Bescheid wissen bei Kündigungen

18.03.1999

ALSBACH-HÄHNLEIN: Juristische Verfahren zum Thema krankheitsbedingte Kündigung beschäftigen landauf, landab die Arbeitsgerichte. Die Rechtslage ist jedoch in vielen Fällen eindeutig geklärt, wie eine Reihe von Urteilen zeigt. Reinhard Hahn* gibt einen kurzen Überblick.Ein weitverbreiteter Irrtum ist, daß kranken Arbeitnehmern nicht gekündigt werden kann. Eine arbeitsrechtliche Kündigung ist jedoch auch im Krankfheitsfall möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Sozial gerechtfertigt ist eine Kündigung bei langanhaltender Krankheit. Hierzu muß der Arbeitnehmer in der Vergangenheit langfristig (ein bis zwei Jahre) erkrankt gewesen sein (Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen 2 AZR 399/91). Zudem darf nicht abzusehen sein, wann der Arbeitnehmer wieder gesund und arbeitsfähig sein wird. Die Prognose hinsichtlich der Krankheit muß also ungünstig sein (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Aktenzeichen 6 Sa 52/92).

Ist zu erwarten, daß der Arbeitnehmer auch künftig mehr als sechs Wochen im Jahr krankheitsbedingt ausfallen wird, ist eine ordentliche Kündigung berechtigt (Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen 2 AZR 309/91). Als entscheidendes Kriterium kommt außerdem hinzu, daß die betrieblichen Belange die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfordern.

Zunächst muß der Arbeitgeber alles versuchen, eine Kündigung durch Umverteilung der Arbeit oder durch Einstellen von Ersatzkräften zu vermeiden. Gegebenenfalls hat der Arbeitgeber sogar einen anderen Arbeitsplatz freizumachen, wenn dies möglich ist (Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen 2 AZR 9/96).

Kündigung bei häufigen Ausfällen

Bei einer Kündigung im Falle häufiger Kurzerkrankungen können neben den betrieblichen Störungen auch die Lohnfortzahlungskosten berücksichtigt werden. Treten Fehlzeiten von mehr als 15 Prozent der Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren auf und übersteigen diese Fehlzeiten die durchschnittlichen Fehlzeiten im Betrieb oder in der betreffenden Abteilung, ist eine ordentliche krankheitsbedingte Kündigung ebenfalls gerechtfertigt. Und zwar immer dann, wenn auch in Zukunft mit solchen krankheitsbedingten Arbeitsausfällen zu rechnen ist. Rein schematisch läßt sich dies nicht beurteilen. So spielt die Betriebszugehörigkeit genauso eine Rolle wie die Art der Erkrankung.

Krankheiten beim Arbeitnehmer können aber auch auf betriebliche Ursachen (Lärm, Hitze, Staub et cetera) zurückzuführen sein. Daraus ergibt sich dann eine besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinem Mitarbeiter. Bevor es hier zu Kündigungen kommt, muß in der Regel der Arbeitgeber zunächst einmal versuchen, solche Belastungen zu minimieren und dort, wo es möglich ist, eine Arbeitsplatzversetzung durchführen.

Maßgebend für eine Kündigung sind allein die aktuellen Verhältnisse. Zum Kündigungszeitpunkt muß die Krankheit noch andauern, und es muß mit weiteren erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechnen sein. Ist bei Kündigungsausspruch das Ende der Krankheit bereits abzusehen und keine Wiederholungsgefahr erkennbar, so kann die Kündigung mit Krankheit nicht begründet werden - und das auch dann nicht, wenn in der Vergangenheit die Fehlzeiten noch so hoch waren.

"Blaumachen" ist kein Kavaliersdelikt

Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsunfähigkeit nur vortäuschen und einfach "blaumachen" oder "krankfeiern", riskieren die fristlose Kündigung. Dies ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine strafbare Handlung in Gestalt eines Betrugsversuchs zu Lasten des Arbeitgebers. Arbeitgeber müssen allerdings einen solch gravierenden Vorwurf auch beweisen.

Selbst wenn der Arbeitnehmer gegenüber einem Kollegen die Bemerkung fallen läßt, daß er demnächst "krankmachen" werde, reicht das noch nicht aus, um im konkreten Krankheitsfalle nachzuweisen, daß die Krankheitsfehlzeiten wirklich vorgetäuscht sind (Arbeitsgericht Mannheim, Aktenzeichen 5 Ca 20/90).

Schlechte Karten hat der Arbeitnehmer jedoch dann, wenn er während seiner Arbeitsunfähigkeit bei privaten Arbeiten ertappt wird (Bundes-

arbeitsgericht, Aktenzeichen 2 AZR 849/94). Das gleiche gilt für Zeitgenossen, die während der attestierten Arbeitsunfähigkeit einer Nebenbeschäftigung nachgehen (Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen 2 AZR 154/93). Ein solches Verhalten macht eine vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung null und nichtig. Arbeitgeber sind in diesen Fällen berechtigt, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen.

*Der Autor ist Rechtsanwalt in Alsbach-Hähnlein.

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