Deutschland fällt bei E-Government zurück

19.12.2002
Wenn der Sparkurs der Bundesregierung anhält, wird Deutschland bei E-Government laut Marktforscher IDC im europäischen Vergleich noch weiter zurückfallen. Dabei könnten entsprechende Online-Angebote wesentlich zur Effizienzsteigerung der Ämter und Behörden beitragen.

Trotz Sparzwang der Regierungen werden die westeuropäischen IT-Ausgaben für E-Government laut Marktforscher IDC im nächsten Jahr um 13 Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar steigen. Dabei zeigt sich jedoch, dass ausgerechnet Deutschland und Großbritannien als die wichtigsten IT-Märkte Europas in Sachen Online-Angeboten von Behörden und Ämtern bereits hinter Finnland, Frankreich, Spanien und Italien zurückgefallen sind.

Immer mehr Städte und Kommunen Deutschlands gehen ins Netz der Netze. Leider beschränkt sich das Online-Angebot jedoch in den meisten Fällen auf eine reine Schaukastenfunktion. Was E-Government leisten kann und was die Bürger und Unternehmen sich davon erwarten, darüber gibt eine Umfrage des Management- und Technologiedienstleisters Accenture in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatskanzlei Auskunft.

Demnach ist die Mehrheit der Meinung, dass das virtuelle Rathaus die Ämter und Bürgerbüros nicht ersetzen, wohl aber ergänzen sollte, um mit den Behörden ähnlich kommunizieren und interagieren zu können, wie sie das von der freien Wirtschaft gewohnt sind. Dazu gehört auch die Möglichkeit, webgestützt Transaktionen vorzunehmen.

88 Prozent der Bürger erhoffen sich von E-Government die Möglichkeit, ihren Wohnsitz online an- und ummelden zu können, 87 Prozent möchten Dokumente wie etwa Führungszeugnisse bestellen können, 85 Prozent wünschen sich Erleichterungen bei der Kfz-Zulassung, und 82 Prozent würden auch gerne ihre Steuererklärung in elektronischer Form abgeben können - was in Deutschland eingeschränkt bereits möglich ist. Für die Unternehmen stehen Informationen und Ausschreibungen im Vordergrund des Interesses. Mehr bezahlen für solche Internetangebote würden aber nur 18 Prozent der Bürger und 22 Prozent der Unternehmen. Für die Behörden hieße das, dass sie ihre IT-Investitionen stärker als bisher nutzen- statt technologieorientiert sowie durch Effizienzsteigerung statt durch Gebührenordnungen refinanzieren müssen, betont Stefan Schneider, Accenture-Partner und Experte für den Bereich Public Services.

Erwin Huber, Chef der Bayerischen Staatskanzlei, zufolge sind moderne Verwaltungsstrukturen, wie sie E-Government bieten, nicht Selbstzweck, sondern "ein wichtiger Pluspunkt im Standortwettbewerb und eine konsequente Fortsetzung der bayerischen IT-Politik". Und er fügt hinzu: "Eine gesunde Mischung aus virtueller und persönlicher Verwaltung ist der Schlüssel für erfolgreiche E-Government-Strukturen in der Zukunft."

Die vielzitierte Skepsis der Verwaltungsangestellten im Umgang mit innovativen Technologien ist laut Accenture heute bereits ein Fall für die Akten. Im Gegenteil: E-Government findet bei den Beamten und Angestellten öffentlicher Verwaltungen bereits großen Zuspruch. So geht knapp die Hälfte der Befragten in Behörden und Ämtern davon aus, dass E-Government zur Zufriedenheit der Bürger und zur Erleichterung ihrer Arbeit vor allem bei Routineaufgaben beitragen wird.

Am größten sei verwaltungsintern der Bedarf an umfassenden Wissensdatenbanken, die über Mitarbeiterportale verfügbar gemacht werden können. Oft hapere es aber noch bei der Ausstattung der Arbeitsplätze mit leistungsfähiger Hardware, bei der Vernetzung und im Bereich Weiterbildung.

www.idc.com

www.accenture.de

ComputerPartner-Meinung:

Man kann zum Sparkurs der Bundesregierung stehen, wie man will: Wenn Deutschland dadurch in Sachen E-Government und IT-Ausbildung an den Schulen international immer mehr ins Hintertreffen gerät, dann ist das nicht nur peinlich, sondern gefährdet auch den Standort Deutschland. (kh)

Zur Startseite