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Defektes iPhone kaufen, billig reparieren - Gute Idee?

Stephan Wiesend schreibt für die Computerwoche als Experte zu den Themen Mac-OS, iOS, Software und Praxis. Nach Studium, Volontariat und Redakteursstelle bei dem Magazin Macwelt arbeitet er seit 2003 als freier Autor in München. Er schreibt regelmäßig für die Magazine Macwelt, iPhonewelt und iPadwelt.
iPhone mit kleinen Schäden gibt es bei Ebay oft sehr günstig, in der Theorie könnte man da viel Geld sparen.
Kaputtes Display, defekter Akku oder Wasserschaden: Wann lohnt sich der Kauf eines defekten iPhones?
Kaputtes Display, defekter Akku oder Wasserschaden: Wann lohnt sich der Kauf eines defekten iPhones?
Foto: Chones - Shutterstock.com

Hat man schon mal einen Akku in einem alten iPhone ausgetauscht und öfter seine Macs selbst aufgerüstet, fragt sich wohl mancher: Kann man auf diese Weise nicht günstig zu einem neuen iPhone kommen? Bei Ebay gibt es tausende iPhones, die als defekt verkauft werden. Dank chinesischen Direktimporteuren sind Ersatzteile älterer Modelle außerdem überraschend günstig, iFixit erklärt jede Reparatur Schritt-für-Schritt. Da kann man doch sicher hunderte von Euros sparen?

Unser Ergebnis: Von wegen! Eine Suche bei Ebay liefert zwar allein in Deutschland 1255 defekte iPhones, allerdings sind darunter so gut wie keine interessanten Schnäppchen. Bei den meisten ist eine Reparatur wirtschaftlich einfach nicht sinnvoll, wenn man sich die Beschreibung etwas genauer ansieht. So sollte man wissen, dass beim iPhone die Reparatur völlig harmloser kleiner Defekte Stunden dauern kann.

Defekter Akku gilt nicht als Schaden

Einer der größten Kritikpunkte am iPhone war und ist der fest verbaute Akku. Allerdings bekommt man bei Amazon ein Einbau-Kit für 20 Euro und zahllose Reparaturdienste führen den Tausch innerhalb knapp dreißig Minuten durch.

So ist bei einem iPhone oder iPad ein defekter oder kaum noch lebensfähiger Akku in der harten Ebay-Wirklichkeit kein Grund für einen hohen Rabatt, der Nachlass ist meist nur gering. Offensichtlich funktioniert bei Ebay die „Schwarmintelligenz“ bei der Preisfindung hervorragend. Ein iPhone ist schließlich bekannt, wertvoll und begehrt. Vor allem bei Auktionen sorgt dies für hohe Nachfrage und hohe Preise. Allenfalls über die Option „Sofort-Kaufen“ findet man vielleicht gelegentlich Anbieter, die den Wert zu niedrig anschlagen.

Bei anderen Defekten wird es aber schnell unübersichtlich.

„Es wurde vor Kurzem ein neuer Akku und ein neues Display verbaut.“

Gar nicht mal so selten taucht bei Ebay die obige Beschreibung auf. Offenbar hat der Verkäufer Akku und Display ausgetauscht, das iPhone ist aber immer noch defekt. Wir vermuten: Auch der Anbieter hatte die Idee, ein defektes iPhone günstig zu reparieren. Und nicht jeder Hobby-Bastler ist so ehrlich, wie dieser Verkäufer: „Das Handy gehörte meinen Neffen, der es beim Akkutausch beschädigt hat." Reparaturversuche machen es schließlich oft noch schlimmer.

Einer der häufigsten iPhone-Schäden ist ein defektes Display. Das Display wird von einer Glasplatte bedeckt, die bei einem Sturz schnell zu Bruch geht. Ein einfacher Schaden lässt sich mit einem Austauschdisplay problemlos beheben. Das setzt aber beim iPhone voraus, das wirklich nur das Display getauscht werden muss und nicht auch der Rahmen und andere Teile des iPhones beschädigt sind. Außerdem kann man sich nicht sicher sein, dass wirklich nur das Display-Glas beschädigt ist. Unter Umständen ist das Gehäuse verbogen und müsste ebenfalls erneuert werden, hier könnten gute Produktfotos des Anbieters weiterhelfen. Aber vielleicht hat ja der Vorbesitzer beim Reparaturversuch das Mainboard beschädigt. Und dann hat man nicht nur Geld für das defekte iPhone, sondern auch für das Ersatzteil verschwendet. Ganz ungefährlich ist der Glas-Tausch ebenfalls nicht. Die Reparatur kann wortwörtlich „ins Auge gehen“. Eine Schutzbrille ist deshalb Pflicht.

Laut iFixit ist das Wechseln des Backcover eine der aufwendigsten Reparaturen überhaupt.
Laut iFixit ist das Wechseln des Backcover eine der aufwendigsten Reparaturen überhaupt.

