CNR-Karten sollen bessere Margen bescheren

19.07.2001
Die Spezifikation CNR (Communication Networking Riser) von Intel soll zur Kosten sparenden Alternative bei der Sound-Integration in PCs avancieren. Hersteller wie Terratec und Hercules bieten nun Karten für den lange Zeit wenig beachteten Slot an.

Der Chiphersteller Intel begründete im Jahr 1998 einen neuen Anschlussstandard für Mainboards und nannte ihn Audio Modem Riser (AMR). Die Schnittstelle integrierte unter anderem die Modem- und Sound-Funktionen von Audio-Codec 97 (AC#97) sowie einen USB-Kanal. Zwei Jahre später änderte Intel den Steckertyp des Slot und erweiterte ihn um ein LAN-Interface und den SM-Bus. Fortan hieß der Steckplatz CNR (Communica-tion Networking Riser).

Nur einen Tag später präsentierten die in einem Konsortium zusammengefassten Intel-Konkurrenten wie AMD, Motorola, Texas Instruments und VIA den Advanced Communication Riser (ACR). Dieser Standard schließt AMR-Funktionen mit ein (AMR-Karten passen in ACR-Slots) und enthält zusätzlich ein LAN-Interface sowie Anschlüsse für DSL-Modems und Wireless LAN.

Riser-Karten (engl. to rise = zunehmen, ansteigen) - ob AMR, ACR oder CNR - sind im Grunde normale Steckkarten wie ISA, PCI oder AGP auch. Sie passen in die entsprechende Buchse auf dem Mainboard. AC97-kompatible Chipsätze wie Intel ICH 82801 und die VIA-Southbridge VT82C686A besitzen eine Schnittstelle zum Anschluss entsprechender Audio-Codecs. Das sind, vereinfacht gesagt, bessere AD/DA-Konverter. Mit den passenden Treibern kann die CPU ohne Soundkarte oder Modem Klänge verarbeiten beziehungsweise Daten über Telefonleitungen versenden.

Dies ist billiger als der Einbau einer Soundkarte oder eines Modems in den Rechner und funktioniert bei schnellen Prozessoren und passenden Treibern gut.

Allerdings ist der Riser-Standard für den Endverbraucher ungeeignet. Denn fast jede Kombination aus CNR-Karte und Mainboard macht spezielle Treiber erforderlich, die darüber hinaus nicht alle Betriebssysteme unterstützen. Und da das Know-how dieser Technik hauptsächlich in den Treibern steckt, dürften etwaige notwendige Aktualisierungen kaum frei zum Download zur Verfügung stehen.

Ein weiterer Grund, weshalb man die Riser-Karten auf dem Endverbrauchermarkt nicht findet, sind die Kosten für Verpackung, Service, Zwischenhändler und Lagerhaltung. Sie würden den Preis der CNR-Karten fast in die Preisklasse von universell einsetzbaren PCI-Karten anheben.

Großes Marktpotenzial

Aus diesen Gründen können nur PC-Hersteller (OEMs) vom Kostenvorteil der Riser-Lösungen profi-tieren. Und auch nur solche, die Komplettsysteme in großen Stückzahlen montieren und die Treiber gleich mitliefern können.

Zurzeit sind es der deutsche Soundkartenhersteller Terratec und der französische Konkurrent Guillemot mit seinem Brand Hercules, die mit groß angelegten Aktionen Integratoren von den Vorteilen der Riser-Technik überzeugen wollen. Hauptsegment ist der Markt für Einsteiger- und Mainstream-PCs, der nach Angaben von Guillemot 90 Prozent des gesamten Consumer-Markts ausmacht. Während Guillemot unter den Bezeichnungen "SC-Riser 6", "SC-Riser 6 digital" und "SC-Core 6 digital" insgesamt drei Modelle mit jeweils Sechs-Channel-Output anbietet, bringt es der Mitbewerber Terratec auf zehn Varianten - von der einfachen Stereo-Out-Karte "Integra CNR 2 S" bis zur Zwei-Kanal-Masterkarte "Integra CNR 6-M-D", die neben Line- und Mikrofon-In sechs Ausgänge (5.1) plus digitalen Output (S/PDIF) hat.

Beide Firmen kooperieren eng mit dem amerikanischen Halbleiterhersteller Analog-Devices, dessen Klanglösung Sound-Max für CNR-Anschlüsse ausgelegt ist. In Frage kommen zurzeit Mainboards, welche die Chipgruppen Intel 82801, VIA VT8233 und gleichzeitig einen Pentium III oder IV nutzen. Seit kurzem liefert außerdem MSI Microstar CNR-Mainboards mit VIAs neuem Chipsatz KT133 und Sockel A aus, die Thunderbird- und Duron-Prozessoren von AMD unterstützen.

Integratoren, die solche Boards verwenden, können auf den Einbau eines separaten Audio-Chipsets oder einer PCI-Soundkarte in der Hardware verzichten, da die Audio-Funktion in den E/A-Controller eingebettet ist. Guillemot betont, dass durch den Einsatz von Sound-Max die Kosten gegenüber einer konventionellen Soundlösung auf bis zu ein Drittel reduziert werden können. Dabei ist volle Skalierbarkeit gewährleistet. Die CNR-Audiokarten von Terra-tec fügen Surround-, Center-, Subwoofer- und digitale (S/PDIF-) Ausgabebuchsen zum grundle-genden Zweikanalsystem hinzu. So ermöglichen sie die 2-, 4- und 5.1-Wiedergabe von Dolby-Digital-Soundtracks und 3D-Spielen. Für ein wirklichkeitsnahes Klangerlebnis sorgen die von Analog Devices in Sound-Max integrierten Techniken SPX und Sensaura 3D. Beide Anbieter versichern, dass die CNR-Karten WHQL-qualifiziert seien und daher unter allen Windows-Betriebssystemen stabile Ergebnisse erbrächten (WHQL = Windows Hardware Qualification Lab). Um CNR "unter das Volk zu bringen", will Guillemot nicht nur die Assemblierer wie zum Beispiel Maxdata, und HP ansprechen, sondern auch auf die großen Endanbieter wie Media-Markt oder Saturn zugehen, um auf die technischen Möglichkeiten und die Preisvorteile hinzuweisen. Künftige Versionen von Terratecs CNRKarten sollen neben Audio verschiedene Kommunikationstech-niken wie V.90, DSL, LAN und HPNA enthalten.

www.terratec.de/integra.htm

ComputerPartner-Meinung:

Was für die Systemintegratoren gut ist - nämlich bessere Mar-gen -, muss für den Endkunden noch lange kein Vorteil sein. Wer nämlich einen billigen All-in-One-PC mit CNR-Soundkarte gekauft hat und später auf ein anderes Betriebssystem wechseln möchte, könnte sein blaues Wunder erleben. Möglicherweise muss er nämlich eine PCI-Karte nachrüsten, da die CNR-Treiber für seine Karte veraltet sind und die gewohnte Performance einschränken. Die jeweiligen Treiber, die speziell für jede Karte gebraucht werden, stellen daher den neuralgischen Punkt in der CNR-Technik dar. (de)

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