Die Branche ist uneins - sollen Rückkaufaktionen verboten werden?

12.12.2002
Wie vergangene Woche bereits berichtet, stoppte HP per einstweiliger Verfügung eine Rückkaufaktion von FSC. Das Landgericht Frankfurt warf nun bei seiner Entscheidung die Frage auf, ob man nicht zum Schutz des Konsumenten grundsätzlich solche Aktionen verbieten sollte. ComputerPartner fragte Händler und Hersteller nach ihrer Meinung.

Am Mittwoch vergangener Woche fällte das Landgericht Frankfurt sein Urteil über die FSC-Rückkaufaktion Deal2, die Hewlett-Packard per einstweiliger Verfügung gestoppt hatte. Da FSC ausdrücklich nur HP-Altgeräte zurückkaufen wollte, sahen die Böblinger in der Handelsaktion einen klaren Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, darüber hi-naus aber auch eine Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach §299 StGB (siehe ComputerPartner 48/02, Seite 10). Beide Parteien fühlten sich im Recht und hofften auf eine richterliche Entscheidung zu ihren Gunsten.

Ein Aktenzeichen entzweit die Branche

Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Aktenzeichen: 2060 449/02) hat nun aber keine endgültige Klärung gebracht, sondern vielmehr in Radio-Eriwan-Manier "Im Prinzip ja, aber ..." noch mehr Fragen aufgeworfen. Das Gericht stellte in seiner mündlichen Erklärung einerseits fest, dass die Rückkaufaktion (Trade-in) von FSC im Detail nicht illegal sei. Aber im Generellen schien das Gericht ein allgemeineres Urteil dahingehend zu fällen, dass Umtauschaktionen prinzipiell gegen die in Deutschland geltenden Wettbewerbsregeln verstoßen könnten. Solche Aktionen könnten nach Ansicht des Gerichtes den Partner dazu veranlassen, weitere Geschäfte mit dem, den Umtausch anbietenden, Unternehmen abzuwickeln, weshalb ein solches Angebot nicht unbedingt immer im besten Interesse des Endkunden selbst liegen müsse.

Alle warten auf das schriftliche Urteil

Erst wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, werden die jeweiligen Juristen der Beteiligten diese genauestens überprüfen und eventuell die nächsthöhere Instanz anrufen.

Im Vorfeld befragte ComputerPartner Händler und Hersteller nach ihrer Meinung zu Trade-in-Aktionen und dem Vorschlag des Gerichtes, solche Aktionen grundsätzlich zu verbieten. Bei der Online-Umfrage vom 5. Dezember wurde die Frage aufgeworfen, ob solche Aktionen wie die von FSC generell verboten werden sollten? Mehr als zwei Drittel (68,2 Prozent) fanden Trade-in-Aktionen gut. Michael Bungarten, Geschäftsführer der MBU Systemberatung GmbH, gehört zu den Befürwortern. Er hält sie für völlig legitim und weit verbreitet. "Selbst HP kauft alte Drucker von Fremdherstellern zurück und bietet dadurch Kaufanreize", erklärt er und findet sogar ein indirektes Lob für HP: "Wenn FSC davon überzeugt ist, dass es sich nur lohnt, HP-Geräte in Zahlung zu nehmen, dann spricht dies doch eindeutig für die Qualität von HP-Rechnern. Oder würden Sie jeden Bastelstuben-PC bei Neukauf in Zahlung nehmen?"

Ganz anders sieht das B. Matthes vom MIB-EDV Ingenieursbüro in Meiningen: "Solange es noch Möglichkeiten gibt, sich rechtlich vor Raubtierkapitalismus und unseriösem Geschäftsgebaren zu schützen, finde ich diese einstweilige Verfügung okay."

Tendenziell positiv stehen die Hersteller zu Trade-in-Aktionen, halten es für ein "legitimes Marketing-Tool" wie etwa Uwe Götze, verantwortlich für Marketing bei Kyocera Mita, auch wenn der Druckerhersteller selbst solche Rückkaufaktionen noch nicht angeboten hat.

