IBMs Channel Kick Off 2008 in Hamburg

Der mühsame Weg zur "neuen" IBM

21.02.2008
Als Lösungsanbieter mit "einem Gesicht gegenüber dem Kunden" will sich IBM Deutschland ab 1. Juli 2008 darstellen. Welche Strukturen es dazu braucht und welche Rolle dabei die Partner spielen, erklärte IBM auf dem Channel-Treffen "Channel Kick Off 2008" in Hamburg.

Von Wolfgang Leierseder

Wird IBM Deutschland auch in Zukunft in drei Abteilungen - Hardware, Software und Services - zerfallen? Welche Rolle spielen die drei Sparten beim "neuen" Unternehmen IBM? Oder hat Martin Jetter, Vorsitzender der Geschäftsführung von IBM Deutschland, recht, wenn er den nach Hamburg gereisten rund 800 Channel-Partnern sagte, die Deutschland-Filiale mit ihren rund 22.000 Mitabeitern sei bei dem von ihr selbst initiierten Projekt "IBM one" auf einem viel versprechenden Weg und man werde sehen, dass die neue Ausrichtung des IT-Riesen an den Kundenanforderungen dem eigenen Geschäft und dem der Partner gut tun werde?

IBM-Chef Martin Jetter erklärt dem Channel IBM one.
IBM-Chef Martin Jetter erklärt dem Channel IBM one.

Nachmittags, während der Vortragspausen, wurde viel gerätselt. Denn während die neuen und allerneuesten Partnern dazu neigten, den Ankündigungen der channel-relevanten Führungsmannschaften um Jetter - Martina Köderitz, Vizepräsidentin der Systems Technology Group (STG),Sebastian Krause, Vice President Software Group Deutschland, Thomas Henkel, Vizepräsident Business Partner Organisation (BPO), und Thomas Fell, Geschäftsführer der IBM Deutschland GmbH, Bereich Mittelstand - Glauben zu schenken und sie zu begrüßen, regte sich bei schon länger mit IBM zusammenarbeitenden Partnern Skepsis. So befand ein Partner mit Blick auf die "Channel Kick Off 2008"-Agenda, insbesondere bei der Lektüre der Break-off-Sessions, dass überall "die alte IBM" hervorluge. "Hardwarelastig" seien die Vorträge, von einem lösungsgeprägten Ansatz so weit entfernt wie in den vergangenen Jahren. "Die Bilanz ist: Du bist bei IBM nur was, wenn du Server verkaufst."

Meinung des Redakteurs

"IBM one", der Umbau der 22.000 Mitarbeiter zählenden Deutschland-Filiale, ist ein schwieriges Projekt. Weil die Führungsmannschaft um Martin Jetter mit der IBM-Historie der mächtigen Sparten Schluss machen will, muss sie Mitarbeiter überzeugen und bei Partnern für Akzeptanz sorgen. Die Botschaft des "Channel Kick Off" an den Channel war: Er wird künftig mit einer ihm zugewandten und branchenkundigen Organisation kooperieren. Das heißt: mehr Geschäft.

Sein Eindruck war angesichts einiger Vorträge nicht von der Hand zu weisen. So konnten SAP-interessierte Partner aus Hamburg beispielsweise die Botschaft mitnehmen, dass IBM über R3-Bundles mit Servern nachdenke. Es sei gut vorstellbar, dass "Sie dann bei einer Series-i-Order eine R3-DVD obendrauf bekommen", warb ein IBM-Mitarbeiter für dieses Vorhaben - und nicht umgekehrt, wie der Lösungsansatz eigentlich nahelegen würde.

Aber Jetter hat damit schon recht: "Es ist eine Sache, von der Notwendigkeit von Veränderung überzeugt zu sein und sie persönlich und mit Nachdruck anzugehen. Kopf, Herz und Hand möglichst vieler Menschen rasch für die Veränderung zu gewinnen ist eine ganz andere Sache".

Die neue IBM-Ausrichtung

IBM Deutschland hat es sich zur Aufgabe gemacht, bis 1. Juli so weit zu sein, dass es mit vier Organisationseinheiten Kunden und Partnern gegenübertritt. Statt der bis dato üblichen Produktgruppen und Aufteilung nach Hardware, Software und Services soll die Organisation nach Kundensegmenten (Branchen) und -anforderungen organisiert sein.

Für Partner heiße das, dass jeder Vertriebspartner "einen IBM-ler als Ansprechpartner haben wird". Account Manager kümmern sich um Partner, Kunde und Hersteller, und solchermaßen werde, verspricht Henkel, das bekannt schwierige Informations-Stochern in der IBM-Organisation ein Ende haben.

Nicht nur Kunden, sondern auch Partner sollen IBM als Lösungsanbieter erfahren - die bisherige Aufteilung nach Sparten, also Server, Storage, Software mit den Schwerpunkten Middleware, Systemmanagement und Entwicklerwerkzeuge, des Weiteren Groupware sowie Services, sei, wenn es nach Plan geht, Geschichte.

Natürlich wissen die IBM-Manager, dass es nicht damit getan ist, sich einfach ein neues Schild vor die Brust zu hängen. Damit das "IBM one" genannte Vorhaben auch Wirklichkeit wird, "müssen viele Prozesse genau betrachtet und neu definiert werden", erklärte die STG-Verantwortliche Martina Köderitz gegenüber ChannelPartner.

Nach "außen" werden aber Kunden entweder zur hauseigenen Serviceabteilung gelenkt oder, wenn es sich um Unternehmen mit bis zu 1.000 Mitarbeitern handelt, zu Partnern, und diese wiederum, zusammen mit den Kunden, zu einem der sechs "Partnership Solution Center" in Deutschland.

Mittelstandskunden gewinnen

Dass sich IBM-Partner weiter auf den Mittelstand konzentrieren sollen, überraschte in Hamburg kaum. "Wir sind im Mittelstand unterrepräsentiert", sagte beispielsweise Köderitz und kündigte an, mit Kundeninitiativen wie etwa "Client Value", mit den "richtigen Themen", mehr Server über den indirekten Kanal verkaufen zu wollen.

Ähnliches erklärte Software-Chef Krause. Ihm zufolge sind die Voraussetzungen für Partner "so gut wie nie". Die Softwaresparte werde in diesem Jahr "60 neue Produkte bringen", und "sehr eng mit den Partnern zusammenarbeiten". Er erwarte sich ein Gesamtwachstum von 35 Prozent und mehr.

Allein Thomas Fell, der die ehemalige SMB-Sparte unter dem Namen General Business führt, gab vor den Partnern zu, dass der Mittelstandsmarkt eigene, von Stutt-gart aus kaum zu steuernde Gesetze habe. "Der Markt ist spannend, eigenwillig, schrullig." Mit dem gebotenen Sarkasmus wies er darauf hin, dass IBM auch heißen könne: "Ich Bin Mittelstand". Dass die Partner nicht sofort per Applaus auf diese Benennung reagierten, ist verständlich. Aber sie verstanden, dass man sich bei IBM jetzt um lokale Nähe und Kundenansprache gemäß deren Sprachgebrauch bemühen wird.

"Ein spannendes Programm", kommentierte ein Partner das Gehörte. Recht hat er.

Zur Startseite