Compaqs Bilanz leidet unter starkem Einbruch im Consumer-Segment

02.08.2001
Vor allem der dramatische Einbruch des Consumer-PC-Marktes hat die Ergebnisse von Compaq weltweit aber auch in Deutschland im zweiten Quartal massiv heruntergezogen. Jetzt ist Sparen angesagt und eine konsequente Neuausrichtung der Geschäftsstrategie.

Eine alte Schauspielerweisheit besagt, dass es in Deutschland ein wahrer Volkssport ist, Stars zu machen, um sie dann ge-nüsslich vom Podest zu stoßen. Diese schmerzliche Erfahrung musste nun auch Compaq machen. Noch Ende letzten Jahres schnellte der Marktanteil der Texaner im Consumer-Bereich von etwa fünf Prozent auf rund 16 Prozent hoch und das Unternehmen hatte Mühe, genügend Geräte zu produzieren und in den Kanal zu bringen. Jetzt, nur wenige Monate später, liegen diese ehemaligen Objekte der Begierde wie Blei in den Regalen der Retailer wie Media-Markt, Lidl und Co. Peter Mark Droste, Vorsitzender der Geschäftsführung der Compaq Computer GmbH, berichtet von einem Einbruch um 75 (!) Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das konnte nach seiner Aussage durch das Wachstum weder bei den professionellen Systemen noch bei den Pocket-PCs der Ipaq-Familie kompensiert werden. Somit musste der Unternehmensbereich Access Business Group einen Rückgang von 25,2 Prozent gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres verzeichnen. Zumindest im Business Group-Bereich konnte Compaq Deutschland ein Miniplus von einem Prozent und im Segment Global Services 3,4 Prozent Wachstum melden. Insgesamt musste das Unternehmen einen Umsatzrückgang von elf Prozent auf 416,5 Millionen Euro hinnehmen, kann aber dank des guten ersten Quartals das kontinuierliche Ergebnis für das erste Halbjahr fast auf Vorjahresniveau halten.

Radikaler Schwenk zu IT-Infrastrukturlösungen

"Die dramatische Geschwindigkeit, mit der sich die Marktverhältnisse in den zurückliegenden drei bis vier Monaten verschlechtert haben, sind selbst für unsere Branche ungewöhnlich", erläutert Droste die deutschen Ergebnisse. "Umso wichtiger ist es, dass sich unsere Organisation diesen neuen Gegebenheiten schnell anpasst und sich sowohl bei den Produkten als auch bei den angebotenen Dienstleistungen auf die Forderungen der Kunden nach kosteneffizienten, standardisierbaren Lösungen einstellt. Die eingeleiteten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung sowie die strategische Ausrichtung des Unternehmens hin zu einem höheren Anteil an hochwertigen IT-Infrastrukturlösungen und dazugehörigen Dienstleistungen gewinnen im Licht der aktuellen Marktsituation noch mehr an Bedeutung." Konkret sehen diese Strategieveränderungen wie folgt aus: die Variantenvielfalt der Produkte (derzeit 135!!) wird drastisch reduziert und nur noch eine Hand voll Standardmodelle angeboten. Durch die bereits erfolgte Zusammenlegung der Bereiche Consumer und Business kann Compaq nach Drostes Aussage nun auf eine verbesserte Synergie bauen. So sollen für beide Kundensegmente die gleichen Komponenten wie beispielsweise Mainboards verbaut werden.

Auch wenn das sogenannte Frontend, also Desktops, Portables und Handhelds, im Low-Profit-Bereich angesiedelt ist und zu den Verlustbringern des zweiten Quartals gehört, soll es laut Droste in etwa gehalten werden. Die Bereiche Taskserver und vor allem das Backend sollen hingegen stärker ausgebaut werden. Im Backend-Segment (fehlertolerante Server, Alpha und Himalaya, Infrastruktur) gibt es nicht nur äußerst attraktive Margen, auch die Marktsituation gibt Anlass zur Freude. Darüber hinaus wird der Service-Anteil massiv ausgebaut. Zum aktuellen Zeitpunkt verteilt sich der Umsatz auf diese drei Bereiche wie folgt: Die Access Business Group (Frontend) macht knapp 49 Prozent, der Highend-Bereich (Backend und Taskserver) machen zirka 28 Prozent und der Service in Deutschland bringt 22 bis 23 Prozent des Umsatzes ein. Bis in zwei Jahren will Droste die von Michael Capellas mehrfach geforderte Drittellösung erreicht haben.

Nur mit Strategie-Änderungen für die Zukunft kann Compaq aber nicht die angespannte Situation entspannen. Wie bei vielen anderen Konkurrenten auch wurde bei den Texanern der Rotstift gezückt. Weltweit sollen insgesamt 8.500 Arbeitsplätze eingespart werden, von denen bereits 5.100 ihre Kündigung schon erhalten haben. Von den verbleibenden 3.400 Streichstellen sind 1.750 in Europa, wovon allein im schot-tischen Werk 700 Mitarbeiter betroffen waren. Wie viele Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden, will Droste noch nicht sagen, das sei ein Thema für die nächste Mitarbeiterversammlung, in der Branche munkelt man jedoch von etwa 350 Arbeitsplätzen. Die "Großen Drei" in Europa - Großbritannien, Deutschland und Frankreich - teilen sich auf jeden Fall die verbleibenden 800 Wackelkandidaten.

Bereits seit dem ersten Quartal hat Compaq Deutschland aber auch in den eigenen Reihen ein internes Sparprogramm gestartet. Bis heute wurde laut Droste schon ein zweistelliger Millionen-Betrag eingespart, in dem die Belegschaft zum Beispiel die Reisekosten reduzierte und auch die Anzahl der Events, die man selber ausrichtete oder besuchte, stark eingeschränkt hat. Des Weiteren nutzen die verschiedenen Standorte in Deutschland aber auch europaübergreifend zentrale Services. Zu den so genannten Shared Services gehört zum Beispiel die Abteilung Finanzen.

www.compaq.de

ComputerPartner-Meinung:

Compaq hat mit einem blauen Auge das turbulente zweite Quartal überstanden und will sich mit teils drastischen Strategie-Änderungen vor massiveren Schäden schützen. Die verstärkte Ausrichtung auf hochwertige IT-Infrastrukturlösungen wird aber auch den Fachhandel betreffen und ihn zum Weiter- oder gar Umdenken zwingen. (go)

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