Business Software Alliance

02.06.1998

Wenn zutrifft, was Microsoft, Autodesk und andere große Softwarehersteller in Deutschland immer wieder versichern - nämlich, daß "das Gros der EDV-Fachhändler in Deutschland absolut seriös" sind und Software-Piraterie verurteilen, dann stimmen die aktuellen Broschüren der Business Software Alliance, kurz BSA, nachdenklich. Auf den Seiten 9 bis 11 seiner Broschüre "Gute Verbindungen zahlen sich aus! Haben Sie sie bezahlt?" warnt BSA vor dem Händler wie weiland das Mütterchen ihr Rotkäppchen vor dem bösen Wolf: "Manche Computerhändler verschaffen sich durch den Handel mit illegaler Software einen Wettbewerbsvorteil. Das geht zu Lasten der ehrlichen Händler und schadet der Wirtschaft." Was dann folgt, ist die Auflistung diverser krimineller Archetypen im Händlerbereich und Tips, wie man in Verdachtsfällen reagiert.Zum BSA gehören neben Microsoft und Autodesk noch Novell, SCO, Symantec, Adobe, Bentley und Intergraph. Wenn die einzelnen Softwarehersteller einzeln zur Fälschungs- und Manipulationsproblematik befragt werden, sind ihre Stellungnahmen zumeist überlegt formuliert, den Handelspartner sehen die meisten Verantwortlichen mit im gleichen Boot. Doch im Gemeinschaftsauftritt scheinen die Hersteller bei ihrer Tonwahl einen empfindlichen Nerv bei ihrer Klientel getroffen zu haben: "Schulmeisterlich", "unverschämt" und "haltlos" sind die häufigsten Attribute, mit der die Anti-Piraterie-Kampagne des Verbandes von Industrie und Handel bewertet wird. Verbände wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und des Deutschen Kraftfahrgewerbes (ZDK), der Bundesverband Bürowirtschaft (BBW) sowie der Deutsche Städtetag und einige Handelskammern hatten ihre Mitglieder gar dazu aufgerufen, in dieser Richtung nicht mit dem BSA zusammenzuarbeiten.

Nicht die Tatsache daß, sondern wie der BSA auf die Mißstände im Softwarebereich aufmerksam macht, verhindert eine echte Kooperation, so der Tenor der EDV-Fachhändler, die in Briefen und Telefonaten zu den aktuellen Geschehnissen Stellung nehmen. "Die Kampagne sollte provozieren. Ziel war es, den Unternehmen klarzumachen, welche drastischen Folgen der illegale Einsatz von Software für sie haben kann", verteidigt Dirk Schmit, der Sprecher der BSA in Deutschland, die Aktion. Die heftige Reaktion seiner Adressaten findet er "unverständlich und zum Teil sogar unqualifiziert."

Als Marktführer bekommt natürlich vor allem Microsoft bei der Händlerschelte sein Fett weg. Das größte Problem ist die Bearbeitungsgeschwindigkeit. Microsoft hatte in einer Aktion Handelspartner dazu aufgerufen, verdächtig erscheinende MS-Software gegen Originale einzutauschen - man werde im Haus dann die Echtheit der eingeschickten Systeme überprüfen und eventuell gegen dubiose Quellen ermitteln - der Fachhandel bleibe dabei weitgehend verschont. In der Praxis allerdings, so zeigen einige Schreiben, die der Redaktion vorliegen, zog sich die Prozedur sehr lange hin, Ansprechpartner fehlten und viele Forderungen Microsofts - wie beispielsweise die notwendige eidesstattliche Versicherung der jeweiligen Händler - erschien vielen Teilnehmern an der Aktion als undurchsichtig, bürokratisch, umständlich und zu zeitraubend. So schreibt beispielsweise der Geschäftsführer eines kleinen Handelsunternehmens in Norddeutschland: "Seit nunmehr drei Wochen versuche ich von der BAS, dem Anwalt von Microsoft und der Microsoft-Abteilung nähere Informationen zu erhalten, wie ich mich in einer zweifelhaften Software-Sache verhalten soll. Es kann doch nicht sein, daß Micrososft immense Summen in solche Aktionen steckt, und dann nicht reagiert...".

Ähnliche Stimmen liegen natürlich auch Sabine Lobmeier vor. Deshalb gaben wir der Verantwortlichen für die Abteilung Software-Piraterie bei Microsoft Deutschland die Möglichkeit zur Stellungnahme (siehe Kasten).

Sicher ist aber: In Zukunft will sie mit ihren Aktionen näher an die Fachhandelspartner heranrücken - das heißt, nicht nur schriftliche

Aufforderungen oder mahnende Broschüren unterstützen, sondern auch auf Fachhandelstagen oder in Händler-Round-Tables Rede und Antwort stehen. (du)

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