Customer-Relationship-Management beginnt in den Köpfen der Mitarbeiter

07.06.2000
Ohne Aufklärung, Änderung der Arbeitsabläufe und Leistungsanreize können Unternehmen das Potential von CRM (Customer-Relationship-Management) nicht ausnutzen, glaubt Johannes Untiedt*. Hier sind kompetente Berater und Systemintegratoren gefragt.

Wir haben uns doch hier in unserer Abteilung schon immer auf den Kunden konzentriert!" Solche Reaktionen sind nicht ungewöhnlich, wenn die Unternehmensleitung plötzlich bekannt gibt, dass sie externe Berater damit beauftragt hat, ein professionelles Konzept für das Kundenbeziehungs-Management der Firma zu erarbeiten und einzuführen.

CRM intern häufig umstritten

Neben rein technischen Problemen - Wie sollen Hard- und Software in die bestehenden Strukturen integriert werden? - beein- flusst die Einführung einer durchdachten CRM-Strategie auch immer das Firmenklima. Führungskräfte und Mitarbeiter reagieren mit gemischten Gefühlen: "Der Kunde ist doch schon König - was soll da noch passieren?"

Doch Customer-Relationship-Management ist mehr als nur prompte Reaktion auf die Anfrage eines Kunden, mehr als Rabatte für besonders treue Geschäftspartner oder spezielle Angebote für unterschiedliche Käufergruppen. Dies offenbart sich rasch, wenn professionelle Berater das bis dato praktizierte Kunden-Management hinterfragen. Folgende Fragen wird ein versierter VAR auf jeden Fall stellen:

- Kann der Mitarbeiter, der einen beliebigen Kundenanruf annimmt, noch während des Gesprächs feststellen, was der Kunde schon alles gekauft hat und welches Teilangebot der Kunde vorzugsweise kaufen würde?

- Ist der Kunde loyal und profitabel oder auf dem Sprung, zu einem anderen Anbieter zu wechseln?

- Ist rasche Hilfe nur Bestandteil einer befristeten Garantie, oder ist sie selbstverständlich, weil der lebenslange Wert des Kunden für das Unternehmen in Betracht gezogen wird?

- Was weiß man über die Klientel der eigenen Kunden - und über den Einfluss, den man über die Wertschöpfungskette auch auf diese Gruppe nehmen kann?

- Ist bekannt, wie viel Umsatz - oder noch besser - wie viel Ertrag ein einzelner Kunde bringt?

- Gibt es so etwas wie einen CRM-Projektplan oder eine Profitabilitätsstudie?

- Wird bei Geschäftsentscheidungen überlegt, wie man mit gezielten Aktivitäten langfristige Kundenbeziehungen fördern kann?

- Zieht sich die CRM-Strategie in alle Unternehmensbereiche?

- Haben alle Mitarbeiter verinnerlicht, was CRM für das Unternehmen bedeutet, und stehen sie voll dahinter?

Vorurteile abbauen

Häufig sind es die "kleinen Dinge" in den Köpfen der Mitarbeiter, weshalb viele Unternehmen das gesamte Potential von CRM nicht auszuschöpfen vermögen. Folgende Vorurteile sind in den Firmen anzutreffen:

- Die CRM-Strategie macht den Eindruck, eine Marotte des Managements zu sein.

- "Das haben jetzt alle, das brauchen wir auch."

- Wird CRM lange genug geduldig ignoriert, wird es schon irgendwann wieder verschwinden.

Aufgrund dieser Vorbehalte muss der Systemintegrator den Mitarbeitern des Kunden von Anfang an die Tragweite des neuen Konzepts verdeutlichen. CRM braucht eine klare und starke Motivation. Aus den oft zitierten Sprüchen:

- CRM beugt Kundenabwanderung vor.

- Es zahlt sich aus, Kunden ihrem ökonomischen Wert gemäß zu behandeln.

- Einen neuen Kunden zu gewinnen, ist siebenmal teurer als einen bestehenden zu halten.

lässt sie sich eine dauerhafte Begeisterung für CRM keinesfalls generieren. Es muss dokumentierte Gründe geben, warum Mitarbeiter die Grundgedanken von CRM in ihrer Arbeit übernehmen sollten - etwa in Form einer soliden Rentabilitätsstudie, die die mögliche Effektivität von CRM in blanken Zahlen ausdrückt und über die Laufzeit eines Projektes kontinuierlich gemessen wird.

CRM ist Chefsache

Ganze Wände voller bunter Grafiken, Charts und Darstellungen des Projektfortschritts erläutern dann den CRM-Prozess im Unternehmen. Allerdings reicht es nicht, die Strategie sorgfältig zu planen und einmal im Unternehmen zu kommunizieren, wenn das Team, das mit der Implementierung von CRM-Maßnahmen betraut wird, mit jedem weiterführenden Schritt auf schwindendes Engagement in den Abteilungen stößt.

CRM ist nun mal Chefsache und muss von dort aus getrieben werden. Die Motivationsfrage wird in regelmäßigen Schritten wieder auftauchen. Fehlt dem Unternehmen dann ein geeignetes System, um den Erfolg von CRM zu messen und Fortschritte innerhalb des Unternehmens anzukündigen, wird sich die Belegschaft fragen, warum man nicht einfach so weitermachen konnte wie in der Vor-CRM-Zeit - und danach handeln.

Der Aufwand, mit dem die Mitarbeiter den CRM-Richtlinien folgen müssen, darf nicht so groß sein, dass man sich - angesichts des unabhängig davon anfallenden Tagesgeschäfts - überfordert fühlt. Sonst kann es schnell passieren, dass die Kundenbindungsmaß-nahmen zugunsten der täglichen Problemlösung vernachlässigt werden.

Ohne Geduld lässt sich der Paradigmenwechsel vom Produkt- zum Kundenfokus nicht erreichen: Die dafür benötigte Zeit wird häufig unterschätzt. Berater rechnen mit mindestens 12 bis 24 Monaten, um CRM einzuführen und in die tägliche Arbeit zu integrieren.

Letztlich ist es natürlich auch die technische Ausstattung, die den Erfolg von CRM ausmacht: Es ist eine strategische Initiative, die sich an vorausgegangenen Ansätzen wie Total-Quality-Management (TQM) orientiert. Genauso wie dort muss auch bei CRM eine Gruppe von Mitarbeitern des Kunden entsprechend geschult werden, um die Einführung von CRM in ihren eigenen Abteilungen voranzutreiben.

Damit Tatendrang nicht in Frustration umschlägt, gehört adäquate Infrastruktur, also Technologie zur Erfassung, Analyse und Bereitstellung relevanter Kundendaten aus allen Bereichen des Unternehmens und über alle Kontaktkanäle, unbedingt dazu. Denn nur in diesem Fall wird das mühsam verinnerlichte CRM-Konzept erfolgreich in die Praxis umgesetzt.

www.eloyaltyco.com

*Johannes Untiedt ist Deutschland-Geschäftsführer des Unternehmensberaters und Systemintegrators Eloyalty.

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