Das hat Apple gerade noch gefehlt

17.10.2002

In Apples Vertriebskanal ist seit Jahren der Wurm drin. Unter anderem hat eine undurchsichtige Margenpolitik dazu geführt, dass überregionale Großhändler einen äußerst aggressiv geführten Preiskrieg angezettelt haben. Der knallharte Verdrängungswettbewerb hat viele der kleineren Apple-Partner an die Wand gedrückt, einige mussten ganz aufgeben. Immer wieder machte der Handel auf die katastrophalen Verhältnisse aufmerksam. Die vorläufigen Höhepunkte: Distributor Mac Point verabschiedete sich im April diesen Jahres in Form eines offenen Briefes an Deutschland-Chef Frank Steinhoff aus der Apple-Szene. Und der um die Existenz kämpfende Fachhandel schließt sich zu einer Genossenschaft zusammen. Diese sollte den notwendigen Druck aufbauen, um die Apple-Führungsriege endlich zum Handeln zu bewegen. Auch ComputerPartner hat immer wieder über die ernsthaften Probleme zwischen Apple und seinen Wiederverkäufern berichtet. Steinhoff teilte indessen Beruhigungspillen an die Händlerschaft aus - ernsthafte Rettungsversuche, die fatale Schieflage in den Griff zu bekommen, gab es nicht.

Ende Juli zauberte dann der um Marktanteile ringende Hersteller sein neues Partnerprogramms aus dem Hut. Ab jetzt sollte alles besser werden. Doch der Schuss ging nach hinten los. Das neue, noch dazu auf irischem Recht basierende, Vertragswerk entpuppt sich für das Gros der Partner als Knebelvertrag. Die umfangreichen Rechte des Lieferanten gehen vielen zu weit, der Bewertungskatalog zur Festsetzung der Boni wird als "Notensystem von Apples Gnaden" verhöhnt, das "völlig am Markt vorbeizielt".

Auch Europas größter Handelspartner Cancom ist sauer gefahren worden. Seine Reaktion fällt heftig aus. Apple fliegt zwar nicht aus dem Programm, doch einen Platz an der Festtafel gibt es nicht mehr. Der Hersteller wird an den Katzentisch verwiesen. Cancom nimmt erstmals Wintel-Maschinen in seinen Media-Solutions-Katalog und vergleicht sie direkt mit Mac-Rechnern (siehe auch Beitrag auf Seite 12). Für Apple ist das ein Schlag ins Gesicht, der Handelsriese begibt sich auf direkten Konfrontationskurs - der Streit könnte eskalieren. Möglicherweise reagieren einige Apple-Partner mit Schadenfreude, denn das Bekenntnis seitens Cancom, nur noch mit halber Kraft den Apple-Markt zu bedienen, könnte ihnen ja zu mehr Geschäften verhelfen.

Doch diese Argumentation greift zu kurz. Was Cancom macht, hat Signalwirkung für eine ganze Branche. Potenzielle Apple-Käufer bekommen per Katalog einen Wink mit dem Scheunentor ins Haus geliefert. Der mächtige Apple-Partner Cancom glaubt nicht mehr an seinen Lieferanten, glaubt nicht mehr an einen möglichen Markterfolg der Produkte. Vielmehr macht er deutlich, dass die Zeit für Apple offensichtlich abgelaufen ist. Das wird nicht nur für Unsicherheit bei den Käufern sorgen, sondern auch nicht gerade zur Reputation von Apple beitragen. Und das werden in letzter Konsequenz alle Apple-Partner zu spüren bekommen.

Christian Meyer

cmeyer@computerpartner.de

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