Der Markt für Host-Terminals: Ein Lohnender Geschäftszweig

15.10.1998

ESSSEN: Zentrale Host-Systeme erleben im Zeitalter von Internet und E-commerce eine Renaissance. Doch kaum ein Anwender ist bereit, die altertümlichen "green screens" zu verwenden, um Host-Daten und -Anwendungen zu nutzen. Installation und Anpassung von PC-basierten Emulationen sind ein neu entdeckter und stark wachsender Geschäftszweig, meint Rainer Stecken.*Im Zeitalter von Internet und Client/Server-Lösungen gehören Unix-, Midrange- und Mainframe-Systeme in zahlreichen Firmen immer noch zum Rückgrat der innerbetrieblichen Informationsverarbeitung. Unternehmen mit hohem Kommunikationsaufwand wie Banken, Versicherungen und Behörden nutzen weiterhin die Vorteile dieser bewährten Hardware. Verglichen mit modernen PC-Installationen sind Unix-Server in puncto Datenverwaltung, Leistungsfähigkeit und Sicherheit immer noch erste Wahl.

Zentrale Datenverwaltung auf einem Host-System ist nach wie vor eine der sichersten Lösungen. Denn im Gegensatz dazu erhöht sich durch die Verteilung von Daten auf mehrere Server vor allem das Risiko von Verlusten bei Ausfall einzelner Rechner. Hinzu kommt die Sorge der Anwender, daß vor Jahren angeschaffte maßgeschneiderte Lösungen, die Investitionen in mehrfacher Milliardenhöhe darstellen, allzu leichtfertig einem neuen Trend geopfert werden müßten.

Terminal-Emulationen nach wie vor gefragt

Mit der bloßen Anbindung von Terminals an Unix-Hosts ist heute

dennoch kaum Geld zu verdienen. Die Chancen für die Connectivity-Branche liegen vielmehr in der Entwicklung innovativer Terminal-Emulationslösungen, die aus den früher verbreiteten, sogenannten "green screens" vollwertige Windows-Applikationen zaubern. Moderne Connectivity-Lösungen integrieren Firmensoftware in bestehende Windows-Oberflächen und passen bestehende Midrange-Anwendungen voll-

ständig an die PC-Welt an, ohne daß auch nur eine Zeile des Host-

Codes geändert werden müßte.

Anwender können ihren PC anstelle eines Terminals verwenden, die Abläufe sind optimal an Windows angepaßt und anwenderfreundlich gestaltet. Im Markt etablierte Produkte kombinieren die Leistungsfähigkeit von Host-Anwendungen, Datenbankzugriffen und Netzwerkdiensten in einer einzigen Softwarelösung. Neben höherer Effizienz und einfacher Bedienung sorgt eine solche Installation auch für Kosteneinsparungen.

Vier Chancen für den Fachhandel

Gerade in heterogen Welten ist Know-how gefragt. Fachhändlern und Systemhäusern, die sich in diesem Marktsegment engagieren wollen, bieten sich daher gleich mehrere Chancen auf ein lukratives Geschäft in einem nur scheinbar gesättigten Marktsegment.

Chance 1: Voraussetzung für einen Rationalisierungseffekt ist zunächst eine Emulation, die revamping-fähig ist, also das Windows-typische look-and-feel - beispielsweise für eine Datenbankanfrage - erzeugt, ohne bestehende Unix-Anwendungen verändern zu müssen. Revamping-fähige Emulationen sind gegenüber einfachen Terminal-Emulationen erheblich leistungsfähiger, aber natürlich auch teurer. Für den Fachhandel und Systembetreuer bedeutet dies zuallererst eine höhere Marge.

Chance 2: Anpassungen an das jeweilige System sind immer mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. Hier ist der qualifizierte Fachhändler gefragt, der nicht nur Unix-Anwendungen vertreibt, sondern diese auch in allen Facetten auch beherrscht. Denn Terminal-Produkte der neuesten Generation sind wahre Multitalente. Sie unterstützen mehr als 20 Emulationstypen für transparente Hostzugriffe auf IBM-, Midrange- und Unix- Systeme aller Couleur.

