Der direkte Draht zum Partner - Alternative zur Distribution

07.03.2002
Während die meisten PC-Hersteller immer häufiger die Distribution in ihre Channel-Politik einbeziehen, bietet IBM dem Fachhandel mit dem Partner-Choice-Programm die Möglichkeit, auch direkt beim Hersteller und somit ohne Umweg über die Distribution zu bestellen.

Wir wollen neue Partner ansprechen und denjenigen, die mit der Distribution unzufrieden sind, Alternativen bieten", fasst Felix Rümmele, IBM PCD Marketing Director Central Region, die Idee des Partner-Choice-Programms (PCD) zusammen. Im Juli vergangenen Jahres wurde es in Dublin gestartet. Über 50 Mitarbeiter betreuen die Fachhandelspartner und sind per Internet oder telefonisch unter 0 18 05/4 48 5 erreichbar.

Nach Firmenangaben bietet PCD zahlreiche Vorteile: Durch aggressive Preise soll der Partner eine hohe Gewinnspanne erwirtschaften können. Liefer- und Bearbeitungskosten (Standard) für Inlandsbestellungen seien im Preis enthalten. Die Bestellungsabwicklung sei unkompliziert, da es flexible Zahlungsoptionen inklusive Finanzierung gäbe. Alle Rabatte würden im Voraus abgezogen, damit der Händler einen Nettopreis erhalte. Rückvergütungen gehörten somit der Vergangenheit an. Die Garantiezeit starte bei Rechnungsstellung an den Endkunden.

Einen ganz wichtigen Punkt, nämlich die schnelle Lieferung und profunde Betreuung durch kompetente Ansprechpartner, kann Ralf W. Sablowski, geschäftsführender Gesellschafter des Thinkpad-Centers ADD Datensysteme in Aachen, nur bestätigen. "Die Ansprechpartner bei den Distis haben zu wenig Know-how in Bezug auf das einzelne Produkt, da sie zu viele im Angebot haben", begründet Sablowski seine Entscheidung. "Die Anforderungen der Kunden sind gestiegen. Extrawünsche, aber auch Reklamationen kann man mit dem Hersteller viel schneller klären als über den Umweg Distribution."

ADD Datensysteme kauft seit August vergangenen Jahres größtenteils über PCP ein. Nach Sablowskis Angaben liegt der Anteil schon bei 80 Prozent. Dabei war die Anfangszeit alles andere einfach. Einige übermotivierte IBM-Mitarbeiter kamen manch einem langjährigen Partner in die Quere, indem den Kunden ohne Umweg über den Partner Angebote zu extrem günstigen Preisen gemacht wurden. Dieses Vorgehen wurde nach IBM-Angaben aber abgestellt.

Eine weitere Anfangsschwierigkeit lag in den langen Lieferzeiten von bis zu vier Wochen. Das habe sich jedoch ebenfalls geändert. Heute beträgt die durchschnittliche Lieferzeit laut Sablowski nur noch sechs bis zwölf Tage. Allein bei "brandeiligen" Aufträgen, wenn etwa der Kunde innerhalb von zwei Tagen Produkte benötigt, bestellt Sablowski bei der Distribution, sofern diese auf Lager sind.

Der Chef des Thinkpad-Centers hat sich für das Partner-Choice-Programm entschieden, weil er in vielerlei Hinsicht mit den Leistungen der meisten Distributoren unzufrieden war. Neben der teilweise fehlenden Kompetenz der Betreuer störten ihn vor allem die oftmals unbefriedigenden Statusmeldungen. Die Distis waren seiner Aussage nach selten in der Lage, auch nur näherungsweise zu sagen, wie weit die Auftragsbestellung fortgeschritten war. Beim IBM-PCD hingegen erhalte er automatisch Statusmeldungen. Das sei wie bei UPS, wobei das ja ein Logistiker sei, von dem man das erwartet. Um so überraschender und angenehmer empfand er es, dass so etwas auch ein Hersteller schaffe.

