Deutschland-Geschäftsführer Greg Pearson

19.11.1998

FELDKIRCHEN: Greg Pearson, neu auf dem Chefsessel der Intel Deutschland GmbH, sieht sich gleich zu Beginn seiner neuen Aufgabe mit dem Phänomen der Vermarktung von PCs über Lebensmittelkanäle konfrontiert. Wie sich das PC-Geschäft seiner Meinung nach entwickelt, wie er die Konkurrenz einschätzt und wie sich Intel im kommenden Jahr aufstellt, erläutert Pearson im Gespräch mit ComputerPartner-Redakteur Andreas Klett.

Herr Pearson, wie sehen Sie den IT-Markt in Deutschland?

PEARSON: Was mir am deutschen IT-Markt auffällt, ist die hier nicht vorhandene Dominanz der großen Anbieter. Wenn man sich die USA oder Asien ansieht, stellt man fest, daß dort internationale Firmen den Markt dominieren. In Deutschland dagegen, gibt es sehr starke lokale Anbieter, die sich genau im Markt auskennen und erstaunlich viele Kunden anziehen. Beachtenswert ist auch die Aggressivität, mit der diese Anbieter agieren.

In den USA ist es bislang undenkbar, einen PC im Lebensmittelgeschäft zu kaufen. Das hat den PC in Deutschland aber zu einem absoluten Massenprodukt gemacht und ist sicher einer der Hauptgründe für die hohen Wachstumsraten in der IT-Branche.

Glauben Sie, daß die Vermarktung über Lebensmittel-Kanäle für die Branche gut oder eher schädlich ist?

PEARSON: Uns kann doch gar nichts besseres passieren, als daß Computer einer breiteren Kundenschicht zugänglich gemacht werden. Es ist gut für Intel und die Industrie im allgemeinen, wenn PCs einen stärkeren Einzug in das tägliche Leben halten. Es gibt Menschen, die eine gewisse Scheu vor dem Fachhandel haben. So finden sie bei ihrem Lebensmittelhändler zwischen Bananen und Joghurt nun PCs mit ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnissen und werden mit dieser Materie konfrontiert.

Was bedeutet diese Entwicklung für die traditionellen

PC-Händler?

PEARSON: Die traditionellen Händler werden sich neue Geschäftsfelder suchen. Zusätzliche Dienstleistungen und die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen zur Gewinnung von neuen Kundenschichten stehen dabei im Vordergrund. Sehen Sie sich doch den Schadt-Konkurs an. Ein Unternehmen mit erstaunlichen Wachstumsraten, aber offenbar Problemen auf der Ausgabenseite. Der blanke Zugriff auf PCs wird durch unterschiedliche Kanäle für den Kunden immer leichter wird. Auch andere Ketten müssen sich etwas einfallen lassen, um neue Kunden in den Laden zu bringen und nicht das gleiche Schicksal wie Schadt zu erleiden.

Hat der Händler, wie wir ihn heute kennen, überhaupt noch eine Chance?

PEARSON: Es gibt keinen Zweifel daran, daß der PC immer bedienungsfreundlicher wird. Beispiele dafür sind die USB-Technik oder vereinfachte Installationen für die Internetanbindung. "Plug & Play" heißt das Schlagwort. Das macht es heute für den Anwender wesentlich einfacher, den Computer aus dem Karton zu nehmen und sofort damit arbeiten zu können, als noch vor einigen Jahren. Bei Problemen hat der Nutzer inzwischen auch im Web vielfältige Möglichkeiten, sich Unterstützung zu holen. Insofern kann sich der Handel auf andere Geschäftsfelder als den reinen PC-Verkauf und die Installation verlegen.

Wie sieht es für Intel auf der Ertragsseite aus? Müssen Sie nicht durch den fortwährenden Preiskampf und durch stärkere Konkurrenz seitens anderer Chiphersteller zunehmend Gewinneinbußen hinnehmen?

PEARSON: Speziell in Deutschland hat sich der Preispunkt von 1.999 Mark fixiert. Es gibt zwar auch Angebote darunter, jedoch ist der Käufer hierzulande bereit, mehr zu bezahlen, wenn er dafür die neueste und schnellste Technologie bekommt. Durch die Lebensmittelkanäle ergeben sich extrem kurze Zyklen, während denen aktuelle Technik in großen Mengen durchverkauft wird, um dann kurz darauf die nachfolgende Generation zum gleichen Preis zu vermarkten. Ich glaube aber nicht, daß wir hier amerikanische Verhältnisse bekommen, wo jeder nach dem günstigsten PC Ausschau hält - dazu ist der Deutsche zu stark qualitätsorientiert. Natürlich registrieren wir die Zuwächse bei anderen Chipherstellern - allen voran Advanced Micro Devices. Trotzdem ist deren Marktbedeutung hierzulande immer noch sehr gering. AMD verzeichnet zwar ordentliche Zuwächse, jedoch auf geringem Niveau. Der Marktführer heißt auch hier immer noch Intel, und wir werden alles tun, daß dies auch so bleibt.

