Den neuen IT-Shops in den BP-Tankstellen ist das Ladenschlussgesetz egal

17.04.2003
Damian Sicking dsicking@computerpartner.de

Wenn man Hersteller auf die Aktivitäten und Pläne des Versandhändlers "BP-Express" anspricht (Artikel dazu auf Seite 10 dieser Ausgabe), dann blickt man in leuchtende Augen. Viele sind restlos begeistert von dem, was der Mineralölkonzern im Bereich IT-Handel vorhat. Zwei Dinge stehen dabei im Vordergrund:

1. die Möglichkeit, durch die Öffnungszeiten der Tankstellen 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche "stationär verfügbar" zu sein.

2. die Möglichkeit für den Kunden, sich Produkte, die er online bestellt hat, zu einer Tankstelle seiner Wahl schicken zu lassen und diese innerhalb von 48 Stunden abzuholen.

Die Hersteller sollten nicht der falschen Hoffnung erliegen, dass die Aktivitäten von BP-Express (später nur noch Aral-Express) zu einer "wunderbaren Brotvermehrung" führen werden. Niemand sollte ernsthaft glauben, dass der Verbraucher mehr Geld für IT ausgeben wird, nur weil er beim Tanken auch mal schnell einen Drucker oder ein Notebook mitnehmen kann.

Es ist ja nicht so, dass die Branche ein Vertriebsproblem hat. Gibt es zu wenige Verkaufsstellen für IT in Deutschland? Sicher nicht. Daher kann BP-Express auch keine Lösung sein für ein nicht vorhandenes Problem.

Ein Problem aber sollten die Öffnungszeiten der Tankstellen sein. Denn die Tankstellen fallen bekanntermaßen nicht unter das Ladenschlussgesetz, haben also auch abends sowie an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Dafür dürfen sie auch nur Güter des täglichen Bedarfs führen. PCs, Drucker, Monitore und Notebooks sind aber in diesem Sinne zweifelsfrei keine Güter des täglichen Bedarfs. Sollte BP diese IT-Produkte in das Tankstellensortiment aufnehmen, dann würde dies eindeutig eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber dem Handel darstellen, der an die Ladenschlussgesetze gebunden ist. Sicherlich werden die Handelsverbände und -organisationen dies nicht wehrlos akzeptieren. Da vor allem die Retail-Märkte von den Aktivitäten der BP betroffen sein werden, ist auch von dieser Seite mit massiver Gegenwehr unter Ausschöpfung aller juristischen Möglichkeiten zu rechnen.

Eine aus Kundensicht sehr gute Sache ist die Möglichkeit, sich ein Produkt übers Internet zu einer bestimmten Tankstelle schicken zu lassen. Diese Möglichkeit ist allerdings noch Zukunftsmusik. Damit würde ein großes Handicap jeglicher herkömmlicher Bestellsysteme ausgeräumt: dass man in der Regel nicht zu Hause ist, wenn die Post das Paket liefert, man dieses also bei der Post abholen muss und dabei wieder an die wenig kundenfreundlichen Öffnungszeiten gebunden ist. Dagegen hat "meine" BP- oder Aral-Tankstelle immer geöffnet.

Der Kunde hat also durchaus einen Vorteil. Weitere Parteien, die von diesem Konzept profitieren, sind natürlich BP und die Hersteller beziehungsweise Distributions-, Logistik- und Servicepartner, mit denen BP zusammenarbeitet. Daher drängeln sich viele Firmen danach, einen Termin mit dem Mineralölkonzern beziehungsweise der beauftragten Agentur Produkt + Konzept in Berlin zu bekommen. Die heißt übrigens im Untertitel "Gesellschaft für mehr Innovation im Handel mbH", und wer auf die Homepage von BP-Express oder Aral-Express geht, kann sich schöne Filmchen anschauen, in denen Produkte vorgestellt und erklärt werden.

Die Aktivitäten von BP werden den Markt und auch den Handel nicht revolutionieren. Aber eine gewissen Umverteilung ist durchaus möglich.

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