Mit Einschränkung stimmt auch Jürgen Schmitz, General-Manager Marketing Consumer Products bei Canon, zu: "Für Canon sind Rückkaufaktionen bis dato keine in Erwägung zu ziehende Maßnahme gewesen. Trade-in für eigene Produkte zu betreiben, ist dabei sicherlich eine gängige und in bestimmten Branchen auch sinnvolle Mar- ketingmaßnahme. Dieses Tool für Mitbewerberprodukte einzusetzen ist sicherlich ungewöhnlich."

Felix Rümmele, Direktor Marketing IBM Deutschland, stellt klar, dass es Rückkaufaktionen immer gegeben hat und immer geben wird, auch bei IBM. "Sie helfen den Kunden, ihre alten Geräte zu entsorgen," so Rümmele: "Und sie sind ein probates Mittel, um die Nachfrage nach Neugeräten zu erhöhen. Zusammen mit einem Partner bietet die IBM PCD den Fachhändlern die Möglichkeit, gebrauchte Geräte anderer Hersteller durch Thinkpad-Notebooks und Netvista-Desktops zu ersetzen, aber ohne sich dabei auf einen einzelnen Wettbewerber zu beschränken."

Es ist Usus, "Alte" in Zahlung zu nehmen

Auch für HP, also das "Opfer" der FSC-Rückkaufaktion, sind Trade-Ins so alt wie die freie Marktwirtschaft selbst. Karola Bode, Director Category Management & Marketing bei der HP Personal Systems Group, nennt als bekanntes Beispiel, dass man beim Autohändler auch seinen "Alten" in Zahlung geben kann. Sie weist auch auf die guten Erfahrungen hin, die HP selbst mit Rücknahmeprogrammen gemacht habe, die die Entsorgung von Altgeräten beziehungsweise die tatsächliche Zweitverwertung von Komponenten über ein Third-Party-Unternehmen beinhaltet. "Merkwürdig wird's aber, wenn Opel ausschließlich Autos von Mercedes in Zahlung nehmen würde", gibt sie zu bedenken. "Deshalb muss man bei Trade-ins von Fall zu Fall unterscheiden: Sofern sie sich gegen ,alle‘ Hersteller richten und einen reellen Gegenwert darstellen, könnte man noch argumentieren, dass es zum Wohle des Kunden oder Fachhandelspartner ist. Trade-in-Aktionen, zielgerichtet auf ein ganz bestimmtes Produkt, mit einem entsprechend "hohen" Rückkaufwert, können - und dem hat sich das Gericht unserer Auffassung nach angeschlossen - als unlauterer Wettbewerb betrachtet werden."

Rückkaufaktionen sind Teil des Wettbewerbs

Nach Aussage von Hans-Dieter Wysuwa, Director SME & Channel bei FSC, lebt man bei FSC partnerschaftliche Professionalität auch in einem harten, aber fairen Wettbewerb. "Ja, das Umfeld, in dem wir arbeiten, ist vom Wettbewerb stark umkämpft", gibt Wysuwa zu. "Nach der Übernahme von Compaq durch HP sind unsere Wettbewerbsaktivitäten gegenüber HPQ im Channel natürlich intensiviert worden. Und die aktuellen Marktzahlen zeigen deutlich die Ergebnisse."

Auch für die Zukunft sieht er es als weiterhin sinnvoll an, dem Markt Trade-in-Programme anzubieten. "Diese Programme helfen dabei, eine weitere Durchdringung von IT-Produkten weltweit zu gewährleisten. Auch HP wirbt im Internet mit Trade-in-Programmen. Diese Programme bieten generell für alle Beteiligten die Möglichkeit, von den Angeboten zu profitieren. Wichtig ist es, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern Geschäftspotenziale erschließen und uns dabei am Endkundenbedürfnis orientieren."

ComputerPartner-Meinung:

Solange Rückkaufaktionen Produkte vom Hersteller selbst oder von allen Konkurrenten betreffen, sind die meisten mit solchen Trade-ins einverstanden. Nur die gezielte Aktion gegen einen starken Wettbewerber stößt bei vielen auf Widerstand oder Unverständnis. Letztendlich liegt die Verantwortung aber allein beim Fachhändler. Denn er ist der direkte Ansprechpartner des Kunden und kann diese Channel-Unterstützung zum Wohle des Kunden oder um des schnellen Euros willen nutzen. In einer echten Partnerschaft sollte dieses Vertrauen in den Handel jedoch selbstverständlich sein und keine juristische Begrenzung benötigen. (go)

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