Die Computex in Taiwan sticht die Comdex aus

14.06.2001
Vom 4. bis 8. Juni fand in Taipeh zum 20. Mal die Computex statt. Hatte sich Asiens größte IT-Messe seit Mitte der 90er Jahre mehr und mehr zur reinen Leistungsschau Taiwans entwickelt, präsentierte sie sich so international wie schon lange nicht mehr. Mit IEEE 1394 (Firewire) als Marschrichtung gibt sich die Industrie der Insel erstmals ein eigenes Profil.

Auch wenn die Computex in Taipeh mit 45.000 Quadratmetern noch nicht mal so viel Ausstellungsfläche bietet wie die Halle eins der Cebit, gilt sie seit Jahren als drittgrößte IT-Messe und hat der Comdex in Las Vegas an Bedeutung längst den Rang abgelaufen. So ist die Zahl der Aussteller mit 1.071 wegen der begrenzten Fläche zwar nur um vier Prozent gestiegen, die der ausländischen jedoch um 49 Prozent auf 125. Damit hat die Computex wieder mehr an Internationalität gewonnen, auch wenn deutlich weniger Bleichgesichter als im Vorjahr zu sehen waren. Während die Zahl der europäischen und nordamerikanischen Fachbesucher von 6.726 auf 5.534 geschrumpft ist, ist die der asiatischen jedoch um über 2.000 auf 16.312 stark gestiegen.

"Gemessen an der Computex ist die Comdex schon zu einer Witzveranstaltung verkümmert, zumal sich die Taipeher Messe wie die in Las Vegas auch mehr und mehr über die ganze Stadt verteilt", meinte ein Beobachter. Tatsächlich sind vor allem viele internationale Aussteller, für die sich auf der Messe in den drei Hallen nicht genügend Platz bietet, nicht nur ins benachbarte Grand Hyatt sondern auch auf weiter entfernt gelegene Hotels ausgewichen. Der amerikanische Grafikspezialist Nvidia hielt zum Beispiel im Regent Hotel weit vom Messegeschehen Hof und lüftete dort am Pfingstmontag den Schleier um seinen ersten Mainboard-Logikchip, der unter anderem in Microsofts X-Box verbaut werden soll. Ob der "Crush" genannte Chipsatz mit integrierter Grafik, von allen Bugs befreit, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft serienreif wird, darüber streiten sich allerdings noch die Geister. "Wenn nicht, dann kann Nvidia einpacken. Denn dann droht denen eine Konventionalstrafe von Seiten Microsofts, die das Unternehmen nicht überleben würde", munkeln einige Beobachter. Tier-1-Hersteller, von denen wie bei Asus, Gigabyte und MSI schon die ersten Mainboard-Muster zu sehen waren, meinen, dass der Chipsatz im Wesentlichen schon fertig sei und nur noch einige Treiberprobleme behoben werden müssten.

Mit Firewire gegen Bluetooth und USB 2.0

Was sich in den letzten beiden Jahren schon ankündigte, ist der unausweichliche Trend der taiwanischen Industrie, in höherwertige Produktkategorien vorzustoßen. Der Scanner-Riese Mustek zum Beispiel versucht mit einer Reihe von neuen DVD-Playern und Video-Projektoren die Wohnzimmer zu erobern. Die großen Motherboard-Hersteller konnten sich trotz der vermeintlichen PC-Krise über mangelnde Absatzzahlen zwar nicht beklagen, sehen sich aber ebenso nach Neuland um wie die Kleinen, für die die Flucht in neue Märkte angesichts der wachsenden Konsolidierung immer zwingender wird. So entwickelt sich Asus mit Notebooks, Servern und Kommunikationsprodukten immer mehr zum Tausendsassa, setzt Gigabyte auf 1U-Rackmount-Server und drängt MSI verstärkt in den Markt für PDAs, Settop-Boxen und andere so genannte Information-Appliances (IA-Produkte). Für Systemintegratoren und Assemblierer interessant werden könnten die Bare-Books (BareboneNotebooks) von Aopen.

Was viele dieser neuen Produkte gemein haben, ist die Verständigung auf Firewire als alternative Kommunikationsschnittstelle zu Bluetooth und zu der von Intel forcierten zweiten Generation von USB. Mit der Betonung auf IEEE 1394, so die offizielle Industriebezeichnung von Firewire, dem sogar ein eigener Pavillion gewidmet wurde, ist Taiwans Industrie offenbar erstmals bemüht, sich ein eigenes Profil zu schaffen und eine Technologie nicht nur um-, sondern auch durchzusetzen. In Verbindung mit Wireless LAN könnte Firewire sogar Bluetooth überflüssig machen, meinen einige Hersteller.

In der ersten Generation IEEE 1394.A ist Firewire mit 400 MBit/Sekunde USB 2.0 zwar leicht unterlegen, aber der doppelt so schnelle Nachfolger IEEE 1394.B lässt nicht lange auf sich warten. Denn dem Vernehmen nach wird Lucent schon im kommenden Monat die ersten Chips auf den Markt bringen. Eine der treibenden Kräfte für die zweite Generation von Firewire ist auch der fabriklose Chiphersteller Via, der sich immer stärker in Konkurrenz zu Intel sieht, wie sich auch auf der Pressekonferenz zum Launch des C3-Prozessors gezeigt hat. Allerdings werden die 1394.B-Chips von Via voraussichtlich erst Ende des Jahres in Serienproduktion gehen. Mit einem Einführungspreis von zwölf Dollar wird der Chip für die meisten Anwendungen daher wohl noch zu teuer sein, um sich gegen USB 2.0, Bluetooth oder Firewire durchsetzen zu können.

ComputerPartner-Meinung:

Wie sich dieses Jahr zeigte, hat die Computex als dritt- oder mittlerweile sogar zweitwichtigste IT-Messe der Welt an Attraktivität nichts verloren. Doch nachdem immer größere Teile der IT-Produktion nach China verlagert werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Asiens größte IT-Messe auf das chinesische Festland umzieht. (kh)

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