Ab dem iPhone 5s muss man außerdem darauf achten, das Kabel zum Homebutton nicht zu beschädigen. Nur der originale TouchID-Sensor kann die TouchID-Funktion gewährleisten.

„Hat in Wasser gefallen kurz!“

Finger weg von Geräten mit Wasserschaden, hier sind die Folgen nicht absehbar. Ein Wasserschaden kann völlig ungefährlich sein, verkauft werden aber natürlich iPhones mit Wasserschaden, die nicht mehr funktionieren. Und dann sind wohl Mainboard und vielleicht viele andere Bauteile defekt - also Totalschaden. Im Unterschied zu anderen defekten Geräten taugen diese iPhones vielleicht nicht einmal als Ersatzteil-Spender. Nicht täuschen lassen sollte man sich auch von so gut gemeinten Ratschlägen wie „Für einen Bastler sollte das kein Problem sein“.

iCloud-Sperre

Für 80 Euro bekommt man ein völlig intaktes iPhone 5S mit einer iCloud-Sperre. Diese Sperre kann nur der alte Besitzer wieder lösen. Das kann etwa nach einer Firmenauflösung passieren, oder der damalige Besitzer hat dies vor dem Verkauf einfach vergessen. In früheren Jahren konnte man die Geräte von Apple freischalten lassen, aus verständlichen Gründen heute nicht mehr. Zu oft waren noch persönliche Daten auf diesen Geräten, Apple verlangt hier die Original-Rechnung. Selbst freischalten ist nicht möglich, wenn auch dubiose Anbieter diese per sogenannten Doulci-Server anbieten. Ob dies aber zuverlässig funktioniert, wagen wir angesichts der Nutzerkommentare zu bezweifeln. Als Ersatzteilspender sind diese iCloud-Geräte aber nicht uninteressant.

Ein iPhone mit iCloud-Sperre erhält man schon für 40 Euro...
Ein iPhone mit iCloud-Sperre erhält man schon für 40 Euro...

Die iCloud-Sperre ist ein Detail auf das man immer achten sollte: Faire Verkäufer erwähnen die iCloud-Sperre schon im Titel des Angebots, bei anderen übersieht man dieses Detail schnell: „Das iPhone wird als defekt verkauft, da das Display defekt ist (das Glas ist in Ordnung) und da das Gerät nicht aus der iCloud abgemeldet worden ist.“ Das defekte Display ist dann nämlich das kleinere Problem...

Unterschied Software vs. Hardwareschaden

Vielleicht ist ja nur eine Installation misslungen und als erfahrener iOS-Kenner könnte man das iPhone einfach zurücksetzen? Auch das ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Mythos. Schlägt eine Installation wiederholt fehl, ist ein Hardwareschaden ziemlich wahrscheinlich. Es gibt übrigens einige typische Fehlermeldungen, die auf einen Hardwareschaden hinweisen, dazu gehören die Fehlermeldungen mit der Ziffer 1, 3, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 20, 21, 23, 26, 27, 28, 29, 34, 35, 36, 37, 40, 56, 1002, 1004, 1011, 1012, 1014, 1667, 1669. Bei diesen sollte man von einem Kauf absehen.

Schnell man das Backcover auswechseln

Vor dem Kauf des supergünstigen iPhones sollte man sich über den Reparaturaufwand informieren. „der Einschaltknopf müsste repariert werden“ klingt harmlos, ist aber laut iFixit ein der schwierigsten Reparaturen. Muss doch sehr viel ein- und ausgebaut werden.

Sogar noch kompliziert ist das Austauschen einer beschädigten Gehäuserückseite. Eine neue Gehäuseschale kostet nur 15 Euro, für das Austauschen muss man aber das komplette iPhone zerlegen und unfallfrei wieder zusammenbauen. iFixit setzt dafür zwei bis drei Stunden an - und ohne Übung dauert es länger. Schließlich benötigt man 73 Arbeitsschritte für das Zerlegen und noch einmal weitere 73 für das Zusammenbauen! Wobei laut Kommentaren sogar einige Schritte fehlen.

Äußerst umständlich ist beim iPhone 5s ebenso die Reparatur der Lautstärke-Buttons.

Das Austauschen des Lautstärkereglers ist nichts für Grobmotoriker.
Das Austauschen des Lautstärkereglers ist nichts für Grobmotoriker.

Fazit:

Selbst erfahrene Bastler sollten bei defekten iPhones sehr vorsichtig sein. Die Beschreibungen sind oft nicht ausreichend, die wirklichen Schäden nicht vorhersehbar. Zumindest über Ebay lassen sich eben nur selten echten Schnäppchen machen - dazu ist das iPhone einfach zu beliebt und Ebay zu bekannt. (Macwelt)

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