Chipaktien: ein Gefühl wie in der Achterbahn

06.08.2000
Mit Aktien von Chipherstellern kann man schnell reich werden, aber auch rasch viel Geld verlieren.

Als schlagender Beweis dafür sind PMC Sierra oder Rambus geeignet. Beide Unternehmen sind Hochkaräter im extrem wachsenden Bereich Kommunikationschips. Allein im ersten Quartal dieses Jahres betrugen die Kursgewinne 350 und 600 Prozent. Seit Beginn des Booms bei Halbleitern im Herbst 1998 sind die Profite noch viel größer. Zuletzt aber rauschten die beiden Paradebeispiele um 50 und 65 Prozent in den Keller (siehe Tabelle). Der Grund dafür ist die weltweite Baisse im Technologiesegment.

Chiptitel bieten soliden Hintergrund

Bei den extrem hohen Bewertungen musste zwangsläufig eine Korrektur kommen. Bei manchen Analysten schwingt auch die Sorge mit, dass das Beste vom Branchenaufschwung schon vorbei sein könnte.

Die Chipaktien haben den größten "Vorlauf" auf erwartete Entwicklungen, positiv wie negativ. Anders als bei den vielen Internet-Papieren ohne große Substanz haben die Chiptitel jedoch einen soliden Hintergrund zu bieten. Die Hochkonjunktur der Branche ist noch nicht zu Ende. Ein Zyklus dauert gewöhnlich zwei bis drei Jahre, so dass die Ergebnisse erst Ende 2001 oder 2002 abflachen dürften. Die Aussichten auf nachhaltige Kurserholungen im Laufe des Jahres sind somit günstig.

Zurzeit berichten praktisch alle Halbleitergesellschaften von außergewöhnlichen Gewinnsteigerungen. Selbst die sonst etwas zurückhängenden Massenspeicherproduzenten wie Taiwan Semiconductor, Samsung (Korea), Hitachi, Fujitsu, NEC und Toshiba (Japan) kommen auf Ertragszunahmen von 35 bis 50 Prozent, teilweise bei Umsatzverdopplungen. Micron Technology, der größte US-Fabrikant, machte 1999 noch Verluste. Dieses Jahr beträgt das Ergebnis pro Aktie voraussichtlich 1,65 und im nächsten Jahr 2,20 Dollar. Der Kurs der niederländischen Philips wird vorwiegend durch das hoch profitable Chipsegment getrieben. Die deutsche Infineon - die Siemens-Tochter ging erst kürzlich an die Börse - hat mehrmals ihre Gewinnprognosen angehoben. Die französische ST Microsystems profitiert von einem Milliardenauftrag des Netzwerkers Nortel Networks.

Aufgrund der kräftigen Nachfrage können die Hersteller höhere Preise durchsetzen. Für den Chipboom zeichnen die weltweit gute Konjunktur, die relativ gute PC-Nachfrage, das starke Wachstum des Internet, der Netzinfrastruktur und der Telekommunikation (Handy, Modem, Breitbandtechnik) sowie die allgemein vielfältige Verwendung von Mikrochips in fast jedem Industriezweig verantwortlich.

Kommunikationschips mit größtem Zuwachs

Auf den größten Zuwachs kommen die Sparten Kommunikationschips für verbraucherorientierte Anwendungen mit Firmen wie Conexant, Altera, Integrated Devices, PMC Sierra, Texas Instruments und Xilinx mit teilweise bis zu 80 Prozent Ertragswachstum.

Shooting-Star Rambus

Shooting-Star ist Rambus. Die R-DRAM-Speicherchiptechnologie (R steht für Rambus) könnte sich zum Standard für schnelle PCs entwickeln. Intel setzt bei seinem Chipsatz i820 darauf. Bislang verdiente Rambus vor allem am Videospielemarkt, der seit jeher Schrittmacherdienste für die PC-Industrie leistet.

Die neue Chip-to-Chip-Technologie (Interface) soll dem Unternehmen von 2000 auf 2001 bemerkenswerte 110 Prozent Umsatzzuwachs auf 130 Millionen Dollar bringen. Das Ergebnis pro Aktie wird laut den Vorhersagen mit zwei Dollar pro Aktie nächstes Jahr drei Mal besser als dieses Jahr sein. Die Profitmarge ist mit 42,8 Prozent besonders stolz. Mit anderen Worten: Von einem Dollar Umsatz bleiben 42,8 Cents als Gewinn hängen. Das schafften Intel und Microsoft selbst in ihren besten Zeiten nicht.

Aber nicht alle Chippapiere taugen zur Langfristanlage. Eine Ausnahme bildet Intel als größter Hersteller von Mikroprozessoren und neuerdings auch Konkurrent Advanced Micro Devices (AMD), die zuletzt den Ertrag kräftig verbesserten.

Dem Aufschwung im konjunkturanfälligen Halbleitergeschäft folgt nämlich mit schöner Regelmäßigkeit auch der Abschwung. Im ersten Abschnitt einer Hausse schießen die Kurse fast senkrecht hinauf, so geschehen zwischen Herbst 1998 und März 2000. Im zweiten stürzen sie ab, so wie zuletzt. Dann kommt die entscheidende dritte Etappe, vor der die Papiere jetzt stehen.

Es erscheint durchaus möglich, dass sie noch einmal zu einer großen Form auflaufen und unter beträchtlichen Schwankungen nach dem Ende der jetzigen Baisse womöglich die Hälfte ihrer Verluste aufholen. (kk)

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