Dell überlässt Fachhändlern gern den After-Buy-Service-Bereich

11.02.2000
Allen Unkenrufen zum Trotz besteht Dell darauf, dass auch in Deutschland der Direktvertrieb über das Internet erfolgreich sein kann. Mit neuen Produkten soll der Online-Kunde endgültig erobert werden.

Selbst die markigsten Sprüche vom Unternehmensgründer und -Chef Michael Dell können den deutschen Markt nicht zum Direktvertriebs-Eldorado machen. Er musste, wie viele Mitbewerber auch, in den ersten Quartalen dieses Jahres herbe Einbußen im Europageschäft hinnehmen und erst kürzlich eine Umsatzwarnung herausgeben. Besonders schlecht lief es für die meisten in Deutschland. Da konnte das USHeadquarter der deutschen De-pendance noch so hohe Vorgaben abverlangen, es wurden dennoch nicht mehr Systeme verkauft.

Neben der Produktqualität ist für viele Kunden die schnelle Reaktionszeit und der umfassende Service ausschlaggebend. So kann ein Kunde seine Wunsch-PCs, -Workstations und -Server mit allen notwendigen Programmen und Tools bei Dell bestücken lassen.

Das ist für viele ein wichtiges Kaufkriterium. Nur vier Prozent der Direktkunden kommen nämlich aus dem Endverbraucherbereich. Das Gros von 96 Prozent teilt sich in 60 Prozent Großkunden mit 500 bis 5.000 Mitarbeitern und 40 Prozent der Small/Medium-Enterprises mit bis zu 500 Mitarbeitern auf.

Gegen den ausdrücklichen Wunsch des amerikanischen Mutterhauses weicht die Dell GmbH die rigide Direktvertriebs-Philosophie auf und kooperiert mit Fachhändlern. So schlägt Dell gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Der deutsche Kunde würde ohne dieses Sicherheitsnetz noch weniger direkt bestellen. Und der Händler übernimmt Leistungen, die der PC-Hersteller gar nicht oder nur mit übermäßigem Mehraufwand anbieten könnte. Dazu gehört beispielsweise die finale Integration in bestehende Netze oder den Neuaufbau etwa einer SAP-Umgebung. Diese Arbeit überlässt Dell gern dem Fachhandel. "Wenn ein Kunde ausdrücklich nur einen Gesprächspartner haben will, halten wir uns bei Bedarf sogar komplett aus den Vertragsverhandlungen raus und überlassen dem Fachhändler das Feld", erklärt Nerses Chopurian, Dell-Manager Central Europe. In so einem Fall muss aber der After-Sales-Aufwand deutlich höher ausgelegt sein als das Volumen des Hardware-Verkaufs. Denn der direkte Kontakt zum Kunden ist für Dell immer noch zweitwichtigstes Ziel - nach der weltweiten Marktführerschaft.

Kunde nehmen nur ungern den direkten Weg

Trotz des in Deutschland massi-ven Widerwillens gegen Online-Geschäfte erwirtschaftet Dell nach eigenen Angaben im Internet fast 50 Prozent des Gesamtumsatzes.

Was das exakt in Zahlen für Umsatz und Gewinn ausgedrückt ist, gibt das Unternehmen erst am 9. November bekannt. Analysten gehen von einem maximalen Umsatzplus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Damals hatte Dell etwa 28 Milliarden Dollar umgesetzt. Die Texaner legen die Meßlatte aber spürbar höher. "Trotz aller Marktturbulenzen erwarten wir am Ende des Geschäftsjahres ein Umsatzplus von 27 Prozent", erklärt Chopurian. Das ist ein spürbar geringerer Zuwachs als in den Jahren mit bis zu 50 Prozent Plus, aber besser als die Erwartungen der meisten Konkurrenten. Quasi im Vorbeigang wollen die Texaner auch gleich Klassenprimus Compaq vom Marktführersessel ver-drängen. Um dieses Ziel zu erreichen, will der Direktanbieter bis zum Jahresende noch einige neue Produkte launchen (siehe Kasten).

Von der "Inspiron"-Serie sind die Dell-Macher überzeugt. Gerry Smith, Vice-President Dell Inspiron-Notebooks, beweist den Erfolg der Mobilen anhand aktueller Marktzahlen. In Europa hält Dell, laut IDC zwölf Prozent. In Deutschland kam das Unternehmen im zweiten Quartal auf den vierten Platz mit neun Prozent, hinter Compaq (zehn Prozent), IBM (zwölf Prozent) und Marktführer Toshiba mit 18 Prozent. Im dritten Quartal sieht die Situation nicht sehr rosig aus. Laut Dataquest kommt Dell in Deutschland nur auf ein mageres Plus von vier Prozent (mehr dazu auf Seite 35). Da wird sich das US-Mutterhaus aber gar nicht freuen, und der Sessel des Deutschland-Chefs könnte wie schon so oft in der Vergangenheit kräftig wackeln.

Grundsätzlich und produktübergreifend schätzt Smith Dells Geschäftsphilosophie als erfolgreich ein. "Wir bieten den entscheidenden Qualitätsvorsprung durch schnelle Reaktion auf Kundenwünsche, durch eigene Entwicklung und Produktion und eigene Testreihen", zählt der Texaner Dells Vorteile auf und berichtet weiter: "Das absolute Alleinstellungsmerkmal unserer Produk-te gegenüber dem Mitbewerb sind aber unsere eigenen Spezifikationen. Wenn wir einige Geräte wie die anderen auch von Drittanbietern herstellen oder assemblieren lassen, kann man schon während der Produktionsphase unsere Geräte von den anderen unterscheiden. Das ist selbst bei Sony unüblich, wenn diese ihre Monitore bei großen, guten OEMs zukaufen." Wie sich das auf Dauer auf das deutsche Kaufverhalten auswirken wird, bleibt abzuwarten. (go)

www.dell.de

Die neue Produkt-Range

Komfort zum Kaufen

Seit dieser Woche ist mit dem "GX150" das neue Mitglied der Optiplex-Familie erhältlich. Der PC ist dank seiner Gehäuse besonders wartungsfreundlich. Das Chassis klappt man wie einen Koffer auf, ohne auch nur eine Schraube zu öffnen. Selbst die Komponenten wie Festplatten, Laufwerke, Steckkarten und selbst Netzteil und Mainboard lassen sich ohne Werkzeug ein- und ausbauen. Der GX150 wird ab 1.999 Mark Nettopreis angeboten.

Auch die Notebook-Familie Inspiron erwartet Zuwachs. Sie wird durch das "Inspiron 8000" nach oben abgerundet. Der Mobil-Computer wird mit verschiedenen schnellen Pentium-III-Prozessoren oder der Celeron-600-CPU angeboten, mit 15-Zoll-TFT-Display, 3D-Grafikbeschleuniger, integrierter Videoschnitt-Software und vier frei programmierbaren Easy-Access-Buttons. Dazu verfügt das Notebook über Extra-Einschübe, die Platz für ein zweites CD-RW-Laufwerk oder einen Ersatz-Akku bieten.

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