Die 0190er-Nummer eines IT-Händlers: "War wohl eine blöde Idee"

25.07.2002
Ein Chemnitzer IT-Händler hat mit einer vermeintlichen Abzocke die Kollegen verärgert: Via Fax-Mailing suchte er nach neuen Partnern, die sollten ihr Profil über eine teure 0190er-Nummer verschicken. Dass im Anschreiben der Tarifhinweis wegen einer technischen Panne fehlte, nimmt ihm außer dem Provider wohl keiner ab.

Horst Gerauer, Geschäftsführer der Gecomp GmbH in Mannheim, ist sauer. "Das ist so raffiniert gemacht, ich wäre fast darauf reingefallen. Wäre mein Einkaufsleiter nicht so wachsam gewesen, wir hätten das Fax zurückgeschickt", schimpft er. Stein des Anstoßes ist eine unaufgeforderte Faxanfrage der Dienstleistungsagentur CMM AG. Die will laut Anschreiben ihr Angebot regional ausweiten und befindet sich deshalb auf der Suche nach neuen IT-Partnern.

Wer Interesse an der "örtlichen Erbringung von Dienstleistungen und Warenlieferungen an Endkunden" hat, soll einfach das beiliegende "Dienstleistungs-/Lieferprofil" ausfüllen und an die CMM AG zurückschicken. Allerdings wird in dem Anschreiben, das ComputerPartner vorliegt, mit keinem Wort erwähnt, dass man für die Herausgabe seiner Daten kräftig zur Kasse gebeten wird: Die 1,86 Euro/ Minute teure 0190er-Service-Line, die sich in der angegebenen Faxnummer versteckt, ist erst auf den zweiten Blick erkennbar ("0103 301 908 148-552"). Einen Tarifhinweis sucht man vergeblich, auch Adresse und Telefonnummer der angeblichen Dienstleistungsagentur fehlen. Für Horst Gerauer war die Sache jedenfalls klar: "Diese Praxis ist sicherlich als kriminell einzustufen", vermutet er.

Überprüfung der Servicenummern ist kaum möglich

Die Netzbetreiber sprechen in solchen Fällen lieber von "missbräuchlicher Nutzung", wie beispielsweise Marco Mayer vom Provider Media Ways. Man sei Kummer mit den 0190er-Nummern gewohnt, sagt er. Die Service-Line, die CMM für seine Zwecke nutzt, hat Media Ways seinerzeit mit einem so genannten 1.000er-Block von der Telekom gekauft und längst weitervermittelt. Mit 0190er-Nummern hat das Unternehmen laut Mayer "nichts mehr am Hut".

Dennoch werde man beinahe täglich mit Beschwerden konfrontiert. Denn Media Ways wird bei der Regulierungsbehörde nach wie vor als Betreiber gelistet und genannt. Das Amt ist die einzige Anlaufstelle für erboste Verbraucher. Eine echte Chance, die Kette der zahlreichen Ein- und Verkäufer der Service-Lines nachzuvollziehen, haben eventuelle Opfer aber trotzdem nicht, sagt Meyer. Seiner Meinung nach gibt es nur eine Möglichkeit, an die Quelle der Abzocke zu kommen: "Anzeige erstatten".

Dazu rät auch Oliver Schlink vom Netzprovider IN-Telegence GmbH. Auch dieses Unternehmen hatte die betreffende Nummer mal im Portfolio, hat sie ebenfalls längst weiterverkauft. "Es ist natürlich sehr schwierig, 40.000 Rufnummern laufend zu überprüfen", sagt Schlink entschuldigend. Man sorge sich aber allmählich um den Ruf der Branche, verpflichte die Kunden beim Vertragsabschluss deshalb zu einer "fairen Vorgehensweise" und behalte sich bei Verstößen zudem das Recht auf Abschaltung vor: "Da verstehen wir keinen Spaß."

