Business Intelligence bisher zu wenig beachtet

23.08.2001
Mit Business-Intelligence-Tools wollen Unternehmen aus ihren riesigen Datenbergen relevante Informationen herausfiltern. Das Potenzial dieses Markts ist beträchtlich. Eigentlich müsste die Börse die interessanten Aktien dieser Softwareanbieter mehr beachten.

Wurden voriges Jahr laut IDC rund 30 Milliarden Dollar weltweit für Business-Intelligence (BI)-Lösungen ausgegeben, soll im Jahr 2003 das Volumen auf 50 Milliarden Dollar ansteigen. Um das einträgliche Geschäft konkurrieren US-Konzerne wie Branchenprimus IBM, Microsoft, Oracle und NCR sowie NEC (Japan) und eine ganze Anzahl ehrgeiziger mittlerer Firmen. Sie decken meist bestimmte Gebiete wie etwa den Telecom-, Gesundheits-, Handels- oder den Finanzbereich ab.

Auch Anbieter von unternehmensweiter Software (ERP) wie SAP haben BI-Funktionen in ihre Anwendungen integriert. Ein Teil des Geschäfts wird von Gesellschaften wahrgenommen, die ohnehin im Customer-Relationship-Management (CRM) zu Hause sind.

Als Oberbegriff zählt Business Intelligence heute zu den Schlagworten moderner IT-Infrastrukturen. In drei Ausprägungen sind entsprechende Lösungen in der Unternehmens-DV bereits verbreitet: bei der Optimierung der Zusammenarbeit mit Kunden, beim Wissensmanagement und bei der computerunterstützten Entscheidungs- findung.

Insgesamt kann sich die Branche durchaus sehen lassen. So präsentierte die französische Business Objects für das erste Jahresquartal um 35 Prozent höhere Umsätze, die Brio Technology in Santa Clara kam auf ein Plus von zwölf Prozent. Hyperion in Sunnyvale in Kalifornien fuhr mit Analytiksoftware noch vier Prozent mehr ein.

Jedoch blieb auch dieser Hightech-Sektor von ungünstigen Nachrichten nicht verschont. Die kanadische Cognos revidierte die Planzahlen mehrmals nach unten. Dies wurde von der Börse als für den gesamten Sektor negativ aufgefasst. Cognos ist einer der wichtigsten Anbieter und steht besonders am nordamerikanischen Markt in scharfer Konkurrenz zu Business Objects. Hyperion gab trotz Umsatzwachstum einen Verlust bekannt. "Wir sind über das Ergebnis enttäuscht", meinte der Vorstand. Besonders der plötzliche Rückgang der US-Konjunktur und die geringeren Ausgaben für Informationstechnologie machten zu schaffen. So stehen die BI-Börsenkurse seit längerem unter Druck. Bei ihnen gilt das inzwischen bekannte Muster: Je mehr in der Euphorie übertrieben wurde, desto drastischer war später der Absturz.

Am schlimmsten hat es Micro Strategy mit einem Kurseinbruch von 320 auf 4 Dollar erwischt. Und die am Neuen Markt gehandelten Aktien der Darmstädter MIS AG stehen derzeit nur noch bei acht Euro - im ersten Quartal vorigen Jahres waren sie bis auf 208 Euro hinaufgeschossen.

Kursverluste der BI-Firmen sind übertrieben

Der Applix-Kurs rutschte von 25 auf etwas mehr als 1 Dollar ab, der Cognos-Kurs von über 80 auf 14 Dollar. Dabei ist der Hintergrund durchaus beachtlich: Im vierten Quartal kamen die Kanadier bei einem Gesamtumsatz von 144,1 Millionen Dollar auf 132 Millionen Dollar Umsatz im BI-Geschäft, was einer Steigerung von 26 Prozent entspricht. Die Aktie von Business Objects, die an der US-Technologiebörse Nasdaq und am Nouveau Marché in Paris notiert, kostet aktuell rund 26 Euro, stand aber schon mal bei 163 Euro. Mit insgesamt 231,6 Millionen Dollar Barmitteln verfügt die führende BI-Company über ein beruhigendes finanzielles Polster. Der Umsatz dürfte in diesem Jahr zwischen 420 und 430 Millionen Dollar liegen, nachdem es im Jahr 2000 noch 348,9 Millionen Dollar gewesen waren.

Zwei Drittel ihres Börsenwerts vom Frühjahr 2000 haben Actuate und Informatica verloren. Dabei hat Actuate den Umsatz zwischen 1997 und 2000 jeweils verdoppelt. Informatica setzte 1998 rund 29 Millionen, voriges Jahr bereits 154,1 Millionen Dollar um. Im ersten Quartal 2001 kamen schon 54 Millionen Dollar zusammen.

In Anbetracht der guten Wachstumschancen erscheinen die Kursverluste der meisten BI-Aktien inzwischen übertrieben. Eine rühmliche Ausnahme macht NCR. Die Aktie pendelt derzeit um die 45 Dollar - nahe ihrem langjährigen Allzeithoch - und hat weiter Chancen auf Kursgewinne. Der Vorstand rechnet mit anhaltend gutem Ertrags- und Umsatzwachstum. Der Konzern befindet sich im wichtigsten Umbruch der vergangenen Jahre und entwickelt sich zu einem Serviceunternehmen, das auch Softwarelösungen, Datenbanksysteme und Anwendungen für Wissens-Management vertreibt.

MIS ist nach der Umstrukturierung "in einem schwierigen Marktumfeld" ganz gut ins Jahr 2001 gestartet. Zum Ende des ersten Quartals 2001 betrug die Liquidität 17,7 Millionen Euro. Damit stehen nach Ansicht des Vorstands ausreichend liquide Mittel zur Verfügung.

Die Aussichten für BI-Lösungen sind laut den Experten günstig, da derzeit alle Wirtschaftszweige ihr Abläufe optimieren. Auch IBM empfiehlt, die firmeneigenen "Goldminen", also Daten, ausgiebig zu nutzen. Jedes Unternehmen besitze ein unerschöpfliches Reservoir, das sich mit Hilfe von BI sinnvoll nutzen lasse. (kk)

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