Bei D-Link glühen die Telefondrähte - das ist zwar schön, aber auch ein Problem

17.04.2003
Eine Firma, die plant, ihren Umsatz in diesem Jahr um 30 Prozent zu steigern? Und das in der IT-Branche? Gibt es nicht? Das dachten wir auch. Bis wir Besuch von D-Link-Geschäftsführer Klaus Dieter Hesse bekamen.

Als D-Link im Sommer vergangenen Jahres damit begann, die Retail-Produkte nicht mehr unter der Marke "Neteasy", sondern unter dem Brand "D-Link" zu verkaufen, hatte dies eine Konsequenz, mit der die Eschborner nicht gerechnet hatten. Es riefen plötzlich unheimlich viele Leute im D-Link-Call-Center an. Zu viele für die relativ kleine Mannschaft, und deshalb landeten viele Anrufer in der Warteschleife.

"Die Kunden im Retail gehen mit unseren Produkten nach Hause und rufen uns dann an. Dabei haben wir das Gefühl, dass wir zum großen Teil die Hausaufgaben von anderen machen, denn in vielen Fällen haben die Probleme der Kunden mit unseren Produkten nichts zu tun, sondern zum Beispiel mit der Software von Microsoft oder einfach mit dem DSL-Anschluss", ärgert sich D-Link-Geschäftsführer Klaus Dieter Hesse im Gespräch mit ComputerPartner. Hesse entschied, dass an dieser Stelle etwas passieren muss. Er kaufte eine neue Software, mit der sich in einem ersten Schritt einfache Anfragen der Nutzer in einem automatisierten Verfahren beantworten lassen. "Damit können wir schon mal 30 Prozent der Anfragen abfangen", sagt Hesse.

Darüber hinaus plant er, Studenten für die Erste Hilfe einzusetzen, 25 Interviews mit Kandidaten haben seine Mitarbeiter bereits geführt. Natürlich sind diese Maßnahmen mit Kosten verbunden. Aber Hesse hat keine andere Wahl. "Wir brauchen zufriedene Kunden", sagt er.

Und er braucht zufriedene Händler. Da steht es derzeit nicht zum Besten, weiß der D-Link-Chef. Denn auch seine Vertriebspartner sind von dem massiven Ansturm an der Hotline betroffen und kommen nicht durch. So etwas sorgt für Verstimmung. Auch hier muss Hesse etwas tun, das ist ihm klar.

Jetzt bekommen alle Händler, die schon einmal von D-Link eine RMA-Nummer beantragt haben, einen Brief von Hesse, in dem er sich für die Probleme entschuldigt und schnelle Abhilfe verspricht. Als kleine Entschädigung erhalten alle Händler für sechs Monate den Status eines zertifizierten D-Link-Vertriebspartners und profitieren von den damit verbundenen Vorteilen wie Projektschutz und einfache RMA-Abwicklung. Die heutigen zertifizierten D-Link-Partner bekommen einen VIP-Status und werden bei telefonischen Anfragen an allen anderen Anrufern vorbeigeleitet, so dass sie allenfalls eine kurze Weile warten müssen.

Die Ablösung des Neteasy-Brand durch das D-Link-Brand im Retail hat nach Angaben von Hesse sehr gut geklappt. Rund 15 Prozent des Gesamtumsatzes von 46 Millionen Euro (die Neteasy-Umsätze nicht eingerechnet) setzte D-Link in Deutschland 2002 im Retail um, in diesem Jahr plant Hesse einen Anstieg auf 20 Prozent, bei einem Gesamtumsatz von 60 Millionen Euro wohlgemerkt.

Dafür müssen die Netzwerker aus Eschborn ganz schön viel verkaufen. Denn aufgrund des Preisverfalls von 20 bis 30 Prozent im Jahr müssen enorme Stückzahlen durchgeschoben werden, um eine Umsatzsteigerung von 30 Prozent zu realisieren. "Nach dem ersten Quartal habe ich ein gutes Gefühl, dass wir das Jahresziel schaffen", freut sich Hesse.

