Compaq rollt den PDA-Markt von hinten auf - Palm weiterhin Primus

14.06.2001
Während Palm trotz Gewinnwarnung und Massenentlassungen auch im ersten Quartal 2001 mit fast 60 Prozent Marktanteil einen komfortablen Vorsprung vor dem Mitbewerb erwirtschaften konnte, wirbelt Compaq mit seinem Ipaq den Rest der Konkurrenz in Deutschland und Westeuropa gewaltig auf.

Das Handheld-Segment gehört zu ganz wenigen IT-Marktbereichen, in de- en mehrstellige Wachstumsraten noch an der Tagesordnung sind. Das britische Marktforschungsunternehmen Canalys hat nun die neuesten Quartalsergebnisse der PDA-Szene in Deutschland und Westeuropa vorgestellt.

Der Handheld-Markt in Deutschland konnte im ersten Quartal 2001 insgesamt ein Wachstumsplus von 126 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal erreichen. Diese immense Steigerung ist vor allem drei Herstellern zu verdanken - und zwar Palm, Compaq und Casio. Während Palm knapp unter dem Klassendurchschnitt um 122 Prozent wuchs, stieg der Marktanteil von Casio um überdurchschnittliche 161 Prozent. Der absolute Shootingstar war jedoch Compaq. Das Unternehmen hievte seinen Ipaq von 2,8 Prozent Marktanteil auf 9,0 Prozent. Das ist ein Wachstum von 632(!) Prozent. Im Gegenzug verloren Psion und Hewlett-Packard dramatisch an Boden. Psion beklagt ein Minuswachstum von sechs Prozent. Dabei stürzte der Marktanteil von 18 Prozent im ersten Quartal 2000 auf 7,5 Prozent. Ähnlich schwach (minus 5 Prozent Wachstum) schnitten die Bad Homburger auch im westeuropäischen Vergleich ab. Erst kürzlich beteuerte Deutschland-Geschäftsführer Hans Stadler in einem Gespräch mit ComputerPartner (Ausgabe 13, Seite 12) er werde weiterhin auf die Stärke tastaturbasierter Technik bauen. Vielleicht sollte er doch einmal die stiftbasierte Technik ins Visier nehmen, da hier derzeit einfach die besten Chancen zu sehen sind.

Auch der Marktanteil von Hewlett-Packard rutschte von 6,2 Prozent auf 2,5 Prozent, und zwar durch ein Minuswachstum von drei Prozent. Die Böblinger werden aber mit Sicherheit durch den neuen Handheld Jornada 525 mit Farb-Display bald wieder Boden gewinnen, was die Europazahlen für HP (Plus 107 Prozent) bereits andeuten.

Form und Marketing bestimmen den Markterfolg

Das PDA-Marktwachstum in Westeuropa liegt im Durchschnitt bei 99 Prozent. Es hat sich also fast verdoppelt. Auch hier konnte Casio mit 172 Prozent das Klassenziel deutlich über erfüllen. Mit einem Plus von 1.018 Prozent (in Worten: Eintausendachtzehn!!) katapultierte sich der Ipaq geradezu sensationell auf den zweiten Platz hinter Palm. Die Heilbronner liegen mit einem Wachstum von "nur" 61 Prozent immer noch auf Platz eins, mussten jedoch massiv Marktanteile abgeben. Diese schrumpften von einstigen 59,3 Prozent auf aktuelle 48 Prozent. Ein weiterer, sehr ernst zu nehmender Mitbewerber ist Handspring. Im letzten Jahr noch nicht gelistet, stemmte sich der farbenfrohe Newcomer sowohl in Deutschland als auch in Europa von Null auf den fünften Platz mit einem Marktanteil von 7,9 beziehungsweise 8,3 Prozent.

Woran liegt es, dass einige Produkte so einen steilen Anstieg in der Kundenbeliebtheitsskala schaffen und andere mehr schlecht als recht die Kurve kriegen? Bei Compaq ist man sich einig, dass der ungewöhnliche Formfaktor des Ipaqs ausschlaggebend war. Aber vielleicht liegt es auch an der Beliebtheit einzelner Betriebssysteme. Sieht man sich nämlich die Wachstumsraten der verschiedenen OS-Systeme an, kristallisiert sich Windows CE als zukünftig ernst zu nehmender Konkurrent für Palm OS.

Es kann aber auch einfach nur daran liegen, dass Compaq zur rechten Zeit, in ausreichend großen Stückzahlen und am richtigen Ort seine PDAs angeboten hat. Der "richtige Ort" waren im konkreten Fall nahezu alle europäischen Flughafen-Shops, in denen spielfreudige Vielflieger das Objekt der Begierde offeriert bekamen, und zwar en gros. Die Analysten von Canalys warten nun ab, ob Compaq die Nachfrage nach dem hochpreisigen Ipaq weiterhin anheizen kann, oder ob es sich nur um ein kurzzeitiges Strohfeuer handelte.

www.canalys.com

ComputerPartner-Meinung:

Der PDA-Markt wird auch in den nächsten Quartalen für viel Aufregung und Spannung sorgen. Handhelds wachsen verstärkt mit Smart Phones und anderen Wire-less-Lösungen zusammen. Und demnächst kämpfen neben den aktuellen Akteuren weitere, höchst in- teressante, Hersteller wie Sony, Samsung, Siemens, Toshiba und Mitsubishi/Trium um die Marktanteile. Und dann müssen alle Beteiligten, selbst der jetztige Marktführer Palm, punktgenau den Kundengeschmack treffen, sonst haben sie sehr schnell ausgespielt. (go)

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