B2B: Die Einkaufstour im Netz wird zur Existenzfrage

21.09.2000
Virtuelle Marktplätze stecken hierzulande noch in den Kinderschuhen. Die Unternehmensberater von Mummert + Partner glauben allerdings, dass sich diese Handelsform langfristig gegen den traditionellen Handel durchsetzen wird.

Die Entwicklung der Marktplätze sei uneinheitlich, sie würden die Erwartungen, die von den Nutzern an sie gestellt werden, nicht im Geringsten erfüllen. Nur jeder zweite sei als B2B-Treffpunkt geeignet, sagt Jörg Forthmann von der Unternehmensberatung Mummert + Partner: "Der virtuelle Marktplatz steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen." Dennoch, lang-fristig könnte die Internet-Ökonomie durchaus zur Gefahr für den traditionellen Handel werden, glaubt Forthmann.

Nur etwa die Hälfte der Anbieter ist seriös

Derzeit hinkt Deutschland allerdings noch dem Vorreiter USA deutlich hinterher: Die Boston Consulting Group hat in Deutschland rund 130 B2B-Marktpläze gezählt und 75 als ernst zu nehmend eingestuft, in den Vereinigten Staaten sind für den Internet-Handel zwischen Unternehmen mittlerweile schon an die 250 Portale vorhanden. Die Hälfte aller B2B-Plattformen wurde im letzten Jahr gegründet. "Die Internet-Ökonomie ge- winnt überall stark an Bedeutung", so Forthmann. "Unternehmen, die heute noch keine Internet-Strategie entwickelt haben, müssen in Zukunft mit gravierenden Wettbewerbsnachteilen rechnen."

Bis dahin wird aber wohl noch einige Zeit vergehen, denn wer heute zu einem Geschäftsabschluss kommen will, muss meist noch Fax, Telefon und E-Mail bemühen. Die Möglichkeit, vernetzt zu arbeiten, werde in B2B-Marktplätzen so gut wie gar nicht genutzt, hat Mummert + Partner herausgefunden.

"Wenn man einkauft, läuft es normalerweise doch so: Vertrag unterschreiben, Bonitätsprüfung veranlassen, Versicherung abschließen, Finanzierung sichern und dann liefern." Im Internet könnte man ja theoretisch alles auf einmal anbieten. Ist hierzulande aber nicht, sagt Forthmann: "Der einzige Gute, den wir gefunden haben, war ein Saatgutvertreiber aus den USA."

Profis kaufen künftig nur noch online ein

Dennoch würden sich die Online-Marktplätze im B2B-Segment langfristig sicher durchsetzen, glaubt der Unternehmensberater. Zwar sei es sicher auch für Endkunden interessant, alles auf einen Blick und 24 Stunden verfügbar zu haben. Doch für Firmen bedeute das einen wahren Geldsegen, dies habe eine Kostenanalyse ergeben.

"Mit einfachem Aufwand ein breites Angebot erreichen, bei dem Warentransport, Finanzierung, Ver- sicherung und andere mit dem Geschäft verbundene Arbeiten online laufen, da sind Einsparungen von bis zu 80 Prozent bei der Abwicklung möglich", glaubt man bei Mummert + Partner. Heute seien die Internet-Marktplätze im Vergleich zu einem "normalen" Laden zwar noch teurer, doch das werde sich mit der Zeit ändern. "Immer mehr Menschen werden ihre Geschäfte über diese Marktplätze abwickeln wollen. Mit der Masse wird es auch für die Betreiber interessant, attraktivere und kos-tenaufwendigere Lösungen anzubieten." Weil der professionelle Bereich mit höheren Umsätzen lockt, werde die Zahl der B2B-Marktplätze außerdem sicher schnell steigen. "Sie werden wegen der höheren Marktvolumina an Bedeutung gewinnen und dominieren", glaubt Forthmann.

Viele der Online-Marktplätze wenden sich heute schon an den Mittelstand. Doch der hält sich zurück, weil oftmals das Basiswissen für Internet-Geschäfte fehlt und das Angebot unübersichtlich erscheint. Doch wer keine Zeit und kein Geld in das nötige Know-how investiert, hat schon verloren: Denn am Ende wird es darum gehen, E-Business in Routineverfahren einzubauen.

Längst erkannt haben das Banken und Versicherungen. In letzter Zeit häufen sich Meldungen von ungewöhnlichen Partnerschaften, zuletzt hieß es vom IT-Dienstleister Bechtle, er werde seine Produkte künftig auch auf dem internen Marktplatz eines Kreditinstituts vertreiben. Gar nicht abwegig findet das Jürgen Sponnagel, Vorstandsmitglied bei Mummert + Partner: "Wegen des zu erwartenden Imagegewinns liegt für die Finanzhäuser der Vorteil eines Sponsors oder Initiators nahe. Die Märkte sind noch nicht verteilt, und gute Anbieter können sich durchaus noch etablieren." Kollege Forthmann sieht noch ein wenig klarer: "Es ist genau wie im Einkaufszentrum: Dort gibt es auch immer ein Gerangel der Banken um den besten Platz für den Geldautomaten. Warum, ist ja wohl klar. Nichts anderes passiert derzeit im Internet: Durch solche Kooperationen will man sich die First-Class-Plätze sichern." (mf)

www.intereasy.com

www.mummert.de

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