Das Marketing aktiviert die Selbstzerstörung

10.05.2000
Updates, Upgrades, New Releases. Beim Kauf von Software kann man schnell die Übersicht verlieren. Doch schon wer beispielsweise genau auf die Versionsnummern seiner Software achtet, erfährt, was das Produkt wirklich kann. Und was nicht.

1.0. Auch bekannt als die "Ein-Punkt-oh-mein-Gott"- Version. Niemand weiß, ob diese Software noch in der Betaphase ist oder tatsächlich läuft. Sie wird nur auf den Markt gebracht, weil die Marketing-Abteilung mit Blick auf Entwicklungskosten und Entwicklungszeit vom Infarkt bedroht ist. Die Programmierer haben monatelang kein Gehalt gesehen und drohten in ihrer Verzweiflung mit rituellem Selbstmord. Das Programm ist eine Art Virus, für den man auch noch bezahlen soll.

1.1. Zahllose Programmabstürze, Festplatten-Crashs und die Kündigung sämtlicher Mitarbeiter der Beschwerde-Hotline zwingen das Unternehmen Version 1.1 auszu-liefern. Um den Erfolgsdruck vom Unternehmen zu neh-men, haben die Programmierer auf altbewährte Methoden zurückgegriffen. Sie bauen in ihre Pannen-Software einen Absturz ein, der dem Betriebssystem Windows die Schuld zuweist, dass die Software hängt.

2.0. Endlich ist das Unternehmen in der Lage, die Software vorzustellen, die man eigentlich von Anfang an produzieren wollte. Sie ist zwar nicht auf die Bedürfnisse des Konsumenten abgestimmt, aber dieses Problem wird die Marketing-Abteilung hoffentlich bald beseitigt haben.

2.1. Bringt dem Unternehmen genug Geld, damit endlich richtige Tests in einem anständigen Labor mit richtigen Experten durchgeführt werden können. Nachdem die Ergebnisse bekannt werden, wird das Produkt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom Markt genommen. Der Vorstand verspricht daraufhin, so schnell wie möglich Version 2.2. zu entwerfen.

3.0. Der alte Vorstand wurde gefeuert, mit ihm Version 2.2. Bis heute weiß niemand, wie der Selbstzerstörungsmechanismus und die 34 Tastenkombinationen, mit denen er aktiviert wird, in die Software geraten konnten.

4.0. Nach dem Wechsel der Geschäftsführung hat auch ein Wechsel der Computergenerationen stattgefunden. Höchste Eisenbahn, Software nachzulegen, die ohne zusätzliche Leistungen mehr Prozessorkapazität verbraucht.

7.0. Die Firma ist Konkurs gegangen, nachdem Version 5.0, 5.1., 5.11. und 6.0. geflopt haben. Die Mitarbeiter haben sich neue Jobs gesucht. Nur ein mittlerweile un-zurechnungsfähiger Programmierer und der ebenfalls umnachtete Marketing-Leiter versuchen, mit übrig geblieben Restbeständen ein paar Mark zu machen.

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