Schlink ist sich sicher, bei der CMM AG ein schwarzes Schaf vor sich zu haben: "In diesem Fall wurde der Tarifhinweis nicht angebracht, die Nummer wurde verklausuliert, außerdem handelt es sich um einen reinen Rückrufzweck und nicht um ein konkretes Angebot. Das ist alles nicht erlaubt."

Verschickt hat die Faxe ein IT-Händler aus Chemnitz. Er ist sich keiner Schuld bewusst und versteht die Welt nicht mehr. Er sei doch tatsächlich auf der Suche nach neuen Partnern, sagt Harald Mai. Wenn auch nicht für sich, sondern für einen Dritten. Er fungiere da praktisch als Agentur. "Das mit der 0190er-Nummer ist wohl eine blöde Idee gewesen", findet er jetzt. Die habe er nur eingesetzt, um unseriöse Rückmeldungen auszuschließen, sagt Mai: "Wir haben das Mailing auch schon über eine normale Fax-Nummer probiert. Die meisten, die sich da gemeldet haben, sind aber wieder abgesprungen."

Dass der Tarif der 0190er-Nummer nicht auf dem Anschreiben ist, entschuldigt er mit einer technischen Panne: "Tarifangabe und Telefonnummer hatten wir in die Fußzeile gepackt. Da wurde aber etwas falsch konfiguriert, die Fußzeile war weg." Bis man das Versehen bemerkt habe, sei schon ein ganzer Schwung der Anschreiben durchs Fax geknattert: "Da hat wohl einer nicht aufgepasst." Eigentlich sei das mit der Service-Line auch "nicht so ernst gemeint", man werde das Mailing in dieser Form wohl nicht weiterführen oder die Tarifangabe zumindest weiter nach oben setzen.

Ein Verbund-Mitglied auf der Suche nach Partnern

Warum er vor die 0190er-Nummer noch eine Call-by-Call-Vorwahl gesetzt hat, die Ziffern der Service-Line verschleiert angeordnet wurden, und weshalb das Mitglied des 5.000-Firmen-starken EP-Händlerverbundes überhaupt auf diese Weise IT-Partner suchen muss, kann Mai aber nicht erklären. Weshalb die CMM AG weder im Branchen- noch im Telefonbuch zu finden ist, schon: Man habe die Nummer vor zwei, drei Jahren aus den Verzeichnissen rausnehmen lassen, weil "da nur Leute angerufen haben, die den Media-Markt sprechen wollten", sagt er.

Mit dieser Erklärung will sich Horst Gerauer nicht zufrieden geben. Nicht nur die vermeintliche 0190er-Abzocke ärgert ihn, sondern auch die Tatsache, dass dahinter ein IT-Händler - also ein Kollege - steckt, kann er nicht fassen: "Ich denke darüber nach, Anzeige zu erstatten. Das ist so eine Schweinerei - kaum zu glauben", ärgert er sich.

Der CNS 24 GmbH in Torgau reicht das Statement hingegen aus. Der aktuelle Provider reagierte zunächst überraschend schnell auf die Beschwerden und legte die Leitung still, weil sie "nicht verhaltenskodexkonform beworben wurde", wie es in der Begründung heißt. Doch Harald Mai hat inzwischen auch dem Netzbetreiber sein "technisches Problem" erläutert und Besserung gelobt. "Wir sehen keinen Grund mehr, die Leitung zu blockieren", lässt die CNS 24 daraufhin verlauten. Die 0103 301 908 148-552 ist wieder aktiv.

ComputerPartner-Meinung:

Wenn man dem Absender des Faxes glaubt, war er ein wenig naiv im Umgang mit der Service-Line. Gleichzeitig war er aber Profi genug, eine "Vorwahl" vor die 0190er-Nummer zu setzen und die Ziffern versteckt anzuordnen - was zu den bekannten Tricks der "schwarzen Schafe" gehört (siehe Kasten). Wer sich soviel Mühe macht, weiß, was er tut. (mf/gn)

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