Wie entwickelt sich der Celeron-Prozessor?

PEARSON: Uns war im vorhinein klar, daß wir mit dem ersten Low-cost-Modell keinen durchschlagenden Markterfolg erzielen werden. Die aktuellen Celerons mit integriertem Cache kommen jedoch sehr gut an. Wer den Markt aufmerksam verfolgt, wird feststellen, daß in der zweiten Jahreshälfte viele unserer Großkunden ihre PCs mit Celeron-Prozessoren ausstatten und nicht mehr mit CPUs des Mitbewerbs.

Was halten Sie von AMDs Ankündigung, nächstes Jahr den K7-Prozessor mit Slot-1-kompatibler Technik auf den Markt zu bringen?

PEARSON: Wir nehmen AMD und auch deren Ankündigungen für neue Prozessoren für 1999 sehr ernst. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, daß sehr viel dazu gehört, eine neue Prozessor-Architektur auf den Markt zu bringen. Probleme wie neue Formfaktoren, Qualität und die Unterstützung von den Chipsatz- und Motherboardherstellern zu bekommen, wollen erst einmal gelöst sein.

Hier wird man sehen, wie schnell AMD diese Probleme meistert.

Wie stellt sich Intel für 1999 auf?

PEARSON: Wir werden im nächsten Jahr das größte Produkt Line-up aller Zeiten haben. Mit Neuheiten wie unserer Workstation- und Server-CPU "Tanner", dem Pentium-II-Nachfolger "Katmai" und noch schnelleren Celeron-Generationen sind wir sehr gut am Markt positioniert. Außerdem wollen wir mit noch leistungsfähigeren mobilen Prozessoren den Laptop näher an den Desktop-Computer heranbringen.

Compaq hat zur Systems den 64-bit-Alpha-Prozessor vorgestellt. Warum verzögert sich der Start des Merced-Chips von Intel so lange?

PEARSON: Unser 64-bit-Prozessor Merced ist ein unglaublich komplexes Produkt. Das letzte, was wir möchten, ist ein verfrühter Marktstart. Diese CPU geht in das Segment der kritischsten Anwendungen, die es gibt. Wir können es uns nicht leisten, dort ein unausgereiftes Produkt einzuführen. Das 64-bit-Geschäft war sicher einer der Gründe, warum Compaq Digital gekauft hat. Wir glauben jedoch nicht, daß durch die Verzögerung des Merced für uns Nachteile entstehen. Im Gegenteil, Compaq wird zu unseren Merced-Kunden gehören.

Intel hat gerade den Netzwerkspezialisten Shiva übernommen. Ist das Teil einer Strategie, sich zu diversifizieren?

PEARSON: Shiva bringt uns weiter bei den Remote-access-Lösungen und den "Virtual Private Networks". Vor einem Jahr haben wir die Entscheidung getroffen, unsere einzelnen Divisionen mit mehr Unabhängigkeit zu versehen. Damit verfolgen wir das Ziel, auch außerhalb des Geschäftes mit Prozessoren weiter zu wachsen. So entwickelte sich ein eigenständiges Business für Hubs, Switches und weitere Netzwerkprodukte. Zusätzlich gibt es neue Geschäftsfelder wie Digital Imaging und Internet-Anwendungen, um weitere Standbeine zu schaffen.

Was ist mit 3Com? Es halten sich weiterhin Gerüchte, daß Intel die Absicht hat, den Netzwerker zu übernehmen.

PEARSON: Wir machen grundsätzlich keine Angaben zu unseren Akquisitionsplänen. Wie man aber aus vergangenen Aktivitäten ersehen kann, konzentrieren wir uns bei Partnerschaften mehr auf kleinere Firmen, die Netzwerklösungen für das Small- und Medium-Business liefern.

Nach Prognosen der Marktforscher wird der PC-Markt nach dem Jahr 2000 stark rückläufig sein. Was halten Sie davon?

PEARSON: Ich glaube das nicht. Die Menschen sind versessen auf Technik, und das wird sich nicht ändern. Neue Absatzwege wie etwa Lebensmittelkanäle, die Verbreitung des Internets und die weiter sinkenden Kosten werden zu einem anhaltenden PC-Boom beitragen.

Thema Software: Wie ist Ihr Verhältnis zu Microsoft in Deutschland?

PEARSON: Ich fange gerade erst an, ein lokales Verhältnis zu Microsoft aufzubauen. Es sind aber gute Ansätze für gemeinsame Aktivitäten vorhanden. So wollen wir gemeinsam die Intel-basierte Plattform weiter nach vorne bringen.

Und wie ist Ihre persönliche Meinung zum Kartellverfahren gegen Microsoft in den USA?

PEARSON: Dazu kann ich keinen Kommentar abgeben.

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