Angst vor Spionage

Deutsche Politiker für harte Linie gegen Huawei

11.03.2024
Nach der Taurus-Abhöraffäre fordern führende Ampel-Politiker und die Union ein entschlossenes Vorgehen gegen Huawei-Technik beim Mobilfunkstandard 5G.
In der Diskussion um die Abhöraffäre bei der Luftwaffe rücken auch die Mobilfunkausrüster Huawei und ZTE wieder ins Visier der Politik.
In der Diskussion um die Abhöraffäre bei der Luftwaffe rücken auch die Mobilfunkausrüster Huawei und ZTE wieder ins Visier der Politik.
Foto: askarim - shutterstock.com

In der Folge der Abhöraffäre bei der Luftwaffe bekommt die Diskussion um die digitale Sicherheit Deutschlands neuen Schwung. Allerdings bekommt sie eine unerwartete Wendung. Nach aktuellem Wissenstand konnte das von einem russischen Sender geleakte Gespräch zwischen Bundeswehr-Offizieren über die Lieferung von "Tauris"-Marschflugkörpern an die Ukraine aufgrund eines Anwenderfehlers in der verwendeten Konferenzsoftware "Webex" des amerikanischen Abieters Cisco mitgehört werden. Die von Politikern mehrerer Parteien ausgelöste Diskussion fokussiert sich jedoch auf Technik für Mobilfunknetze.

"Mit zunehmenden Cyberattacken sehen wir, wie zentral eine sichere digitale Infrastruktur ist", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner, der "Süddeutschen Zeitung" amFreitag. "Jeder Tag, den wir abwarten, macht uns verwundbarer. Deshalb gilt es, als Bundesregierung zu einer Entscheidung im Umgang mit Anbietern wie Huawei zu kommen und unser 5G-Netz vor autoritären Einflüssen zu schützen", warnte die Grünen-Politikerin.

Angst vor "struktureller Abhängigkeit"

Für den innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, ist eine systematische Strategie zum Austausch kritischer Komponenten von Huawei aus dem deutschen 5G-Netz dringend nötig, um mögliche kompromittierende strukturelle Abhängigkeiten abzubauen.

Auch die Grünen im Bundestag mahnen zur Eile. "Angesichts stark gestiegener Bedrohungslagen dürfen wir keinesfalls weiter Zeit verlieren", sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz. "Die Warnungen unserer Sicherheitsbehörden sind einhellig und könnten klarer kaum sein", sagt der Innenpolitiker, der auch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums der Geheimdienste ist. "Wir erwarten vom Kanzleramt, dass es schnellstmöglich zu einer Entscheidung auf Grundlage der vor Monaten getroffenen Vereinbarungen kommt."

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz, forderte: "Der Kanzler muss handeln." Auch Unternehmen sollten einsehen, dass im Zweifel Sicherheitsinteressen Vorrang vor Wirtschaftsinteressen haben müssten.

Pläne des Innenministeriums bei 5G-Technologie

Das Ressort von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich im September bereits festgelegt, Huawei und ZTE mit Verboten radikal aus dem Mobilfunknetz zu drängen. Die drei Mobilfunkanbieter Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland (O2) sollten ihre Kernnetze bis Ende 2025 von kritischen Komponenten chinesischer Herkunft befreien. Bis 2026 sollten im Zugangsnetz möglichst die großen Metropolen - allen voran die Hauptstadt Berlin - frei von chinesischen Bauteilen sein.

Das Digitalressort von FDP-Minister Volker Wissing stellt sich bislang gegen den Plan. "Für den 5G-Ausbau gelten bereits heute strenge Sicherheitsanforderungen nach dem Telekommunikationsgesetz", sagte ein Sprecher. Auch die betroffenen Netzbetreiber sind gegen die Verbotspläne.

Netzbetreiber wehren sich

Die Deutsche Telekom begründete ihre ablehende Haltung mit der Dauer von Genehmigungsverfahren, verfügbaren Kapazitäten bei alternativen Lieferanten und dem von der Kundschaft gewünschten und der Politik geforderten weiteren Mobilfunkausbau. Das Unternehmen könne nicht verstehen, warum deutschen Mobilfunkkunden ohne Not wesentliche Qualitätsverluste zugemutet werden sollten.

Die EU hatte vor fast dreieinhalb Jahren beschlossen, dass keine Teile von „Hochrisiko-Anbietern“ in europäischen Mobilfunknetzen verwendet werden sollen. Schweden, Sitz des Huawei-Konkurrenten Ericsson, wird deshalb ab dem 1. Januar 2025 chinesische Bauteile aus Handynetzen verbannen. In Deutschland ist der 1. Januar 2026 als Ziel angepeilt.

Die deutschen Netzbetreber sehen das auch deshalb kritisch, weil sie in der Vergangenheit stark auf den als günstig und technologisch fortschrittlich geltenden, aber schon früher aus Sicherheitsaspekten kritisch gesehenen Anbieter Huawei gesetzt haben. Die Beratungsfirma Strand Consult schätzte den Anteil von Huawei-Bauteilen im deutschen 5G-Netz Anfang 2023 auf 59 Prozent. (dpa/pma)

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