwa 7.000 mittelständische Neukunden bemühen. "Wir rechnen damit, dass jeder von ihnen 12 Projekte, die gesamte Mannschaft damit 60 im Jahr schafft - 60 von 7.000. Ich frage Sie: Ist das wirklich ein Problem?"

Man müsse zwar die Entwicklung abwarten, werde aber sicher einen Weg finden, vernünftig miteinander umzugehen. Doch leider, leider: "Nach unserer Erfahrung ergibt eins plus eins trotz aller Loyalitätsbekundungen meistens nur noch 0,8", so Zelles. "Vielleicht ist aber MuM auch die erste Firma der Welt, die es schafft, beides unter einen Hut zu bringen."

Die beste Nachricht für Mensch und Maschine dürfte also sein, dass die Fachhandelspartner die Angelegenheit gelassen sehen. Allerdings auf andere Weise, wie es sich MuM vielleicht wünschen würde. "Das wird auf unser Geschäft keinen Einfluss nehmen. Wir haben einen Vertrag mit Autodesk, den werden wir erfüllen", so das nüchterne Fazit eines Partners. "Und CAD-Systeme verkauft man nicht nebenbei, sondern weil man dafür autorisiert ist und das Vertrauen des Kunden genießt. Und wo wir sie einkaufen, ist doch letztendlich egal."

www.mum.de

www.techdata.de; www.autodesk.de

ComputerPartner-Meinung:

Von der angeblichen Mehrheit der Händler, die sich einen weiteren Anbieter im Portfolio wünscht, war bei den ersten Reaktionen nichts zu sehen. Autodesk ist eindeutig verstimmt, auch wenn man sich vorläufig mit Konsequenzen zurückhält. Bleibt zu hoffen, dass sich MuM mit der neuen Partnerschaft tatsächlich eine neue Geschäftssäule und nicht ein echtes Problem ins Haus geholt hat. (mf)

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