Dell im Glück: höherer Marktanteil, höhere Marge, höhere Ziele

22.11.2001
Mitte November präsentierte Dell seine Umsatz- und Gewinnzahlen für das dritte Quartal. Anders als die meisten Mitbewerber konnte der texanische Direktanbieter seine Prognosen halten und nebenbei noch seine weltweiten Marktanteile ausbauen.

Der ganzen Computerbranche verhageln die anhaltende Rezession und die Nachwirkungen des 11. September die Geschäftszahlen. Der ganzen Branche? Nein. Ein unbeugsamer Direktanbieter aus Texas konnte im dritten Quartal seine Umsatz- und Gewinnerwartungen erfüllen. Bei einem weltweiten Umsatz von 7,5 Milliarden Dollar erwirtschaftete das Unternehmen einen Gewinn von 429 Millionen Dollar (16 Cent pro Aktie).

Das sind wohl 36 Prozent weniger als im vergleichbaren Vorjahresquartal (674 Millionen Dollar/25 Cent pro Aktie), und auch der Umsatz sank um zehn Prozent. Dennoch ist Dell der Gewinner dieses Quartals. "Dell konnte quasi den gesamten Gewinn der Industrie verbuchen", verkündet Mathias Schädel, Vice President und General Manager Central Europe bei Dell, stolz und legt die Erfolgsmeldungen im Detail offen: Trotz eines Umsatzrückgangs von zehn Prozent konnten bei Servern, Storage und Workstations die Stückzahlen um 20 Prozent gesteigert werden.

Die Betriebsausgaben blieben auch im harten dritten Quartal mit 10,3 Prozent deutlich unter denen des Branchenumfeldes, das laut Schädel bis zu 20 Prozent verkraften muss. Allein im abgelaufenen Quartal konnte Dell aus dem operativen Geschäft eine Milliarde Dollar an liquiden Mitteln gewinnen. Die gesamte "Barschaft" beträgt somit beruhigende acht Milliarden Dollar. Dem Dell-Manager zufolge konnte der negative Geldfluss sogar noch auf 38 Tage erhöht werden. Die Kunden zahlen also fast fünfeinhalb Wochen früher als Dell an seine Lieferanten, und in der Zwischenzeit arbeitet das Geld für Dell.

Her mit den Marktanteilen

Auch die erreichten Marktanteile stellen den Europachef und Firmengründer Michael Dell zufrieden - zumindest für den Moment. Weltweit stieg Dells Marktanteil auf 14,4 Prozent (plus 9,4 Prozent). In den USA, deren IT-Branche noch härter getroffen wurde als in Europa, legte das Unternehmen um 5,9 Prozent auf einen Marktanteil von 25,7 Prozent zu. In Zentraleuropa (Deutschland, Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen) kletterte Dell sogar um 31 Prozent auf 7,2 Prozent. Michael Dells Vision von einem zufrieden stellenden Marktanteil weltweit liegt jedoch viel höher, bei unbescheidenen 40 Prozent. Hierbei schielt der Direktversender auf Kunden von Compaq und HP, die durch die Fusions-Konfusion irritiert abspringen. Laut Schädel könnten durch den Zusammenschluss bis zu 25 Prozent des derzeitigen summierten Kundenstammes zur Neuverteilung anstehen.

Im Expansionsrausch

Zum momentanen Zeitpunkt ist man geneigt, Dell fast alles zuzutrauen. Für Schädel ist der Erfolg leicht zu erklären: Nur ganze neun Prozent des Umsatzes macht der Hersteller im margenschwachen Consumer-Umfeld. Mehr als die Hälfte der Einnahmen kommen aus dem investitionsfreudigen SMB-Bereich (52 Prozent). Öffentliche Auftraggeber haben mit derzeit zwölf Prozent das Volumen fast verdoppelt, und die Großkunden runden das Geschäft mit einem Anteil von 27 Prozent ab.

Laut IDC-Zahlen konnte sich der Hersteller im deutschen Business-Segment erfolgreich positionieren. So belegt Dell im Desktopbereich mit einem Marktanteil von 9,6 Prozent (plus 30 Prozent im Jahresvergleich) Platz zwei. Ebenfalls den zweiten Platz hält Dell im (Business-)Notebookbereich mit einem Marktanteil von 12,9 Prozent (plus 42 Prozent). Bei den Servern liegt der Direktanbieter mit 9,5 Prozent Anteil "nur" auf dem fünften Platz, will dort aber das Wachstum von 87 Prozent wiederholen.

Deshalb ist Dell mit EMC eine strategische Allianz eingegangen und bietet unter dem gemeinsamen neuen Logo Dell/EMC die gesamte Clariion-Produktlinie und damit End-to-End-Server, Storage, Software und Service-Lösungen an. Heute liegt der Umsatzanteil der Dell-eigenen Produkte bei 1,5 Milliarden Dollar. Durch die Ausweitung der Palette und des Kundensegments auch auf mittlere Anwendungen visiert Dell bis 2005 die von IDC prophezeiten 15 Milliarden Dollar an.

Auch der Servicebereich, der im dritten Quartal weltweit einen Umsatz von 766 Millionen Dollar einfuhr, soll massiv ausgebaut werden. Neben den Standardservices wie Hotline und Break-Fix-Services bietet Dell erweiterte Dienstleistungen wie Consulting, Outsourcing und komplexe Systemintegration an. Das Serviceangebot ist in verschiedene Pakete aufgeteilt (siehe Grafik). Dabei arbeitet das Unternehmen mit weltweiten Partnern wie Unisys, Getronics und IBM Global Services sowie mit lokalen Partnern zusammen. In Deutschland sind das rund 20, und dazu gehören beispielsweise Compunet oder SBS (Siemens Business Services).

Rudi Schuth, Director Customer Services Central Europe, unterstehen rund 450 Techniker. Monatlich werden etwa 50.000 telefonische Supportnachfragen bearbeitet. Damit macht der Telefonsupport aber nur einen Anteil von 14 Prozent aus. Zwei Prozent der Anfragen kommen per E-Mail ins Haus und das Gros mit 84 Prozent online. Schuth erklärt stolz, dass 70 Prozent aller Anfragen remote gelöst werden können und nur bei zehn Prozent der Probleme ein Techniker vor Ort von Nöten ist. Dadurch reduziere sich nicht nur die Down-Time beim Kunden auf 15 Minuten (statt der beim Mitbewerb laut Schuth üblichen 480 Minuten), sondern auch die anfallenden Kosten (14 Euro statt 500 Euro).

www.dell.de

ComputerPartner-Meinung:

Dell kann der IT-Konkurrenz durch seine forsche Art wirklich langsam Angst machen. Selbst die dienstleistungsorientierten deutschen Geschäftskunden, die jahrelang auf den persönlichen Kontakt zum Fachhändler und individuelle Beratung pochten, liebäugeln unübersehbar mit dem Direktanbieter. Da ist es verständlich, dass sich immer mehr Systemintegratoren als Servicepartner dem ehemals verhassten Dell anschließen. (go)

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