Check-in am NT-Schalter

11.04.2002
Fast anderthalb Jahre dauerte die Umstellung des Check-in-Systems der Lufthansa am Frankfurter Flughafen. Nun kommuniziert das Bodenpersonal über Windows-NT-PCs mit der Server-Farm und dem Reservierungssystem auf einem Host-Rechner.

Wir waren mit bis zu 30 Mann vor Ort", erinnert sich Jörg Schiemann, Projektleiter bei der sd&m AG, an die Umstellung des Check-in-Systems bei der Lufthansa. Das Ganze begann Ende 2000, nachdem man fast ein Jahr lang verhandelt hatte. Es ging darum, den in die Jahre gekommenen Unisys-Host zu entlasten. Dort wurden bisher die Platzreservierungen der Fluggäste gemanagt.

Ein zweites wichtiges Ziel des Projekts war es, die Benutzeroberfläche für den Mitarbeiter am Check-in-Schalter zu vereinfachen. Hier entschied man sich für Windows-NT-getriebene PCs als Arbeitsrechner. In Zusammenarbeit mit der M2P IT-Consulting and Services GmbH entwickelte die mit dem Projekt beauftragte sd&m AG das Frontend. Es stellt sowohl die einzelnen Geschäftsprozesse als auch die dahinter liegende Funktionslogik in grafischer Weise dar und vereinfacht so den Reservierungsvorgang.

Den größten Teil des Projektes machte aber die Integration der Host-Anwendung in den NT-Cluster aus. Es war nämlich nie geplant, irgendetwas am Host zu modifizieren, sondern lediglich auf die dort gelagerten Daten und Funktionen zuzugreifen. Hierzu haben die Mannen von sd&m einen so genannten "stateless"-Server auf dem NT-Cluster installiert. Diese Integrationsapplikation ermöglicht die Java-basierende Kommunikation zwischen den Clients an den Terminals und den NT-Servern im Cluster. Zu diesem Zweck haben die sd&m-Fachleute auf jedem PC die Java-Klassenbibliothek "Swing" installiert.

Middleware von Iona

Den eigentlichen Zugriff auf Daten und Funktionen am Host regelt aber "Orbix 2000", die auf Corba (Common Object Request Architecture) aufbauende Middleware von Iona. Diese bindet die auf dem Unisys-Host existierenden Anwendungen in das neue dreischichtige System ein (siehe Grafik: "Check-in-System der Lufthansa"). Ferner bietet die Middleware eine für den Betrieb ausreichende Skalierbarkeit und Leistungsfähigkeit. Hinzu kommen Funktionen wie Lastverteilung ("Loadbalancing"), sofortige Datenübergabe bei Systemausfall ("failover") und Datenverschlüsselung.

Die eigentliche Prozesslogik am NT-Server besorgt aber einzig und allein die von sd&m entwickelte Integrationsapplikation. Sie stellt sicher, dass Check-in-Vorgänge in sich schlüssig sind, also beispielsweise ein Sitzplatz nicht doppelt vergeben wird. So genannte "Business Cases" verknüpfen Daten aus verschiedenen Drittsystemen, etwa die Kundendaten mit den Informationen auf dem eigentlichen Reservierungssystem, wobei auch der Rechner für Flugplanung und -steuerung konsultiert wird.

Gedruckt wird lokal

Die größte Herausforderung des Lufthansa-Projektes bestand darin, die Systeme auf dem Host so einzubinden, dass sie den Sollzustand erfüllen. Es ging darum, diese Funktionen auf einfache Weise über die neue Benutzeroberfläche auf den Windows-NT-Clients anzusprechen. Besondere Schwierigkeiten machte die direkte Anbindung der einzelnen Ticketdrucker an die jeweiligen Arbeitsplatzrechner. Denn jeder Druckauftrag sollte ja vom PC an den Server zum Host gehen und von dort als fertiger Druckjob wieder zurück zum Client an den Einzelarbeitsplatz-Drucker.

Unerwartete Schwierigkeiten tauchten bei der Ansteuerung der API-Schnittstellen (Application Programming Interfaces) auf. Vor allem die APIs zum Ticketdrucker und zum "Cute" , also dem Common Used Terminal Environment, verlangten den sd&m-Ingenieuren einiges an Mehrarbeit ab.

Doch die Mühe hat sich gelohnt: Heute können die Lufthansa-Mitarbeiter über ihre PCs nicht nur Platzreservierungen am besagten Unisys-Host tätigen, sondern bekommen auch Zugriff auf die Flugpläne im "Tango"-Verbund (Traffic and Network Ground Operation). Ferner ist es ihnen sogar möglich, komplette Reisen beim weltweit operierenden Reservierungsdienst "Amadeus" zu buchen.

Referenzkunde Lufthansa

Nachdem die Offenbacher Niederlassung der sd&m AG bereits 1997 das Unisys-basierende Fluginformationssystem der Lufthansa durch Tango ersetzt hatte, konnte der Systemintegrator beim Aufbau einer dreischichtigen Architektur zum vereinfachten Check-in-Vorgang am Schalter wieder mit seinem Corba- und Java-Know-how glänzen. Ausgerichtet an den technischen und ergonomischen Anforderungen der Lufthansa war sd&m in der Lage, in der vereinbarten Zeit die gewünschte Individuallösung zu implementieren.

Mit der Erstellung einer einfach zu bedienenden Check-in-Oberfläche konnte der Systemintegrator dem Kunden relativ rasch erste Ergebnisse präsentierten. Lufthansa wiederum benötigt nun weniger Zeit, um neue Mitarbeiter in das System einzuarbeiten.

Auch ist der Abfertigungsvorgang am Schalter im höheren Maße als vorher automatisiert und das Bodenpersonal von Routine-Tätigkeiten weitgehend entlastet. Der Check-in-Prozess selbst geht nun viel schneller vonstatten, die durchschnittlichen Kosten pro Transaktion sind gefallen. So kann der Fluggast während der Abfertigung über zusätzliche Services informiert werden. Dem Kunden Lufthansa öffnen sich hierdurch neue Geschäftsmöglichkeiten.

www.iona.com

ComputerPartner-Meinung:

Warum das Flughafen-Bodenpersonal zum Einchecken des Fluggastes einen fetten WindowsNT-PC benötigt, ist aus dem vorliegenden Projektbericht nicht klar geworden. Eigentlich würde für derartige Anwendung ein Terminal beziehungsweise ein so genannter "Thin Client" vollkommen ausreichen. Dessen Anbindung den Server und Host würde sicherlich auch nicht komplizierter ausfallen als mit einem klassischen PC. (rw)

Zur Startseite