Wegen seiner guten Leistungen und der erfreulichen Entwicklung von D-Link in Deutschland haben seine Vorgesetzten aus dem in-ternationalen Headquarter den Deutschland-Chef nun zum Vice President Central & Eastern Europe befördert. Damit ist der schnauzbärtige Manager nun für 15 Landesgesellschaften verantwortlich. Darüber hinaus sind die Eschborner neuerdings Kompetenzcenter für Wireless, Communications und Security.

Firewall für Heimanwender

Ja, Security. Der Sicherheitsbereich ist das jüngste Kind von D-Link. "Hier stehen wir noch am Anfang", sagt Hesse. Erste Produkte sind jetzt im Handel. Dazu gehören erstmals Firewalls für den Heim- und Soho-Bereich. Die kleinste Firewall, die DFL 100, ist eine Kombination aus Firewall, integriertem 3-Port-Nway-Switch und VPN-Router. Über ein webbasierendes Interface kann sie leicht konfiguriert werden und ermöglicht wie bei einem Gateway den Internetzugang mehrerer User über einen Internet-Account.

Außerdem kann die DFL-100 beispielsweise Denial-of-Service (DoS)-Attacken abblocken, indem sie durch SPI (Stateful Packet Inspection) verdächtige Zugriffe stoppt. Das ist für den Heimanwender aber eher von untergeordneter Bedeutung. Interessanter ist dagegen das Sperren von bestimmten Webseiten (URL-Blocking) als Kinderschutz sowie IP-Filtering. Für kleine Büros hat D-Link die größere Variante DFL 500 im Programm. Spitzenreiter ist der DFL 1000, der für mittlere Unternehmen bis zu 100 VPN-Verbindungen aufbauen kann.

Sehr gut entwickelt sich derzeit der Wireless-Bereich. Lag der Anteil dieser Produkte am D-Link-Umsatz vor einem Jahr noch bei vier Prozent, so hat er sich inzwischen auf 20 Prozent hochkatapultiert. Damit ist D-Link deutlich stärker gewachsen als der Markt. Die Einführung der Modelle mit einer Datenübertragungsrate von 22 Megabit hat D-Link den erhofften Schub gebracht.

Ein weiterer Vorteil: Die deutsche D-Link-Manschaft ist ziemlich frei und selbstständig in ihren Entscheidungen. Hesse: "Wir können schnell auf veränderte Situationen reagieren und die Preispunkte setzen, die wir für richtig ansehen. Unsere Strategie lautet derzeit: lieber Marge verlieren als Marktanteile."

Das Sorgenkind von D-Link war im vergangenen Jahr der DSLBereich (siehe ComputerPartner 31/02, Seite 12). Inzwischen läuft es für die Hessen zwar ein wenig besser, sie geben aber zu, dass vom Markt her gesehen für D-Link mehr möglich wäre. Das Problem: Man braucht die Zertifizierungen der Telcos, und da hat D-Link noch Nachholbedarf.

Einen Trumpf hat Hesse: die neue "i2eye"-Lösung für jedermann, Bildtelefon via PC und DSL (siehe Kasten). Für Hesse eine echte Bereicherung des Sortiments, das sage und schreibe an die 450 Produkte umfasst.

www.d-link.de

ComputerPartner-Meinung

Dass D-Link so erfolgreich ist, liegt sicher auch an der Qualität der Produkte, aber zum wesentlichen Teil daran, dass sich das Unternehmen in der Zusammenarbeit mit den Händlern als zuverlässiger und berechenbarer Partner erwiesen hat und diese Spaß daran haben, D-Link-Produkte zu verkaufen. Dass D-Link den Retail-Kanal nicht ignorieren kann, muss man akzeptieren, wichtig ist es, Kanalkonflikte mit dem Fachhandel zu vermeiden, der noch immer rund 80 Prozent des D-Link-Umsatzes bringt. (sic)

Facts & Figures

D-Link Corp.

Gründung:1986

Hauptsitz: Taiwan

Kategorie: Netzwerk-Hersteller

Produkte: Switches, Kommunikation (Modems, Gateways, Router), Security, Wireless LAN

Umsatz: 654 Millionen Dollar

Gewinn: 25 Millionen Dollar

Mitarbeiter: 2.500

Gründung der Deutschland-GmbH: 1990

Deutschland-Sitz: Eschborn und Unterschleißheim

Geschäftsführer: Klaus Dieter Hesse

Vertrieb: indirekt über Distributoren, Fachhandel und Retail

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