Deutschlands erste Gründer-WG: Talent-Pool mit Putzdienst

17.08.2000
"Brutkasten" nennen die Einheimischen die Frankfurter Jugendstilvilla, in der 21 junge Internet-Pioniere Business-Ideen entwerfen. Wer gute Noten und Praxiserfahrung vorweisen kann, hat gute Chancen, im Haus des Rifu-Instituts mitzuspielen.

Am 15. Juni zogen sie in die Frankfurter Jugendstilvilla ein: 21 Männer, zwischen 23 und 28 Jahren alt, sind die ersten Bewohner des "Startup Campus", Deutschlands erste Gründer-WG für zukunftsweisende Internet-Startups. Das Gemeinschaftsprojekt vom Rifu-Institut und erfahrenen Internet-Unternehmern soll zunächst für acht und später für bis zu 20 Teams mit den Schwerpunkten E-Commerce und Mobile-Commerce ein "kostenloses Karrieresprungbrett" sein.

"Wir haben Startup Campus als hochklassige Talentschmiede für die Börsen-Highflyer von morgen konzipiert", sagt Thomas Fuchs, Gründer des Rifu-Instituts für Auswahl und Entwicklung von Führungsnachwuchs. "Die besten Absolventen internationaler Hochschulen finden hier ideale Voraussetzungen, neue Erfolgsprodukte und Dienstleistungen für das Internet von morgen zu kreieren." In den kommenden vier bis sechs Monaten werden die Hoffnungsträger über Business-Plänen brüten und können sich rund um die Uhr Unterstützung von Kollegen, Finanzberatern und Juristen holen. Allerdings müssen die künftigen Unternehmensgründer auch selbst einkaufen, kochen, putzen und in Stockbetten schlafen. Zwischen Handyklingeln und Putzdienst ist in der Paul-Ehrlich-Straße 51 dennoch Aufbruchstimmung angesagt: "Hier können wir uns aneinander messen und unsere unterschiedlichen Stärken und Erfahrungen zusammenlegen", meint Dominik Lutz vom Pionier-Team "Steam".

In der zwanglosen WG-Atmosphäre sollen die einzelnen Teams vom fachlichen und persönlichen Austausch untereinander profitieren. Und die Liste der Berater und Förderer, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen, liest sich wie das "Who is Who" der ersten deutschen Internet-Generation: Oliver Samwer, Europachef von Ebay, Alexander Straub, Gründer des virtuellen Business-to-Business-Marktplatzes der Mondus AG und Andreas Müller vom M-Commerce-Unternehmen 12snap sind ebenso mit von der Partie wie die Gründer des E-Commerce-Dienstleisters Webmiles: Loretta Würtenberger, Dominik von Ribbentrop und Patrick Boos. Auch Cornelius Boersch, Gründer des Chipkarten-Brokers ACG, Alexander Artopé, Gründer der Datango GmbH, und Jan Henric Büttner von Bertelsmann stehen zur Verfügung.

Wohngemeinschaft mit Hightech-Ausrüstung

"Die zweite Internet-Generation profitiert von den Erfahrungen der ersten", schildert Oliver Samwer die Vorzüge des Campus. "So gewährleistet unser Gründer-Know-how den Teams beste Chancen für den erfolgreichen Karrierestart in der New Economy."

Der Campus verbindet die spontane Atmosphäre einer Wohngemeinschaft mit den Hightech-Arbeitsbedingungen der Wissensgesellschaft: In der 800-Quadratmeter-Villa steht den Bewohnern für die Produktentwicklung modernste Informationstechnologie zur Verfügung, die Partnerunternehmen wie Oracle, Deutsche Telekom, Sun Microsystems oder Minolta in das Projekt einbringen. Nach dem Motto "ein gesunder Geist in einem gesunden Körper" wird dem Nachwuchs auch ein Fitnessbereich mit einer Sauna und einem Whirlpool - "Think-Tank" genannt - geboten.

Zum Programm gehören regelmäßige Workshops mit führenden Consulting-Unternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Technologie-Providern, Emissionshäusern und Investment-Banken, bei denen Themen wie IPOs oder Management-Strategien aufgegriffen werden. Die Unternehmen präsentieren sich den potentiellen Gründern aber auch als künftige Geschäftspartner und beteiligen sich an der Finanzierung von Startup Campus.

Ein Netzwerk für IT-Talente

Mangel an Talenten braucht das Campus-Projekt nicht zu fürchten, auch wenn gute Noten, ein zügiges Studium, Auslands- und Praxiserfahrung selbstverständlich vorausgesetzt werden. Der über vier Jahre von Rifu aufgebaute Top-Talent-Pool garantiert einen konstanten Zufluss von Teams. Thomas Fuchs und Thomas Rigel starteten das Business-Elite-Netzwerk vor fünf Jahren, damals selbst erst 28 und 21 Jahre alt, nach amerikanischem Vorbild: So fungiert Rifu nicht nur als Personalberatung, sondern begleitet seine "Schäfchen" auch über Jahre hinweg. Der Top-Talent-Pool besteht aus mehr als 800 weltweit ausgewählten "High Potentials", die vom Recruting-Spezialisten betreut und gefördert werden. Fuchs: "Der Zugriff auf dieses Top-Potential bildet die Erfolgsbasis von Startup Campus." Schließlich werde auch der Zeitraum zwischen Gründung und erster Börsennotierung eines E-Commerce-Unternehmens immer kürzer, Top-Talente würden aufgrund guter Erfolgsaussichten selbst die Gründung eines Internet-Unternehmens ins Auge fassen. "Unsere guten Kontakte zu den Besten der Besten aus dieser stark umworbenen Zielgruppe sichern uns einen Vorteil gegenüber anderen Inkubatoren und Venture-Investoren."

Im Vorfeld Erfolgspotential beurteilen

Dennoch soll der Campus nicht nur durch den hauseigenen Talenteschatz gespeist werden. Bewerben können sich alle interessierten Teams, Einzelbewerbungen werden nicht angenommen: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Teams einfach effektiver arbeiten", so die offizielle Begründung.

Nach der ersten Vorauswahl findet ein Team-Assessment statt, in dem mittels Gruppenübungen und Interviews unternehmerische Schlüsselqualifikationen bewiesen werden müssen. Insbesondere werden Geschäftsideen und deren Erfolgspotential von Startup-Campus-Vertretern und Mitgliedern des Advisory-Boards beurteilt. Startup Campus verlangt keinen Equity-Anteil von den Gründern. Stattdessen sichern sich die Förderer das Recht, sich in der Finanzierungsrunde auf der Grundlage einer marktgerechten Bewertung zu beteiligen. Der Bewerbungsbogen kann über die Homepage angefordert werden. (mf)

www.startupcampus.com

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