Marktplatz

Die Deutsche Börse Cloud Exchange geht an den Start

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Mit einiger Verzögerung ist die Deutsche Börse Cloud Exchange (DBCE) nach längerer Betaphase heute an den Start gegangen. Künftig können hier Unternehmen flexibel Rechen- und Speicherleistung einkaufen und die Angebote der Provider ständig vergleichen.

Die DBCE ist als anbieterneutraler Marktplatz für Cloud-Ressourcen konzipiert. Das Unternehmen wurde im Mai 2013 als gemeinsame Tochter von der Deutschen Börse und der auf Cloud-Management spezialisierten Zimory GmbH gegründet. Ziel ist es, Kunden in die Lage zu versetzen, Infrastruktur zu vergleichen und sich Cloud-Dienste so individuell zu konfigurieren, wie sie gebraucht werden. Dabei soll ein einfaches Kauf- und Verkauf-Verfahren langwierige Vertragsverhandlungen ersetzen.

"Auf unserem Marktplatz erhalten Cloud User die Möglichkeit, Angebote verschiedener Provider zu vergleichen und gezielt die für sie passenden Services zu beziehen", erklärt Vorstandsmitglied und Chief Technology Officer Maximilian Ahrens. Mit dem Go-Live seien bereits relevante Provider an Bord, weitere befänden sich derzeit in der "Onboarding-Phase".

Vier Provider sind zum Start dabei

Konkret finden sich derzeit vier eher kleinere Anbieter auf dem Cloud-Marktplatz: die Innovo Cloud GmbH aus Eschborn, die Cloud & Heat Technologies GmbH aus Dresden, die Darmstädter Darz GmbH und als bislang einziger Anbieter aus dem Ausland Ultimum Technologies aus Prag. Weitere Provider aus dem In- und Ausland sollen sehr bald folgen. So steht die Aufnahme des französischen Providers Cloudwatt, eine Tochter des TK-Carriers Orange, unmittelbar bevor. Grundsätzlich handelt es sich ausschließlich um Anbieter von Rechenzentrumsleistungen. Etwaige Broker-Modelle oder ein Handel über Intermediäre aller Art sind zunächst nicht vorgesehen.

Gehandelt werden Rechenleistung (CPU-Kapazitäten), Arbeitsspeicher und Storage. Registrierte User bekommen eine sogenannte Trading Balance zugewiesen - einen Rahmen, in dem sie Ressourcen einkaufen können. Ist dieser Rahmen ausgeschöpft, wird der Nutzer gewarnt und kann sein Konto wieder auffüllen. So konfiguriert sich der DBCE-Kunde seinen eigenen Ressourcenpool aus CPU, Memory und Storage und startet darin Virtual Machines (VMs) in beliebiger Größe und Menge.

"Pay as you go" oder "Fixed End"

Die Kunden können Ressourcen wahlweise "Pay as you go" oder "Fixed End" (PDF-Link) kaufen. Im ersten Fall muss abhängig von der Nutzung ein Stundenpreis gezahlt werden. Bei einem Fixed-Ende-Kontrakt wird hingegen ein Zeitraum festgelegt, für den CPU, Memory und Storage bezogen werden sollen. Wer beispielsweise ein Projekt mit dreimonatiger Laufzeit terminiert, bekommt für diesen Zeitraum Leistung und zahlt den zuvor festgelegten Preis dafür - unabhängig von der Nutzung.

Die DBCE bietet ihre Plattform nicht nur Providern an, die das Ziel verfolgen, ihre Rechenzentren besser auszulasten und Überkapazitäten zu vermarkten. Es soll ihnen vielmehr prinzipiell ein zusätzlicher Vertriebskanal angeboten werden, der Data-Center-Betreibern das Public-Cloud-Business erleichtern soll. Ihnen werden Aufgaben wie Abrechnung und First-Level-Support abgenommen, außerdem müssen sie sich nicht mehr um die aufwändige Entwicklung eines Frontends kümmern. Die Provider können so ihre Kosten senken und Cloud-Services im Zweifel günstiger anbieten als Cloud-Provider, die nicht an den Marktplatz angeschlossen sind.

Technisches und prozessuales Onboarding

Allerdings ist der Onboarding-Prozess nicht ganz trivial. Die DBCE hat ein Team eingesetzt, dass sich mit dem technischen Onboarding beschäftigt. Dessen wesentliche Aufgabe besteht darin, eine dedizierte Software oberhalb des Cloud-Stacks des Providers zu installieren. Am einfachsten funktioniert das, wenn der Cloud-Provider eine OpenStack-Infrastruktur nutzt, denn darauf ist die Integrationssoftware abgestimmt.

Letztendlich wird aber die Infrastruktur bei jedem Provider anders aussehen und das Team im ersten Schritt evaluieren, wie große der Aufwand für die technische Anbindung an den Marktplatz ist. Wie Christof Bock, Marketingleiter der DBCE erklärt, bleibt es aber nicht bei der technischen Prüfung. Im nächsten Schritt folgt ein "prozessual-operativer Check", bei dem die DBCE mit dem TÜV Rheinland zusammenarbeitet. Jetzt müssen die Provider darlegen, inwieweit sie von der Prozess-Seite her in der Lage sind den Marktplatz so zu beliefern, dass dieser störungsfrei betrieben werden kann. Sind diese beiden Schritte erfolgreich absolviert, steht einer Anbindung nichts mehr im Wege.

Governing Regions für den Datenschutz

Ein elementarer Bestandteil des Marktplatzes sind die datenschutzrechtlich wichtigen "Governing Regions": Kunden sehen auf einen Blick, in welchem Rechtsraum sich ihr Provider bewegt. Die DBCE beschränkt sich derzeit mit ihrem Angebot auf den kontinentaleuropäischen Raum, wobei die Nutzer je nach ihren Anforderungen wählen können, ob sie Angebote etwa aus Europa, einem EU-Staat oder dediziert aus Deutschland (oder einem anderen Land) beziehen möchten. Wer Angebote aus Deutschland beziehen will, kann sicher sein, dass der Provider nicht nur sein Rechenzentrum, sondern auch seinen Unternehmenssitz in Deutschland hat. Alle Parteien, die Root-Zugriff auf das Data Center haben, residieren in Deutschland.

Und wie kann man sich als Provider auf der DBCE (PDF-Link) vom Wettbewerb differenzieren? Jeder Anbieter hat eine Profilseite, auf der er seine Besonderheiten beschreiben kann. Hier will die DBCE sich in Zukunft weiterentwickeln und ihre Compute-, Memory- und Storage-Produkte differenzieren. So sollen Kunden bei bestimmten Anbietern irgendwann auch beispielsweise Hochverfügbarkeits- oder Low-Latency-Produkte finden können. Die Provider sollen so verschiedene Produkte zu verschiedenen Preisen anbieten und sich vom Wettbewerb abheben können.

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