Gesichtserkennung

Biometrie-Tools aus der Cloud

Der Diplom-Physiker Oliver Schonschek ist freier IT-Fachjournalist und IT-Analyst in Bad Ems.
Biometrie-Funktionen aus der Cloud eignen sich für nahezu jedes internetfähige Endgerät, vorausgesetzt der Datenschutz stimmt.

Dürfen Fingerabdrücke im Reisepass gespeichert werden? Ja, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH). Die Erfassung und Speicherung von Fingerabdrücken im Reisepass stelle zwar einen Eingriff in die Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten dar. Diese Maßnahmen seien aber dennoch gerechtfertigt, um die betrügerische Verwendung von Pässen zu verhindern, stellte das Gericht fest.

Viele Deutsche scheinen den Eingriff in ihre Privatsphäre durch biometrische Verfahren jedoch weniger kritisch zu sehen. Laut einer Ponemon-Studie sind 45 Prozent der Befragten in Deutschland einverstanden, wenn vertrauenswürdige Organisationen Biometrie einsetzen, um Verbraucher zu authentisieren. Nur 29 Prozent machen ihre Zustimmung davon abhängig, dass die Organisationen auf ihre Biometrie-Daten nicht zugreifen können. 62 Prozent wünschen sich sogar, ihre biometrische ID grundsätzlich auch im Internet nutzen zu können. Eine ähnliche Aufgeschlossenheit sieht die Ericsson-Studie "10 Hot Consumer Trends 2014" für Biometrie-Verfahren bei Smartphones.

Deutsche Anwender sind für biometrische Verfahren vergleichsweise aufgeschlossen, so eine Studie des Ponemon-Instituts.
Deutsche Anwender sind für biometrische Verfahren vergleichsweise aufgeschlossen, so eine Studie des Ponemon-Instituts.
Foto: Ponemon Institute / Nok Nok Labs

Andererseits berichtet Steria Mummert Consulting, dass sich viele Deutsche nicht vorstellen können, finanzielle Transaktionen mit biometrischen Verfahren abzusichern. Zudem warnen Sicherheitsexperten zum Beispiel von Kaspersky Labs sowie deutsche und europäische Datenschützer vor dem Missbrauchspotenzial biometrischer Daten.

Der Biometrie-Markt blüht trotzdem

Parallel zu der kontroversen Debatte über Biometrie reift der Markt für Lösungen im Bereich der biometrischen Authentifizierung. Gerade im Bereich der Endgeräte sind die technischen Voraussetzungen für biometrische Verfahren zunehmend gut. Die Zahl der Notebooks mit Fingerabdruck-Lesern wächst weiter, auch Smartphones und Tablets bringen bereits mit Hochleistungskamera und Mikrofon viele Funktionen mit, um Gesichtserkennung, Stimmerkennung und das Scannen des Fingerabdrucks zu ermöglichen.

Fujitsu beispielsweise stellt auf der CeBIT 2014 das Business-Notebook LIFEBOOK U904 mit integriertem Venenscanner vor - basierend auf dem PalmSecure-Verfahren. Selbst Lösungen, die Kombinationen von Gesichts-, Fingerabdruck- und Irisbiometrie anbieten, sind bereits verfügbar, wie Credence ID Trident zeigt.

Fujitsu PalmSecure nutzt das berührungslose Scannen der Venenmuster, um die Identität einer Person feststellen zu können.
Fujitsu PalmSecure nutzt das berührungslose Scannen der Venenmuster, um die Identität einer Person feststellen zu können.
Foto: Fujitsu Technology Solutions GmbH

Eine weitere Entwicklung ist zu beobachten, die der Ausbreitung biometrischer Lösungen entgegen kommt: Unternehmen planen, vermehrt Lösungen zur Mehr-Faktor-Authentifizierung aus der Cloud zu beziehen und damit auch biometrische Lösungen aus der Cloud.

Die Cloud hat auch für Biometrie Vorteile

Cloud-basierte Lösungen im Bereich biometrischer Zutritts- und Zugangskontrollen gibt es bereits reichlich, denn die Wolke bietet beste Voraussetzungen, biometrische Verfahren möglichst flexibel, geräteübergreifend und einheitlich einsetzen zu können.

BioID zum Beispiel bietet sich als Cloud-basiertes Verfahren zur Gesichtserkennung an und kann in mobile Dienste ebenso eingebunden werden wie in andere Cloud-Services. An Hardware-Voraussetzung beim Nutzer nennt der Anbieter Standard-Webcams oder Standard-Smartphone-Kameras. Als möglichen Anwendungsfall sieht BioID zum Beispiel eine zusätzliche Authentifizierung für Online-Banking.

Cloud-basierte Biometrie-Lösungen sehen auch die Stimmerkennung auf Smartphones vor, so dass darüber zum Beispiel der Zugang zu den Apps geschützt werden kann.
Cloud-basierte Biometrie-Lösungen sehen auch die Stimmerkennung auf Smartphones vor, so dass darüber zum Beispiel der Zugang zu den Apps geschützt werden kann.
Foto: BIOMETRY.com AG

Ein Angebot unter anderem zur Gesichtserkennung auf Fotos kommt von SkyBiometry, das auch für mobile Services und Online-Dienste genutzt werden kann. Diese Lösung hat einen Demo-Bereich für Interessenten vorgesehen. Ebenfalls im Bereich der Gesichtserkennung aus der Cloud unterwegs ist BiometryCloud. Gegenwärtig richtet sich das Angebot aber an Entwickler, die die Lösung als Plug-in integrieren wollen.

Viele Biometrie-Verfahren und Anwendungen sind verfügbar

Selbst militärische und polizeiliche biometrische Anwendungen werden in Verbindung mit der Cloud offeriert - wie beispielsweise die Animetrics FaceR Identity Management Solution (FIMS Cloud). So könnten zum Beispiel Polizisten mit dem Smartphone eine Aufnahme machen und diese via Cloud-Dienst mit bekannten Straftäter-Fotos abgleichen lassen. Denkbar ist auch das Szenario einer mobilen Zutrittskontrolle auf einem weitläufigen Unternehmensgelände.

Auch die biometrische Stimmerkennung ist über einen Cloud-Dienst verfügbar - so ist VoiceVault speziell auf Anwendungen für Banken und Gesundheitswesen ausgerichtet. Als Smartphone- und Tablet-App ViGo Mobile wird die Stimmerkennung auch mobil angeboten. Genutzt wird dazu der Cloud-Dienst AWS. Ein verwandtes Angebot zur mobilen Stimmerkennung kommt von Nuance mit Dragon ID Voice.

Die Möglichkeiten der Biometrie aus der Cloud sind vielfältig, zum Teil werden auch Gesichtserkennung, Stimmerkennung und die Analyse der Lippenbewegung kombiniert.
Die Möglichkeiten der Biometrie aus der Cloud sind vielfältig, zum Teil werden auch Gesichtserkennung, Stimmerkennung und die Analyse der Lippenbewegung kombiniert.
Foto: Nuance Communications

Wie vielfältig die biometrischen Möglichkeiten aus der Cloud bereits sind, zeigt MobiComBiom. Diese Lösung kombiniert Stimmerkennung, Gesichtserkennung, Analyse der Lippenbewegung und die Aussprache bestimmter Wörter, um einen Nutzer zu identifizieren. Die Video- und Audiodaten werden via Internet an den Provider übertragen, damit die aktuellen Aufnahmen mit den dort hinterlegten Templates abgeglichen werden (Matching).

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