Neben komfortablem Zugriff auf Daten unterschiedlichster Formate gewinnt die Benutzerfreundlichkeit einen immer größeren Stellenwert. Durch individuell konfigurierbare Funktionstastenbelegung und Mausunterstützung, durch anpaßbare Werkzeugleisten und Menüs sowie mit frei wählbaren Hintergrund- und Zeichensatzeinstellungen sind Host-Anwendungen heutzutage zu leicht bedienbaren und fast selbsterklärenden Arbeitsumgebungen mutiert. Mit Hilfe von Features wie drag-and-drop in einem grafischen Keyboard-Mapping und programmierbaren Escape-Sequenzen bei automatisierten Vorgängen ist eine nahtlose Integration in die Windows-Oberfläche unter Berücksichtigung der Kundenwünsche jederzeit möglich.

Chance 3: Moderne Emulationen sind dynamische Systeme, die kontinuierlich neuen Anforderungen genügen müssen. Auf der einen Seite sind hier die üblichen Wartungsarbeiten wie Anschluß neuer Peripherie, Installation von Updates und Rechtevergabe beim Host-Zugriff zu nennen. Auf der anderen Seite bringen neue Techniken wie das World Wide Web auch Veränderungen in der Großrechnerwelt mit sich.

Neue Versionen, die eine Integration ins Internet ermöglichen, sind längst auf dem Markt, und die Nachfrage nach transparentem Zugriff und Integration in bestehende Systemwelten wächst kontinuierlich. Mittelfristig wird kein Anwender an der Zusammenführung von Internet mit Unix- oder IBM-Installationen vorbeikommen. Terminal-Emulationen sind hierfür ein einfacher und kostengünstiger Weg.

Chance 4: In zunehmendem Maße profitieren Händler und Hersteller von ihrer intensiven Kooperation in Partnerprogrammen. Erhält nämlich ein Händler den Partnerstatus des Herstellers im Rahmen eines Fachhandelsprogramms, kann er für sich Programmschutz beanspruchen. Dies bedeutet, daß ausschließlich eine vom beauftragen Händler installierte Terminal-Emulation zusammen mit dem entsprechenden Unix-Programm funktioniert. Dieses Vorgehen hat für alle Beteiligten enorme Vorteile:

- Hersteller bekommen die Sicherheit, daß ihr Produkt nur von geschulten Partnern in einer geeigneten Umgebung installiert wird.

- Händler kennen die Installationsumgebung und sind in der Lage, die Emulation vor Ort ideal anzupassen.

- Kunden haben bei Problemen nur einen Ansprechpartner, der schnell reagieren und Fehler lokalisieren kann.

Wachstum dircj Innovation

Neuartige Lösungen, wie die Web-to-host-connectivity, sind auch nicht die Allzweckwaffe für den Host-Zugriff. Das Entwicklungspotential der klassischen Terminal-Emulation schätzen Marktexperten nach wie vor optimistisch ein - nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Komplexität und zunehmenden Integration von Hostrechnern in bestehende Unternehmensnetze. Laut dem amerikanischen Marktforschungsunternehmen IDC steigt die Zahl der Neuinstallationen seit Mitte der 90er Jahre zwar nicht mehr an, die Kapazität der vorhandenen Systeme wird jedoch kontinuierlich ausgebaut. 1996 nahm die MIPS-Rate (million instructions per second) bestehender Host-Systeme gegenüber dem Vorjahr um immerhin 67 Prozent zu. Mit steigender Leistungsfähigkeit der Server werden zudem erheblich mehr PCs als bisher angebunden. Dies zeigt deutlich, welche Chancen noch in diesem Markt stecken.

*Rainer Stecken ist Geschäftsführer der Esker GmbH in Essen, eines Softwareanbieters für Unternehmenskommunikation.

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