Gut, aber nicht optimal

Auch Rümmele gibt zu, dass die Zusammenarbeit mit den Distis an sich gut sei, aber nicht optimal. "Wir arbeiten seit 1994, damals unter der Führung von Jürgen Renz, mit der Distribution zusammen", berichtet Rümmele. "Wir konnten dadurch wohl unsere Marktanteile halten, aber nicht die Stückzahlen ausbauen. Das versuchten wir durch den Direktvertrieb - per Internet oder zeitweise per Telefon - sowie den indirekten Vertrieb. Nun soll PCD quasi als fünfter Distributor dafür sorgen."

Derzeit bestellen 300 bis 350 Fachhändler über das Partner-Choice-Programm. Bis Ende des Jahres will Big Blue diese Zahl verdoppeln. Laut Rümmele hat IBM insgesamt rund 3.000 Partner, in Deutschland gibt es aber 12.000 Fachhändler. Da sind noch viele neue Partnerschaften möglich. Neben Thinpad-Centern und autorisierten IBM-Partnern kaufen auch viele Händler bei PCD ein, für die IBM-Produkte nur einen kleinen Teil ihres Geschäftes ausmachen. Laut Rümmele will man mit PCD in die Breite gehen.

Deshalb plant IBM, in Kürze weitere geschäftsfördernde Programme zu starten. Dazu gehört der Partner-Choice-Webstore mit Konfigurations-Center. Hier sollen die Produkte rund um die Uhr ausgewählt und bestellt werden können. Das Configure-to-Order-Programm ermöglicht dem Händler die Wahl zwischen Basisangeboten und individuellen PC-Lösungen. Und dann bietet IBM demnächst auch die Direktbelieferung des Kunden an, das sei bequem für den Händler, spare Zeit und Geld und beschleunige die Lieferkette.

Spätestens an diesem Punkt wird aber auch Kritik aus den Reihen der Fachhändler laut. Manch einer befürchtet, IBM versuche früher oder später, dem Partner die Kunden abzunehmen, da sich der Hersteller besonders gerne an Projekte hänge. Immerhin könne Big Blue mit seinem Global Service mehr als nur den simplen Rollout bewältigen.

Selbst PCP-Fan Sablowski ist sich mancher Schwierigkeit bewusst. "Ganz ohne Distis geht es nicht", erläutert er sein Dilemma. "Da wir jedoch die Bestellmengen teilweise drastisch zurückgefahren haben, hat sich auch unser Kreditrahmen reduziert, und die Zahlungsmodalitäten haben sich verändert."

Die betroffenen Distis stört weniger die Konkurrenz durch den Hersteller als die massiven Abwerbeversuche guter Handelskunden und natürlich die widersprüchlichen Aussagen über mögliche Beschneidungen der Disti-Kompetenzen, etwa bei der Abwicklung von Projektgeschäften. "Wenn sich der Markt dreht, können wir uns nicht beleidigt in die Ecke stellen", erklärt Axel Keller, Geschäftsführer der Also ABC Trading GmbH. "Bisher haben wir aber noch keine Einbrüche zu verbuchen. Ich denke, dass IBM sich mehr Großprojekten annimmt. Dass IBM Projekte steuern kann, halte ich hingegen für unwahrscheinlich. Das bleibt weiterhin unsere Stärke."

www.ibm.com/pc/de/partnerchoice

www.add-datensysteme.de

www.also.de

ComputerPartner-Meinung:

IBM will sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen - weder von Direktanbieter Dell noch von anderen Herstellern, die wie Big Blue ihren Serviceanteil auf Teufel komm raus erhöhen wollen. Um Stückzahlen, Marktanteile und vor allem Umsätze zu steigern, ist IBM vieles recht - im Falle des Partner-Choice-Pogramms eben auch das Ausbooten der Distikonkurrenz. Diese können sich nur wehren, indem sie ihren Service und ihre Konditionen verbessern, wollen sie weiterhin mit IBM in einem Boot bleiben. Der lachende Dritte ist in diesem Fall ausnahmsweise mal der Händler. (go)

Zur Startseite